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Flottenkommando Glücksburg vor dem Aus

31 Bundeswehrstandorte werden geschlossen. Schleswig-Holstein hat es besonders hart getroffen. Von rund 27.000 Dienstposten verliert das Land gut 10.000. Viele Gemeinden fürchten nun wirtschaftliche Einbußen - wie Glücksburg, wo das Flottenkommando schließt.

Von Dietrich Mohaupt |
    Schockstarre – Glücksburgs Verwaltungschef Stadtrat John Witt findet kein passenderes Wort, die Nachricht von der vollständigen Schließung des Flottenkommandos und dem Abzug von über 900 Soldaten hat ihn ziemlich mitgenommen.

    "Ich hatte wohl mit einer Teilschließung gerechnet aber nicht mit einer vollständigen Auflösung des Flottenkommandos – als ich bin da sehr überrascht und geschockt."

    Vor allem, weil die Bundeswehr in den vergangenen Jahren noch kräftig in den Standort investiert hatte – schließlich war das Flottenkommando von Glücksburg aus bisher zuständig für die weltweiten Einsätze der Einsätze der See- und Seeluftstreitkräfte, ihm unterstehen die beiden Einsatzflottillen, die Marineflieger und das Schifffahrtsmedizinische Institut – das Flottenkommando ist also nicht irgendein Marinestandort.

    "Es sind besondere Bauten erforderlich die vor Jahren noch modernisiert wurden, es wurde in den IT-Bereich hineingesteckt, Kanalisation, Abwasser, dieser ganze Bereich – also ich denke wir reden da über zweistellige Millionensummen."

    Mit ein paar Millionen Euro rechnet John Witt auch, wenn er den zu befürchtenden Kaufkraftverlust in der Stadt und der Region überschlägt. Und mit diesen Befürchtungen steht er nicht alleine da. Gleich neben dem Rathaus betreibt Klaus Schumacher mit seiner Frau ein Geschäft für Sport- und Freizeitmode – er rechnet mit deutlichen Umsatzeinbußen.

    "Wenn 900 Leute von dannen gehen – die gehen ja nicht alleine. Da gehen ja dann noch einige mit, also – das muss ja Auswirkungen haben, völlig klar, und wird es auch – Größenordnung von 15 Prozent , bis zu 15 Prozent."

    Ganz ähnlich auch die Kalkulation in anderen Geschäften in der kleinen Stadt: Gisela Clausen, Chefin beim Schlachter am Marktplatz, schwant nichts Gutes.

    "Man muss erstmal abwarten, wo die Leute überhaupt bleiben – müssen sie weg, wenn in Rostock das weitergeht, dann müssen sie dahin und dann ziehen die komplett um. Also ich denke schon, dass sich da 20, 25 Prozent wird sich sicherlich schon auf den Umsatz umschlagen."

    Ein Einschnitt wie vor ein paar Jahren schon einmal – 2004 wurden schon einmal etliche Soldaten aus dem Stützpunkt abgezogen, die Zeiten als Ehemann Günter Clausen sich gerade als Schlachter selbstständig machte – die sind sowieso schon lange vorbei:

    "Also so vor 25, 30 Jahren haben wir auf der Pier gestanden in Flensburg und haben für die Schiffsausrüster und die Schiffe Spanferkelessen gemacht, und da waren immer ein paar Hundert Leute zum Essen. Das ist alles weg."

    Und demnächst werden dann auch die letzten Soldaten aus Glücksburg weg sein – eine ganze Region wird das wirtschaftlich schwer treffen. Insgesamt hat die neue Bundeswehr-Strukturreform Schleswig-Holstein mit am härtesten getroffen: Von rund 27.000 Dienstposten verliert das Land gut 10.000. Bundesweit werden 31 Standorte vollständig geschlossen, bei 33 weiteren wird so stark gekürzt, dass es einer Schließung gleichkommt.

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