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Finnland
Ein Triathlet als Ministerpräsident

Der neue finnische Regierungschef Alexander Stubb gilt als wirtschaftsliberaler Reformer. Als Außenminister gehörte der Konservative bereits dem vorherigen Kabinett an. Doch nun muss sich der leidenschaftliche Sportler Stubb als Krisenmanager beweisen.

Von Tim Krohn |
    Alexander Stubb steht auf einer Bühne mit Blumenstrauß nachdem ihn die Konservativen in geheimer Wahl zu ihrem neuen Parteichef gekürt haben.
    Finnlands Konservative küren Alexander Stubb in geheimer Wahl zu ihrem neuen Parteichef (AFP/Jussi Nukari)
    Politik im Hinterzimmer, Strippenziehen hinter verschlossenen Türen? Nein, das ist nicht der bevorzugte Stil des Alexander Stubb.
    Finnlands Konservative küren den Kandidaten Stubb in geheimer Wahl zu ihrem neuen Parteichef. Modern inszeniert und spannend bis zum Schluss. Die Delegierten jubeln, das Wahlergebnis wird verkündet und Stubb? Fragt erst mal: Habt ihr denn auch richtig gezählt?
    Ein typischer Stubb, schlagfertig und humorvoll. So etwas kommt an bei den Wählern. Der 46-Jährige war schon immer der beliebteste unter den Katainen-Ministern. Ab heute ist er selbst der Chef.
    Koalition mit fünf Parteien
    Leicht wird es nicht, denn Stubb muss in einer Fünf-Parteien-Koalition regieren - und das mitten in einer Wirtschaftskrise, die das Land zu lähmen droht. Das Ende der Nokia-Handys, die neuen Probleme mit dem alten Nachbarn Russland - all das hinterlässt Spuren. Die Wirtschaftsprognosen in Finnland sehen düster aus.
    "Wir müssen uns mit vielen wichtigen Fragen und Entscheidungen befassen. Die wirtschaftliche Lage ist schwierig. Deshalb muss unsere neue Regierung das Signal setzen, dass sich Finnland wieder vorwärts bewegt."
    Sich vorwärts bewegen - der gertenschlanke Stubb nimmt das wörtlich. Er läuft Marathons und Triathlons, selbst beim Ironman war der Finne schon dabei. Stubb läuft und twittert und bloggt wie kein anderer in seinem Kabinett. „Modern", sagen die einen. „Aalglatt" mäkeln die Kritiker. Finnlands Konservative sind sich sicher: Sie haben den Richtigen gefunden, auch für die anstehende Parlamentswahl im kommenden Jahr. Delegierter Anssi Törmälä:
    "Alexander Stubb bringt neue Impulse in diese Regierung. Er steht für einen neuen Typus von Politikern. Offen, leicht zugänglich und wirklich ein Volksliebling."
    Einst Prodis Berater in Brüssel
    Der wirtschaftsliberale Liebling der Konservativen hat sein Geschäft in Brüssel gelernt, als Berater des früheren EU-Kommissionspräsidenten Prodi. Vier Jahre lang saß Stubb im Europaparlament, war dann Außen- und Handelsminister in Helsinki. Stubb ist ein überzeugter Europäer, einer, der die europafeindlichen Parolen der sogenannten "Wahren Finnen" im finnischen Parlament parieren kann.
    Schon die Biografie des neuen Ministerpräsidenten liest sich wie ein Appell für offene Grenzen. Stubb ist als Finnlandschwede zweisprachig groß geworden, hat dann 18 Jahre lang in Belgien, Frankreich, den USA und Großbritannien gelebt. Stubb spricht deutsch, seine Frau ist Britin. Mehr Europa geht wohl kaum.
    "Unsere Arbeit basiert auf dem alten Regierungsprogramm von Jyrki Katainen. Wir bleiben bei dem Strukturpaket und dem Haushaltsrahmen unserer Vorgänger. Wenn künftig allerdings mehr notwendig sein sollte, um Finnland wieder auf die Beine zu kriegen, dann machen wir uns gleich an die Arbeit."
    Beschäftigungsprogramm ist geplant
    Jetzt aber muss sich Alexander Stubb beweisen. Der neue Ministerpräsident verspricht, die Arbeit seines Vorgängers Katainen fortzusetzen. Wenn aber mehr notwendig sei, um Finnland wieder auf die Beine zu kriegen, dann mache er sich gleich an die Arbeit, sagt Stubb.
    Die neue Regierung setzt auf Beschäftigungsprogramme und Wachstumsimpulse, nimmt dafür mehr als eine Milliarde Euro in die Hand. Finnlands Schulden werden wachsen, für Stubb aber in einem, wie er meint, „vertret-baren Rahmen". Finnlands Fünf-Parteienregierung, an der auch Gewerkschafter, Grüne und Christdemokraten beteiligt sind, hat genau ein Jahr lang Zeit. Dann entscheiden die Wähler.
    Stubb, der Marathonmann, muss also jetzt erst mal sprinten.