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Fischen im Netz

Von Barack Obama lernen, heißt siegen lernen. Frei nach diesem Motto setzen die Parteien hierzulande im Superwahljahr 2009 verstärkt auf das Internet.

Von Klaus Deuse |
    SPD-Bundesgeschäftsführer Wasserhövel jedenfalls zeigt sich überzeugt, dass das Internet an der Schwelle stehe, "zum Leitmedium der gesamten politischen Kommunikation zu werden." In den Tiefen des Netzes tummelt sich natürlich auch die CDU. So wendet sich Angela Merkel bereits seit 2006 regelmäßig mit Videobotschaften an die Menschen am PC-Monitor. Gleich zu Jahresbeginn kommen ihr unter "direktzurkanzlerin.de" bedeutungsschwere Worte über die Lippen.

    "Das Jahr 2009 ist in verschiedener Weise ein ganz besonderes Jahr. Wir müssen natürlich vor allen Dingen die Herausforderungen der internationalen Wirtschaftskrise bewältigen."

    Wo die Kanzlerin recht hat, da hat sie recht. Nur ein paar Klicks weiter stößt man bei "YouTube" auf "CDU TV" und kommt vor der hessischen Landtagswahl in zahlreichen Spots natürlich nicht an Roland Koch vorbei, der jahreszeitlich tiefsinnig zum Besten gibt:

    "Es ist schon ein Wahlkampf in besonderer Zeit. Nicht nur weil es draußen eiskalt ist, sondern auch weil es ein ganz ungewöhnliches Klima ist zu wissen, wir müssen in Hessen was in Ordnung bringen."

    Was in Ordnung bringen will die CDU 2009 aber über Hessen hinaus.

    "CDU TV schaut nach vorn. Hier ist der Jahresvorausblick 2009 mit Generalsekretär Ronald Pofalla."

    Und der geht vor winterlicher Kulisse mit warmherzigen Worten davon aus, dass die CDU nach einem Sieg in Hessen auch bei den folgenden Kommunal-, Landtags-, Europa- und Bundestagswahlen erfolgreich durchmarschiert.

    "Und zu Beginn eines Superwahljahres wäre das ein außerordentlich guter Start."

    Im Internet ist der ganzjährige Wahlkampf bereits in vollem Gange. Ebenfalls bei "YouTube" sowie dem Netzwerk "Flickr" hält die SPD wacker dagegen und schickt Finanzminister Steinbrück nicht nur als kühlen Strategen über die Monitore, sondern lässt ihn im Kreis von Kindern bei der Erklärung der Finanzkrise ordentlich menscheln.

    "Was passiert mit Dir, wenn 20 Euro alles ist, was Du hast. Du leihst sie Deiner Mutter oder irgendjemandem anders und Du kriegst die 20 Euro nicht wieder? Das ist die Finanzkrise."

    SPD-Kanzlerkandidat Frank-Walter Steinmeier versucht derweil den Wahlberechtigten etwas begreiflich zu machen, was die womöglich noch gar nicht mitbekommen haben.

    "Die SPD regiert seit zehn Jahren in Deutschland. Und das war zehn Jahre gut für unser Land. Das Land ist moderner, gerechter und zukunftsfähiger geworden."

    Und was treibt die FDP im Internet? Mit "TV Liberal" aber allerhand. So gibt FDP-Frontmann Westerwelle bei "YouTube" schon mal den Staatsmann, der er als Außenminister noch werden möchte und hält eine Neujahrsansprache vor deutschen und der Europa-Fahne.

    "Liebe Mitbürgerinnen und Mitbürger, die Finanzkrise hat inzwischen die ganze Wirtschaft erfasst. Wer Nachfrage auslösen und Kaufkraft stärken will, der muss den Bürgern mehr Netto vom Brutto lassen."

    Eine Botschaft, die die FDP gebetsmühlenartig bei jeder Veranstaltung nicht erst seit heute verbreitet. Westerwelles Parteifreunde Hermann-Otto Solms und Otto Fricke ihrerseits bemühen sich, so etwas wie eine Polit-Comedy zu inszenieren, wobei man bei den geprobten Gags für die Internet-Zuschauer noch einblenden sollte: Bitte, lachen Sie jetzt

    "Wir halten Wort. Wir tun nach der Wahl, was wir vor der Wahl versprochen haben. Naja, das lässt ja hoffen, dass das ganz gut geht und das Jahr dann gut anfängt."

    Selbstverständlich haben sich auch Bündnis 90/Die Grünen sowie Die Linke inzwischen eine Nische im Netz gesucht. Allerdings muss man sich bei diesen beiden Parteien zumeist mit akustischen Statements zur jeweils aktuellen Lage im Lande bescheiden. Für bewegte Bilder von bewegenden Spitzenpolitikern fehlen scheinbar die Mittel.

    Andererseits: Deutschland ist nicht Amerika. Von Barack Obama lernen, heißt noch lange nicht, dass Deutschland reif für einen Internet-Wahlkampf ist. Denn ob die Parteien mit den Spots, die sie ins Internet gestellt haben, neue Wählerschichten erschließen, dahinter steht ein dickes Fragezeichen.