Silvia Engels: In Deutschland sind die Renten in den vergangenen Jahrzehnten immer gestiegen oder zumindest gleich geblieben. Durch Inflation und höhere Abgaben kam es zwar vor, dass die Rentner real weniger in der Tasche hatten, doch wenigstens nominal gab es meistens ein Plus. Das könnte sich ändern. Das Düsseldorfer "Handelsblatt" meldet in seiner heutigen Ausgabe, im kommenden Jahr könne erstmals seit 1957 eine reale wie nominale Rentenkürzung drohen. Ursache dafür natürlich: die Wirtschaftskrise. - Zugeschaltet ist uns der Autor der Geschichte, Peter Thelen vom "Handelsblatt". Guten Morgen!
Peter Thelen: Guten Morgen, Frau Engels.
Engels: Wie stark wird denn die gesetzliche Rente sinken und warum?
Thelen: Voraussichtlich, wenn die Forschungsinstitute mit ihrer Prognose Recht haben, wären es 2,3 Prozent und das Pikante an der Sache ist, dass das eigentlich nicht so sehr die unmittelbare Folge der Krise selber ist, sondern der Art und Weise, wie die Politik ihr begegnet, also so was wie der Fluch der guten Tat. Olaf Scholz hat die Kurzarbeit stark ausgedehnt und damit hat er die Voraussetzungen dafür geschaffen, dass bei annähernd gleichbleibender Beschäftigung die Lohnsumme pro Kopf sinkt, weil ja für Kurzarbeit gibt es weniger Lohn.
Engels: Das müssen Sie erklären, und die Lohnsumme ist so entscheidend für den Rentenschlüssel.
Thelen: Die ist so entscheidend für den Rentenschlüssel, weil nach der Rentenformel richtet sich die Rentenerhöhung des nächsten Jahres nach der Lohnentwicklung des laufenden Jahres, und diese Lohnentwicklung wird gemessen, indem man einfach die Bruttolohnsumme, also alle gezahlten Bruttolöhne und Gehälter zusammennimmt und durch die Zahl der Beschäftigten dividiert. Das ist eigentlich ein statistischer Effekt, der zu dieser Rentenkürzung führt. Würde die Lohnentwicklung anders abgebildet, zum Beispiel über die Entwicklung der Stundenlöhne, also Zuwachs beim Stundenlohn, dann hätten wir da noch einen Zuwachs von etwas über einem Prozent in diesem Jahr, aber da es eben diese statistische Größe der Bruttolohnsumme pro Kopf ist, haben die Rentner nun sehr schlechte Karten.
Engels: Sie schreiben, die Renten sinken, weil eben länger Kurzarbeitergeld gezahlt wird. Was würde es denn bedeuten, wenn Arbeitsminister Scholz seine Pläne umsetzt, nämlich noch länger Kurzarbeitergeld zu zahlen, nämlich 24 Monate? Sinken die Renten dann noch weiter?
Thelen: Das steht ja in der Prognose. Die Prognose geht ja vom geltenden Recht aus. Da sind es 18 Monate. Wenn es jetzt 24 Monate wären und dann die Bundesregierung auch noch sich entschlösse, was ja die Arbeitgeber vehement fordern und Scholz gerade erst auch angekündigt hat, dass er es vielleicht machen wird, die Sozialabgaben übernommen würden, die bislang die Arbeitgeber noch auf Kurzarbeit zahlen müssen, dann wäre der Anreiz gigantisch, die Kurzarbeit noch weiter auszudehnen, um Arbeitslosigkeit zu vermeiden, und die Rentner müssten dafür mitzahlen durch weiter sinkende Renten.
Engels: Mitbezahlen ist eines. Alle werden weniger in der Tasche haben. Das ist absehbar schon durch die Krise. Aber werden denn die Rentner härter getroffen werden als andere Gruppen der Gesellschaft, wenn es so kommt wie jetzt die Statistik nahelegt?
Thelen: Da muss man zwei Dinge sagen: Grundsätzlich ist nach mehreren Rentenreformen die Situation so, dass eigentlich alles in der Rente und in der Rentenformel darauf abgestellt ist, dass die Belastung gleichgewichtig auf Arbeitnehmer und Rentner verteilt wird. Wenn ich natürlich einen statistischen Sondereffekt habe, wenn ich also eine komplett untypische Entwicklung bei den Löhnen habe, die ausgelöst worden ist durch eine politische Aktion, nämlich eine Kurzarbeitergeldregelung, die normalerweise nur sechs Monate läuft, auf bis zu 24 Monate zu verlängern, dann wäre schon das Ergebnis, dass die Rentner stärker belastet würden als der Rest der Bevölkerung. Und dann ist die spannende Frage natürlich die, ob die Politik das durchhält, und ich kann mir das aus heutiger Sicht schwer vorstellen.
Engels: Das heißt, Sie denken, das ist einfach ein Nebeneffekt, den die Politik so nicht gewollt hat?
Thelen: Den sie nicht gewollt hat und den sie eigentlich auch nicht wollen kann. Aber wenn sie ihn korrigiert, dann kostet das die Rentenversicherung fünf Milliarden Euro und reißt zusätzlich zu den übrigen Löchern, die sich jetzt derzeit gerade in der Sozialversicherung auftun, neue Finanzlöcher.
