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Finnjet auf Algenjagd

Umwelt. - Der Zustand des Ökosystems Ostsee lässt sich - zumindest grob - leicht anhand eines Parameters erheben: dem Algengehalt. Je stärker die Algen das Wasser verfärben, desto schlechter steht es um das Meer. Um kostspielige Sonderfahrten mit Forschungsschiffen zu vermeiden, kamen finnische Forscher jetzt auf die praktische Idee, mit Messstationen auf den ohnehin ständig verkehrenden Ostseefähren das Algenwachstum im Auge zu behalten.

    Die größte Ostseefähre "Finnjet" begegnet auf ihren Fahrten zwischen Helsinki und Travemünde in diesen Wochen einem für die Jahreszeit typischen Gast, nämlich mikroskopisch kleinen Meeresalgen. Besonders im Sommer finden die Wassergewächse hier Nährstoffe im Überfluss und vermehren sich daher unkontrolliert. "Der Grund dafür ist die hohe Überdüngung, die ins Meer abfließt und sich in den hier besonders flachen Küstengewässern stark anreichert", erklärt Ulrike Hassink von der Helsinki-Kommission zum Schutz der Ostsee, HELCOM. Ein weiterer Grund für die anhaltende Düngerbelastung sei der sehr langsame Wasseraustausch mit der Nordsee: "Wasser und die darin enthaltenen Schad- und Nährstoffe verbleiben bis zu 30 Jahre in der Ostsee, bevor sie über die Nordsee in die Weltmeere ausgewaschen werden."

    Um die Algenblüte regelmäßig überwachen zu können, installierten Wissenschaftler vom finnischen Meeresforschungsinstituts in Helsinki jetzt auf vier Nordseefähren vollautomatische Messstationen. "Diese Durchflusssysteme werden fünf Meter unter dem Meeresspiegel permanent von Meerwasser durchspült, wobei die Temperatur sowie der Salzgehalt des Wassers ermittelt werden", berichtet Johanna Argillanda von HELCOM. Eine Fluoreszenzmessung stellt überdies die Konzentration der Algen in dem aktuell durchfahrenen Bereich der Ostsee fest. Die Daten können auf wenige Meter genau zugeordnet werden, da die Instrumente an das Global Positioning System GPS angekoppelt sind. Noch am selben Tag der Messung gelangen die Werte an den Rechner der finnischen Küstenwacht, des Grenzschutzes sowie jener Pfadfinderorganisationen, die mit kleinen Segelbooten die Schärenküste abfahren und dabei ebenfalls den Algengehalt feststellen.

    Einen besonderen Augenmerk richten die Meeresbiologen und Umweltchemiker auf die giftigen Blaualgen, die bei Badegästen nach Kontakt Hautreizungen und sogar Fiebererkrankungen hervorrufen. "Mit den mobilen Messstellen können wir tagesaktuelle Karten über die Verteilung der giftigen Algen erstellen", Argillander weiter. Besonders stark träten Blaualgen etwa an der südwestlichen Küste Finnlands auf, weil dort die Strömung Nährstoffe sogar aus den östlichsten Winkeln der Ostsee heranspüle. Dort werde Abwasser noch immer weitgehend ungeklärt in das Meer geleitet.

    [Quelle: Jan Lublinski]