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Finnischer Strom aus deuschen Milchtüten

Eine Lagerhalle in dem Städtchen Varkaus, mitten zwischen den großen Seen Süd-Finnlands: Hier stapeln sich würfelartige Gebinde mit Getränkekartons. Die deutschen Aufschriften zeigen, dass die meisten von ihnen früher H-Milch enthielten. Dazwischen sind aber auch zahlreiche Plastiktüten zu sehen. Jukka Auvinen, Direktor der Recycling-Firma Corenso, berichtet, dass es mit der Reinheit des aus Deutschland gelieferten Materials nicht weit her sei. Die Deutschen leisteten sich halt den Luxus, ihren Verpackungsmüll erstmal zusammen wegzuwerfen und dann wieder zu trennen, erklärt Auvinen. Die Finnen dagegen würden schon zuhause Getränkekartons, Dosen und Tüten sortieren.

von: Thomas Mösch |
    Eine Lagerhalle in dem Städtchen Varkaus, mitten zwischen den großen Seen Süd-Finnlands: Hier stapeln sich würfelartige Gebinde mit Getränkekartons. Die deutschen Aufschriften zeigen, dass die meisten von ihnen früher H-Milch enthielten. Dazwischen sind aber auch zahlreiche Plastiktüten zu sehen. Jukka Auvinen, Direktor der Recycling-Firma Corenso, berichtet, dass es mit der Reinheit des aus Deutschland gelieferten Materials nicht weit her sei. Die Deutschen leisteten sich halt den Luxus, ihren Verpackungsmüll erstmal zusammen wegzuwerfen und dann wieder zu trennen, erklärt Auvinen. Die Finnen dagegen würden schon zuhause Getränkekartons, Dosen und Tüten sortieren.

    Die Milchtüten verschwinden schließlich in einer 30 Meter langen Trommel. Die hat einen Durchmesser von dreieinhalb Metern und dreht sich langsam. In heißem Wasser lösen sich die Pappschichten von Plastik und Aluminium. Die Papierfasern fallen durch kleine Löcher in der Trommelwand und landen dann wieder in einer Papiermaschine. Bis hierhin unterscheidet sich das Schicksal der Milchtüte bei der finnischen Corenso nicht von anderen. Normalerweise würde das verbleibende Plastik-Alu-Gemisch nun der Zementindustrie geliefert. Doch die Eigentümer der Recycling-Fabrik, die finnischen Papierkonzerne UPM-Kymmene und StoraEnso, suchten nach Alternativen, erzählt Werksdirektor Auvinen.

    Wir haben einen neuen Vergasungsprozess entwickelt. Der ist sehr ausgefeilt und wir nutzen ihn erst seit einem Jahr. Da das weltweit einzigartig ist, sind wir immer noch dabei, ihn im Detail zu erproben."

    Dabei wird das Gemisch aus Aluminium und dem Plastik Polyethylen erhitzt. Noch bevor das Aluminium schmilzt, wird das Polyethylen zum Gas und kann wie Erdöl oder Erdgas Dampf für die Turbinen der Firmas erzeugen.

    Das Rohmaterial für dieses Kraftwerk ist Aluminium und Plastik. Aus dem Plastik produzieren wir Energie für die Papiermühlen von StoraEnso. Wir trennen außerdem das Aluminium ab und liefern es der Metallindustrie."

    55.000 Tonnen Getränkekarton verarbeitet die finnische Firma im Jahr, vier Fünftel davon kommen aus Deutschland. Das ist fast ein Drittel der zwischen Flensburg und Konstanz gesammelten Milch- und Safttüten. Von Hamburg und Lübeck aus erreichen sie Varkaus über den finnischen Ostsee-Hafen Pori. Besonders in den kalten, dunklen Wintermonaten ist der Energiebearf der Papiermühlen und der Stadt um sie herum hoch. Die Ecogas-Anlage spart 27.000 Tonnen Öl. Und sie hilft der deutschen Verpackungsindustrie ihre Recycling-Verpflichtungen zu erfüllen, betont Jorma Ignatius, Pressesprecher des Corenso-Haupteigners StoraEnso.

    "Unser Werk hier in Varkaus... ist ein gutes Beispiel dafür, dass der Karton vernünftig eingesetzt wird: Wir können Karton, Energie und Aluminium zurückgewinnen."

    70 Millionen Mark haben die Papierkonzerne in die Anlage investiert. Ob das ein lohnendes Geschäft ist, lässt sich nur vor dem Hintergrund bewerten, dass Deutschland für die Finnen einer der wichtigsten Absatzmärkte ist, erläutert Presseprecher Ignatius.

    "Gesamt-StoraEnso produziert 800.000 t, Deutschland verbraucht 200.000 t, der Mehrteil von uns."

    Wer sich diesen Markt erhalten will, muss auch attraktive Recycling-Angebote machen, ist Ignatius überzeugt.