Engels: Peter Thelen vom "Handelsblatt". Es ging um die Frage, ob und wie stark die Rentenentwicklung durch die aktuelle geplante weitere Ausweitung des Kurzarbeitergeldes betroffen werden kann. Vielen Dank für diese Informationen.
Thelen: Danke Ihnen.
Peter Thelen: Guten Morgen, Frau Engels.
Engels: Wie stark wird denn die gesetzliche Rente sinken und warum?
Thelen: Voraussichtlich, wenn die Forschungsinstitute mit ihrer Prognose Recht haben, wären es 2,3 Prozent und das Pikante an der Sache ist, dass das eigentlich nicht so sehr die unmittelbare Folge der Krise selber ist, sondern der Art und Weise, wie die Politik ihr begegnet, also so was wie der Fluch der guten Tat. Olaf Scholz hat die Kurzarbeit stark ausgedehnt und damit hat er die Voraussetzungen dafür geschaffen, dass bei annähernd gleichbleibender Beschäftigung die Lohnsumme pro Kopf sinkt, weil ja für Kurzarbeit gibt es weniger Lohn.
Engels: Das müssen Sie erklären, und die Lohnsumme ist so entscheidend für den Rentenschlüssel.
Thelen: Die ist so entscheidend für den Rentenschlüssel, weil nach der Rentenformel richtet sich die Rentenerhöhung des nächsten Jahres nach der Lohnentwicklung des laufenden Jahres, und diese Lohnentwicklung wird gemessen, indem man einfach die Bruttolohnsumme, also alle gezahlten Bruttolöhne und Gehälter zusammennimmt und durch die Zahl der Beschäftigten dividiert. Das ist eigentlich ein statistischer Effekt, der zu dieser Rentenkürzung führt. Würde die Lohnentwicklung anders abgebildet, zum Beispiel über die Entwicklung der Stundenlöhne, also Zuwachs beim Stundenlohn, dann hätten wir da noch einen Zuwachs von etwas über einem Prozent in diesem Jahr, aber da es eben diese statistische Größe der Bruttolohnsumme pro Kopf ist, haben die Rentner nun sehr schlechte Karten.
Engels: Sie schreiben, die Renten sinken, weil eben länger Kurzarbeitergeld gezahlt wird. Was würde es denn bedeuten, wenn Arbeitsminister Scholz seine Pläne umsetzt, nämlich noch länger Kurzarbeitergeld zu zahlen, nämlich 24 Monate? Sinken die Renten dann noch weiter?
Thelen: Das steht ja in der Prognose. Die Prognose geht ja vom geltenden Recht aus. Da sind es 18 Monate. Wenn es jetzt 24 Monate wären und dann die Bundesregierung auch noch sich entschlösse, was ja die Arbeitgeber vehement fordern und Scholz gerade erst auch angekündigt hat, dass er es vielleicht machen wird, die Sozialabgaben übernommen würden, die bislang die Arbeitgeber noch auf Kurzarbeit zahlen müssen, dann wäre der Anreiz gigantisch, die Kurzarbeit noch weiter auszudehnen, um Arbeitslosigkeit zu vermeiden, und die Rentner müssten dafür mitzahlen durch weiter sinkende Renten.
Engels: Mitbezahlen ist eines. Alle werden weniger in der Tasche haben. Das ist absehbar schon durch die Krise. Aber werden denn die Rentner härter getroffen werden als andere Gruppen der Gesellschaft, wenn es so kommt wie jetzt die Statistik nahelegt?
Thelen: Da muss man zwei Dinge sagen: Grundsätzlich ist nach mehreren Rentenreformen die Situation so, dass eigentlich alles in der Rente und in der Rentenformel darauf abgestellt ist, dass die Belastung gleichgewichtig auf Arbeitnehmer und Rentner verteilt wird. Wenn ich natürlich einen statistischen Sondereffekt habe, wenn ich also eine komplett untypische Entwicklung bei den Löhnen habe, die ausgelöst worden ist durch eine politische Aktion, nämlich eine Kurzarbeitergeldregelung, die normalerweise nur sechs Monate läuft, auf bis zu 24 Monate zu verlängern, dann wäre schon das Ergebnis, dass die Rentner stärker belastet würden als der Rest der Bevölkerung. Und dann ist die spannende Frage natürlich die, ob die Politik das durchhält, und ich kann mir das aus heutiger Sicht schwer vorstellen.
Engels: Das heißt, Sie denken, das ist einfach ein Nebeneffekt, den die Politik so nicht gewollt hat?
Thelen: Den sie nicht gewollt hat und den sie eigentlich auch nicht wollen kann. Aber wenn sie ihn korrigiert, dann kostet das die Rentenversicherung fünf Milliarden Euro und reißt zusätzlich zu den übrigen Löchern, die sich jetzt derzeit gerade in der Sozialversicherung auftun, neue Finanzlöcher.
Engels: Peter Thelen vom "Handelsblatt". Es ging um die Frage, ob und wie stark die Rentenentwicklung durch die aktuelle geplante weitere Ausweitung des Kurzarbeitergeldes betroffen werden kann. Vielen Dank für diese Informationen.
Thelen: Danke Ihnen.