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Fischindustrie setzt auf Nachhaltigkeit

Die Überfischung der Weltmeere, Fische, die vom Aussterben bedroht sind - auf der Bremer Messe "Fish International" sind das die dominierenden Themen. Immerhin: Die Branche sucht nach Lösungen des Problems.

Von Christina Selzer | 13.02.2012
    Im alteingesessen Bremer Fischgeschäft "Bodes" finden Käufer in der Auslage alles, was Meer und Flüsse hergeben. Rotbarsch, Seelachs, Thunfisch, Langusten und Lachs. Pangasius findet man hier aber nicht, Peter Koch-Bodes, der Seniorchef, der auch Bundesvorsitzender des Fachverbands der Fischhändler ist, sagt warum.

    "Pangasius hat einen Vorteil, der schmeckt nicht nach Fisch, hat keine Gräten und ist billig. Ich selber stehe der Produktion, die ich in Vietnam gesehen habe, kritisch gegenüber."

    Im Fischgeschäft Bodes, das sich in fünfter Generation in Familienhand befindet, legt man Wert auf Qualität, und das bedeutet inzwischen auch nachhaltige Qualität, betont der Juniorchef Uwe Koch-Bodes.

    "Der Endverbraucher ist viel bewusster geworden, er bohrt sehr spezifisch nach. Er sagt nicht, ich kaufe mein Kilo Fisch ein, sondern will wissen: Wo kommt mein Rotbarsch her?"

    Nachhaltigkeit in Fischfang –auch in diesem Jahr steht das Thema bei der Bremer Messe "Fish International" im Vordergrund. Verbraucher und Händler achten bei Wildfisch auf das MSC-Siegel, die Abkürzung für Marine Stewardship Council, das nachhaltige Fischerei garantiert. Inzwischen stammt die Hälfte der weltweit verzehrten Fische und Meeresfrüchte aus Aquakulturen – wird also gezüchtet. Auch dort gibt es jetzt Prüfsiegel. Das neueste heißt Aquaculture Stewardship Council, kurz ASC. Im Frühjahr sollen die ersten Fische das Siegel bekommen. Die Kriterien: Stammt das Futter aus nachhaltig erzeugtem Fischmehl? Was wird gegen Wasserverschmutzung unternommen? Wie sind die Arbeitsbedingungen der Angestellten, die Auswirkungen auf die Umwelt und wie werden die Tiere gehalten? Der Chef der Organisation Chris Ninnes:

    "Wir haben die glaubwürdigsten Standards für Fischzucht. Sie wurden in einem transparenten Prozess von verschiedenen Interessengruppen entwickelt: Von Fischzüchtern bis zu Gastronomen, von Wissenschaftlern bis hin zu Nicht-Regierungs-Organisationen. Mehr als 2000 Menschen haben daran teilgenommen. Die Glaubwürdigkeit unseres Programms stammt daher, dass die Leute am Prozess beteiligt werden."

    Ob Wildfang oder Zuchtfisch: Die Verbraucher sind verwirrt, da helfen auch die Prüfsiegel nicht immer. Welche Sorte können sie unbekümmert kaufen? Beim Kabeljau zum Beispiel gehen die Meinungen von Biologen und Ökoverbänden auseinander. In der Nordsee ist er selten geworden, doch verzichten muss man auf ihn nicht, betont Christopher Zimmermann vom Institut für Ostseefischerei in Rostock.

    "Gerade Kabeljau ist ein gutes Beispiel, weil wir wieder sehr große Bestände haben. In der Barentssee, der nordostarktische, den Kabeljau um Island, und jetzt auch erfreulicherweise den Dorsch in der östlichen Ostsee, dem es sehr gut geht, den man also bedenkenlos verzehren kann. Und wir haben ein paar andere Bestände, wie den Nordseekabeljau, ausgerechnet den vor unserer Haustür oder den in der irischen See oder westlich Schottlands, dem es nach wie vor hundsmiserabel geht. Wo man deutlich mehr tun muss, damit er irgendwann wieder in den grünen Bereich kommt."

    Damit sich Verbraucher ein eigenes Bild machen können, hat die Fischwirtschaft in Zusammenarbeit mit dem Institut für Ostseefischerei im Internet eine Datenbank angelegt, die über die Entwicklung der Fischbestände informiert: Matthias Keller, Geschäftsführer des Fisch-Informationszentrums in Hamburg erklärt das Portal:

    "Das interessante ist, dass die deutsche Fischwirtschaft im Schulterschluss auf den Verpackungen eine genauere Fanggebietsangabe angibt, woher der Fisch stammt, so dass man selbst zu dem Schluss kommen kann, ist der Bestand nun nachhaltig befischt oder nicht."

    Der Einzelhandel hat Einfluss, den er nutzen muss, da ist sich Christopher Zimmermann vom Institut für Osteseefischerei sicher.

    "Der Handel hat tatsächlich die Möglichkeit, Fisch aus verschiedenen Quellen zu kaufen. Wir erleben, dass eine Handelskette sich entschlossen hat, den schwarzen Heilbutt nicht auszulisten wegen seiner schlechten Bestände, sondern seinen Lieferanten zu zwingen, nach einer anderen Quelle zu suchen."

    Der Verbraucher kommt nicht umhin, sich genau zu informieren, woher sein Fisch an der Ladentheke kommt. Auch er hat Einfluss, wenn er bereit ist, für einen höheren Standard beim Fischfang auch einen höheren Preis zu zahlen.