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Flexstrom verklagt Verivox auf elf Millionen Euro Schadensersatz

Wegen nicht gezahlter Bonuszahlungen hat das Vergleichsportal Verivox den Billigstromanbieter Flexstrom herabgestuft. Das sei ein haltloses Argument, sagt Flexstrom. Der wahre Grund für die Herabstufung seien die geringen Provisionszahlungen, die das Unternehmen an Verivox für die Vermittlung von Kunden zahlt. Jetzt geht der Streit vor Gericht.

Von Philip Banse | 21.12.2011
    Im Zentrum dieses Streits stehen sogenannte Bonuszahlungen. Der Stromanbieter Flexstrom sagt seinen Kunden: Wenn Ihr 12 Monate von uns Strom bezieht, bekommt ihr einen Bonus, zum Beispiel 90 Euro. Das ist nicht anrüchig und ein durchaus übliches Modell. Beim aktuellen Streit geht es jetzt darum, dass Verivox bei der Berechnung des jeweils günstigsten Anbieters diesen Bonus bei allen Flextstromtarifen nicht mehr berücksichtigt, die Bonuszahlung wird also nicht mehr in die Gesamtrechnung einbezogen wird, wodurch Flexstromtarife ungünstiger werden und beim Vergleichsportal Verivox nur noch unter ferner liefen auftauchen. Verixox-Sprecherin Dagmar Ginzel erklärt das so:

    "Wir rechnen den Bonus deswegen aus dem Tarif raus, weil wir uns seit Jahren über das Thema Boni mit Flexstrom nicht einigen können. Wir haben massive Kundenbeschwerden, mittlerweise fast 3000 Stück. Auch die Verbraucherzentralen haben massive Kundenbeschwerden. Und die Kunden sagen alle, dass ihnen der Bonus, obwohl er ihnen vertraglich zusteht, nicht gezahlt wird, wenn sie nach einem Jahr wechseln. Und das genau ist eigentlich die Voraussetzung dafür, dass man einen Bonus einrechnet und das haben wir nicht gemacht, denn wir können nicht wissentlich die Verbraucher in die Irre führen, wenn wir wissen, dass ein Bonus nicht gezahlt wird."

    Flexstrom zahle zugesicherte Boni nicht – diesen Vorwurf weist Flexstrom-Sprecher Dirk Hempel zurück:

    "Wenn er [der Kunde] zum Ablauf dieser 12 Monate kündigt, also wenn er exakt 12 Monate in Belieferung ist, kriegt der Kunde den Bonus ausgezahlt. Das ist eindeutig so geregelt."

    Tatsächlich sind die Allgemeinen Geschäftsbedingungen zu den FlexStrom-Tarifen eindeutig. "Die bedeutet", heißt es dort wörtlich, "dass Ihnen Flex-Strom den Bonus gewährt, wenn Sie 12 Monate lang beliefert wurden." Eigentlich eindeutig, sagt auch die Verivox-Sprecherin:

    "Ja, aber trotzdem wird der Bonus nicht gezahlt. Das ist ja das, wo wir ein Problem mit haben: Die Verbraucher beschweren sich bei uns massiv, dass ein Bonus nicht gezahlt wird, obwohl Verträge eigentlich so gelesen werden, dass er gezahlt werden muss."

    Keine Bonuszahlungen, trotz eindeutiger Vertragslage – die Verbraucherzentralen bestätigen, dass Tausende Verbraucher sich deswegen über Flexstrom beklagen, und zwar seit Jahren. Auch das Landgericht Hildesheim entschied wegen nicht gezahlter Boni gegen Flexstrom und warf dem Stromverkäufer "versuchte Bauernfängerei" vor. Daraufhin habe Flexstrom die Allgemeinen Geschäftsbedingungen eindeutiger formuliert, sagt der Unternehmenssprecher und zahle jetzt die Boni aus. Dass dennoch Tausende Kunden sich bei Verivox und den Verbraucherzentralen beklagen? Die Zahlen seien "ein Stück weit unglaubwürdig", sagt der Flexstrom-Sprecher. Flexstrom ist jetzt in die Offensive gegangen: Der Stromhändler hat Verivox auf 11 Millionen Euro Schadenersatz verklagt. Grund: Weil Verivox die Bonuszahlungen unter anderem beim Tarif "Classic monatlich" nicht mehr einberechnet und er daher nur auf den hinteren Plätzen landet, verliere das Unternehmen Umsatz. Dass Flexstrom heruntergestuft wird, weil zugesagte Bonuszahlungen nicht gezahlt werden, hält Flexstrom für ein haltloses Argument. Der wahre Grund für die Herabstufung, so der Unternehmenssprecher, sei ein anderer: Verivox bekommt für jeden vermittelten Stromkunden von den Stromhändlern eine Provision. Flexstrom sei abgewertet worden, weil Flexstrom – wie etwa für Vermittlung des Tarifs "Classic monatlich" - recht geringe Provisionen zahle:

    "Die angebotene Provision war 10 Euro. In dem Moment, wo das angeboten worden ist, hat Verivox den Tarif sofort benachteiligt. Vorher war er korrekt dargestellt."

    Runterstufung wegen zu niedriger Provisionen – das sei vorgeschoben, sagt Verivox-Sprecherin Ginzel:

    "Das ist einfach ein bisschen weit hergeholt. Da würden wir doch sagen, Flexstrom möge doch all den Verbrauchern, die auf ihren Bonus warten, auch den Bonus auszahlen."