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Flüchtiger Strom

Viel schneller als erwartet wird Strom aus Windenergie auch kommerziell interessant: Im März zum Beispiel lagen die Preise an der Strombörse immer wieder auf dem Niveau der Einspeisevergütung für Windstrom. Der Haken an der Sache: Die Einspeisung von Windenergie schwankt mit dem Wind, und elektrischer Strom muss verlässlich fließen. Doch auch für dieses Problem gibt es Lösungsansätze, diskutiert wurden sie auf einer Veranstaltung der Fachhochschule Flensburg.

Von Annette Eversberg | 21.04.2006
    Das Speichern von Windenergie ist grundsätzlich möglich. Dafür kann man zum einen auf bewährte Technologien zurückgreifen. Denn auch konventionell erzeugte Energie muss gespeichert werden. Dann, wenn die Produktion nicht dem Bedarf im deutschen Netz oder dem anderer Abnehmer wie zum Beispiel Dänemark, den Niederlanden oder Italien entspricht. Um die Produktion dennoch wirtschaftlich zu gestalten, werden zum Beispiel Pumpspeicherwerke eingesetzt, erläutert Michael Kranhold vom Netzbetreiber Vattenfall Europe.

    "Ein Pumpspeicherkraftwerk besteht normalerweise aus einem Oberbecken und einem Unterbecken, dazwischen gibt es eine Pumpturbine und wenn überschüssige Energie im System ist, pumpt man das Wasser nach oben. Das heißt, man vernichtet den Strom, schafft aber Potential für die Erzeugung zu dem Zeitpunkt, wo Strom gebraucht wird. "

    Technisch eignen sich diese Pumpspeicherkraftwerke auch für die Windenergie. Sie wären geradezu ideal. Doch in der Regel liegen sie dort, wo man nicht gerade viel Windstrom erzeugt. In Gebirgsregionen, wo das Gefälle ausreichend ist, und auch genügend Energie in großen Seen gespeichert werden kann.

    Ein weiteres Problem besteht in der Kapazität dieser Seen. Wenn der Wind kräftig weht, kann eine Energiemenge erzeugt werden, für die mehr Wasser von einem Becken ins andere gepumpt werden muss, als die beiden Becken aufnehmen können. Deshalb wird über so genannte Druckluftspeicherkraftwerke nachgedacht, von denen eines bereits seit den 70er Jahren im niedersächsischen Huntorf in Betrieb ist. Fritz Crotogino von KBB Underground Technologies in Hannover nennt das Prinzip.

    "Ein Druckluftspeicherkraftwerk ist eine Kombination aus einer Turbine und einem Kompressor und einem unterirdischen Speicher in einer Salzkaverne. Wenn Überschussstrom zur Verfügung steht, wird der Strom genutzt, um einen Kompressor anzutreiben. Der Kompressor verdichtet Luft in einer Salzkaverne. Wird der Strom benötigt in Hochlastzeiten, nimmt man die Luft aus der Kaverne und führt sie einer Turbine zu, die Turbine treibt einen Generator an und es wird wieder Strom erzeugt. "

    Dieses Speichersystem hat eine enorme Kapazität. Sie entspricht dem Volumen in den Kavernen. Salz ist völlig dicht und Luft kann deshalb nicht ins Erdreich entweichen. Ulf Ehlers, Fachmann für Energiemanagement aus Hamburg, weiß, warum sich diese Speichersysteme für die Windenergie besonders eigenen.

    "Das ist der Vorteil an den Druckluftspeicherkraftwerken, dass sie nicht wie die Pumpspeicherkraftwerke große Höhedifferenzen brauchen, die wir nur im Süden unseres Landes vorfinden, sondern die Salzstrukturen, die liegen in Schleswig-Holstein wie Filet-Stücke durch das Land verteilt, auch in Niedersachsen. Und die liegen dort, wo die großen Windkapazitäten installiert werden sollen und bieten sich deshalb auch an als Speicher. "

    Auch der Wirkungsgrad reicht mit 70 Prozent fast an den eines Pumpspeicherkraftwerks heran. Dagegen fällt der Wirkungsgrad der viel diskutierten Wasserstofftechnologie als Speichersystem für Windenergie gerade zu ab, betont Arne Möbest von der Universität Flensburg.

    "Der Strom, der aus der Windenergieanlage raus kommt, in der Elektrolyse in Wasserstoff umgesetzt, gespeichert und dann wieder in der Brennstoffzelle verstromt wird, liegt bei 36 Prozent. Das ist ein Grund, warum auch noch sehr viel Abstand genommen wird von der Technologie. "

    Außerdem ist sie teuer, obwohl für chemische Zwecke jährlich immerhin 20 Milliarden Kubikmeter Wasserstoff in Deutschland erzeugt werden. Deshalb hat das Speichern von Windenergie mit Hilfe von Wasserstoff für Dr. Roland Hamelmann vom Kompetenzzentrum Wasserstofftechnik in Lübeck noch immer erhebliche Vorteile.

    "Es geht auch um die Kapazität. Und da ist der Wasserstoff mit der sehr hohen Kapazität, Faktor 20 bis 30 mal mehr als Druckluft, Faktor 100 nahezu, was den Vergleich mit Wasser betrifft, einfach der Stoff, mit dem man große Energiemengen lange speichern kann. "