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Flächenmanagement am Beispiel Sachsen

Wenn Bauherren in großem Maße in den Naturhaushalt eingreifen, dann müssen sie dafür Ausgleichsmaßnahmen schaffen, damit die so genannte Öko-Bilanz wieder stimmt. Für das Einkaufszentrum auf der grünen Wiese beispielsweise müssen dann Ersatzpflanzungen angelegt werden. Ein vieldiskutiertes Themengebiet gerade in der Landwirtschaft, weil durch die Bebauung oft fruchtbare Äcker verloren gehen, was durch die Ausgleichsmaßnahmen zwar für die Natur oft wieder wettgemacht wird, aber eben nicht immer für die Bauern. Auch die Gemeinde Moritzburg bei Dresden musste sich mit dieser Thematik vertraut machen. Denn hier wird eine Allee erneuert, die einst August der Starke anlegen ließ. Und nicht alles, was da wuchs, konnte bleiben. Deshalb wurde als Ausgleichsmaßnahme eine Streuobstwiese angelegt, die allerdings mehr als nur ein Stück einer Bilanz sein sollte.

Von Christian Forberg |
    Die 1000 Kastanien, die August der Starke pflanzen ließ, existieren längst nicht mehr. Die Baumriesen, an denen man auf dem Abschnitt der Deutschen Alleenstraße Richtung Schloss Moritzburg fährt, stammen aus dem 19. Jahrhundert. Auch die Linden am Ortseingang, sagt Landschaftsgestalter Michael Simonsen. Seit 2002 plant und beaufsichtigt sein Büro gemeinsam mit Verkehrsplanern den Umbau der vielbefahrenen Allee.

    "Dabei stand als erstes zur Aufgabe, die Lindenallee zu prüfen, ob die Bäume vital genug sind, eine solche Baustelle zu überleben, und was für eine Lebenserwartung sie danach haben. Es hat sich nach der Beobachtung in verschiedenen Vegetationsperioden, unter Belaubung und Nichtbelaubung herausgestellt, dass wir die Allee leider nicht mehr halten konnten. "

    Jedenfalls nicht vollständig: 167 Linden waren zu fällen. Weit über 200 Linden werden neu gepflanzt. Doch sie reichen nicht für den Ausgleich des Ökohaushalts aus. Eine Streuobstwiese bot sich an:

    "Und zwar vom investiven Aufwand, den man hat, und andererseits auch in der Ökobilanz. Dabei wird nicht der nur einzelne, neu gepflanzte Baum zu Rate gezogen, wie es bei einer Baumpflanzung an einer Allee der Fall ist, sondern auch diese Wiesenfläche, die unter der Streuobstwiese liegt, geht mit ein in die Berechnung. "

    Die wird nun so vorgenommen: 75 Obstbäume auf 5500 qm Wiese plus 239 neue Alleebäume ergeben den Ausgleich für den Umbau der alten Moritzburger Allee. Simonsen kennt einige Projekte, wo Streuobstwiesen zum Ausgleich angelegt wurden, an der Autobahn Richtung Bautzen zum Beispiel. In Moritzburg gab es zudem die Vorgabe einer wirtschaftlichen Nutzung.

    Daran interessiert ist Georg Schenk, der seit vier Jahren die "Erste Dresdner Spezialitätenbrennerei Augustus Rex" betreibt und ausschließlich alte Obstsorten aus ökologischem Anbau destilliert.

    "Wir haben einen Bewirtschafter ausfindig gemacht, der das Ganze bearbeiten wird. Die Gemeinde legt hohen Wert darauf, weil sie das selber nicht bearbeiten kann. - Die ersten zwei Jahre wird hier keine Frucht entstehen. Wir schätzen, dass etwa nach dem zweiten, dritten Jahr die ersten Früchte geerntet werden können. Die nehmen wir ihm als Brennerei ab, so dass wir einen geschlossenen finanziellen Kreislauf hinbekommen. "

    Zu den alten Obstsorten gehören der Speierling als Eberesche, Zwetschgen, Kirschen, Birnen und in der Mehrzahl Äpfel. Derartiges Obst sucht Schenk ansonsten in Dresdens Umgebung zusammen. Durch die Moritzburger Obstwiese erhofft er sich eine stabile Belieferung ausgewählter Sorten.

    Andererseits bekommt Schenk auch Obst auf den Hof geliefert und stellt Lohnbrände her: Kunden liefern Obst und bekommen es in destillierter Form und zum Arbeitspreis zurück. Jede achte Flasche ist inzwischen ein Lohnbrand. Und - Schenk verkauft während der Erntezeit auch frisches Obst.

    Zwei Drittel der gepflanzten Sorten kennt er allerdings nur von der Beschreibung erfahrener Obstbauforscher her. So den Apfel namens "Edelborsdorfer":

    "Es ist eine der ältesten, oder sehr alten Sorten. Es gibt unterschiedliche Meinungen woher er stammt. Meiner Meinung wurde er in Kloster Schulpforta gezüchtet. Das ist ein Apfel, den vermutlich Napoleon ausgerottet hat, als er die vielen Gewehrkolben brauchte. "

    Weil es so lange gedauert hat, bis die Partner den richtigen Edelborsdorfer gefunden hatten, wird er erst im Herbst gepflanzt. Michael Simonsen:

    "Und wenn - was immer wieder passieren kann - mal eine Sorte doch nicht getroffen hat, was man gedacht hat, weil die Mutterpflanze fehlbestimmt worden ist, stellen wir sicher, dass wir die richtige Sorte herbekommen. "

    Gemeinsam wollen Simonsen und Schenk nun andere Gemeinden in der Umgebung Dresdens von diesem Modell überzeugen, denn - einige Kommunen haben noch offene Ausgleichsmaßnahmen auf Konten liegen.

    Informationen im Internet:
    Simonsen Freianlagen
    Augustus Rex - Erste Dresdner Spezialitätenbrennerei GmbH