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Flora und Fauna erforschen

Das ist die Vogelbeere, sie wird rot und heißt so, weil die Vögel sie gerne essen und das ist ein Blatt...

Von Ursula Storost |
    Das ist Gisela Bertram. Sie ist Doktorandin am Botanischen Institut der Hamburger Universität und führt gerade eine Schülergruppe durch den Hamburger Klövensteen, einen stadtnahen Wald. 13 Schülerinnen und Schüler der Klasse 10 wollen samt Lehrerin und Lehrer heute hier Flora und Fauna erforschen - auch die Schädlinge. Die erklärt Hilke Schröder. Sie widmet sich als Doktorandin am Institut für Forstgenetik jenen Lebewesen:

    In Bayern kämpft man seit zehn Jahren dagegen an. Ganz interessant ist, dass die Kastanien nicht absterben, in Bayern ist noch nicht eine einzige Kastanie abgestorben. Die können sich gut dagegen wehren.

    Die Rede ist von der Kastanienminiermotte, deren Larve getarnt zwischen den Blattschichten sitzt. Sie ist schuld, dass braunverkrümmte Blätter hoch aufgetürmt auf den Wegen liegen - obwohl noch gar nicht richtig Herbst ist. Die naturkundliche Führung ist vom Botanischen Verein zu Hamburg organisiert. Ein unentgeltliches Angebot an die Schulen: unter fachkundiger Anleitung von Studenten und Doktoranden können Schülerinnen und Schüler die Natur in Wäldern, Forsten und Parkanlagen kennen lernen. Ausgedacht hat sich diesen Service Helmut Poppendiek. Er ist Vorsitzender des Botanischen Vereins und sieht eine wichtige Aufgabe darin, Kinder an die Natur heranzuführen. Und von den Streifzügen profitieren alle, sagt er.

    Da war zum Beispiel ein Diplom-Biologe, der noch nie mit kleinen Kindern im Gelände war und der musste das erste Mal die Kinder in ein Moor führen und das Wichtigste für die Kinder war: darf ich deine Hand anfassen. Und er kam da mit seinem Fachwissen über Farne und über Moose, das wollte er loswerden und hat dann festgestellt, dass viel unmittelbarer Zugang zur Natur gefragt wird, so dass die Studenten was gelernt haben, die Schüler haben was gelernt, die Lehrer haben was gelernt und wir alle haben was gelernt. Und diesen gegenseitigen Lernprozess zu vermitteln, das macht mir sehr viel Spaß.

    Ein Tipp für diesen Baum?? Das ist eine Lärche, die verliert ihre Blätter im Herbst und treibt im Frühjahr neue......

    Zurück zu der Exkursion mit den Schülerinnen und Schülern der Klasse 10. Die wollen demnächst zu einer Klassenreise Richtung Süden aufbrechen, bei der sie die Vegetation in verschiedenen Gebirgsregionen erkunden wollen. Deshalb sind sie interessiert an allem, was hier wächst und wurzelt. Benjamin erhofft sich:

    Neue Arten kennen zu lernen, in Bio besser zu werden und einfach mal die Natur zu erleben, wie sie ist.

    Die Lehrerin Gabriele Groth begleitet die Schülergruppe. Sie unterrichtet Biologie – seit 20 Jahren. Meist Theorie. Mit der Zeit gehen dabei die Kenntnisse verloren, um mit Schülern Exkursionen in der Natur zu unternehmen. Biologielehrerinnen müssen sich heute vor allem mit DNA und Gentechnik auskennen, sagt sie. Für Buchenblatt und Waldameise bleibt da wenig Zeit.

    Und ich glaube, dass die Eltern der heutigen Kinder das auch nicht mehr können und wenn man durch den Wald geht, nicht mehr Angaben dazu machen können, was da wächst und damit geht auch das Interesse verloren.

    Auch die Wandertage bei denen früher noch die mitgebrachten Butterbrote auf einer erwanderten Waldlichtung ausgepackt wurden, gehören der Vergangenheit an, konstatiert Gabriele Groth. Heute nörgeln Schülerinnen und Schüler, wenn es in die Natur geht anstatt ins Erlebnisbad.

    Und dann ist da der Effekt mit den Doktoranden, dass da andere sind, die erstmal die Aufmerksamkeit binden von den Schülern und das hat dann einen positiven Effekt auf die, die von vornherein sagen, das will ich nicht. Interessiert mich nicht.

    Hier sind Eier im Boden, die werden auch Hexeneier genannt und wenn die aufplatzen, kommt diese Stinkmorchel daraus.

    Für heute ziehen Schülerinnen und Schüler zufrieden nach Hause. Sie haben gelernt, wie Buchenblätter und Eichenblätter aussehen, dass die Lärche ihre Nadeln nicht überwintert und dass man keine ungewaschenen Waldfrüchte essen soll, weil der Fuchsbandwurm lauert. Auch für die beiden Doktorandinnen Gisela Betram und Hilke Schröder war es ein erfolgreicher Vormittag. Sie engagieren sich, weil sie Interesse an der Natur wecken wollen. Der effektivste Weg zum Naturschutz ist es, die Menschen mit der Natur bekannt zu machen, glaubt Hilke Schröder.

    Da gab es neulich eine Umfrage und es scheint so zu sein, dass bei den 10jährigen jedes 10. Kind noch nie im Wald gewesen ist. Und da wundert es mich gar nicht, wenn wir losgehen und Kinder dabei haben, die noch nie im Wald waren. Das ist unvorstellbar. Aber das heißt natürlich auch, man geht nicht mehr raus, die Kids haben andere Interessen. Das ist erschreckend.