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Fisch im Magnetfeld

Wie genau funktioniert das Herz- und Kreislaufsystem bei Fischen während des Schwimmens? Wie verändert sich der Stoffwechsel bei hoher Belastung oder unterschiedlichen Wassertemperaturen? Fragen wie diese ließen sich bisher entweder nur theoretisch beantworten oder aber die Tiere mussten nach einem Experiment getötet werden. Wissenschaftler des Alfred Wegener Institutes für Polar- und Meeresforschung in Bremerhaven haben nun eine ebenso einfache wie effektive Methode entwickelt, biologischen Funktionen von lebenden Fischen zu untersuchen: Sie lassen die Tiere durch einen Kernspintomographen schwimmen.

    von Mirko Smiljanic Das Kernspintomographie-Labor im Alfred Wegener Institut für Polar- und Meeresforschung ist genau genommen eine mittelgroße Industriehalle – vollgestopft mit Tischen, Computern, Rohren, Fischbecken und – auf der linken Seite – mit einem wenig Vertrauen erweckenden gelben Kasten in Containergröße.

    Dort befindet sich das Herzstück unseres Kernspintomographen, nämlich der Magnet, in dem die Tiere platziert werden, dieser Magnet hat eine Stärke von 4,7 Tesla , das entspricht dem 10.000fachen des Erdmagnetfeldes,...

    ...was ausreicht – erläutert Christian Bock, der Leiter des Labors – um jeder Scheckkarte, jeder Festplatte und natürlich jedem Tonband den Garaus zu machen. Also bleibe ich hinter einer grellgelb gekennzeichneten Linie und lasse mir die Funktionsweise von Kernspintomographen erklären. Eigentlich ist es ganz einfach: Das starke Magnetfeld richtet die Wassermoleküle in Organismen wie eine Kompassnadel aus; ist dies geschehen, schalten die Forscher ein Störfeld hinzu,...

    ...und mit diesem Störfeld versucht man diese Kompassnadeln aus ihrer Ursprungslage herauszubringen, dann gehen dies Kompassnadeln wieder in ihre Ursprungslage zurück, und diese Energie, die Sie aufnehmen und abnehmen, die kann man messen und in einem Bild darstellen.

    Zum Beispiel bei einem kleinen Tintenfisch, der seit fünf Tagen Objekt eines Experimentes ist.

    Bei den Tintenfischen versuchen wir das Herz-Kreislaufsystem direkt zu verfolgen, Tintenfische haben ja drei Herzen, was nicht unbedingt so weiß, und diese drei Herzen in einer bestimmten Art und Weise, und das ist abhängig von der Umgebungstemperatur.

    Die Daten des Experimentes werden gespeichert und später ausgewertet. So ähnlich funktioniert übrigens eine Kernspintomographie-Untersuchung beim Menschen – natürlich wesentlich kürzer. Weitaus komplizierter sind Experimente mit schwimmenden Fischen.

    Was wir jetzt hier aufgebaut haben, ist meines Wissens auch einzigartig, dass wir eine Wasserröhre durch den Magneten führen, in den wir Fische einbringen können, die dann gegen die Strömungsgeschwindigkeit des Meerwassers anschwimmen müssen und dadurch im Wesentlichen an einer Stelle bleiben, und das ist genau der Bereich, in dem wir unsere Messungen machen können.

    Durch die enge Magnetröhre führt ein Wasserrohr, in dem der Fisch schwimmt. Ein Netz begrenzt zu beiden Seiten seine Bewegungsfreiheit und eine Strömung zwingt ihn zu schwimmen. Er schwimmt auf der Stelle und zwar genau im Messbereich. Nun können die Wissenschaftler das Wasser unterschiedlich temperieren und exakt beobachten wie das Herz-Kreislaufsystem oder der Stoffwechsel auf den Stress reagieren. Zu fressen bekommt das Tier während des Experimentes nichts, was übrigens keine Tierquälerei ist: In freier Wildbahn fasten Fische mitunter mehrere Wochen. Begrenzender Faktor des Systems ist die Größe der Kammer. Mehr als ein Dorsch oder ein Kabeljau passt nicht rein. Das ist bedauerlich: Erstens ließen sich in größeren Kammern mehrere Experimente parallel fahren; und zweitens ermöglichen sie vielleicht völlig neue Einblicke in die Kommunikation von Fischen.

    Solche Idee gibt es auch schon, allerdings wollten wir eine andere Strategie verfolgen: Wir möchten gerne in Zukunft mit Firmen transportable Geräte entwickeln, so dass die dann im Idealfall direkt im Meer eingesetzt werden können und da kann man dann direkt im Schwarm auch messen, das ist allerdings noch alles Zukunftsmusik.