Wie viele Flüchtlinge in Zukunft ein Bachelor- oder Masterstudium starten wollen, weiß kein Mensch. Die Zahl kann nur grob geschätzt werden - Jürgen Zöllner, Vorstand der Friedrich-Ebert-Stiftung, rechnet mit 50.000 Studierwilligen mehr im Jahr. Folgendes müsse jetzt geschehen, so der frühere Berliner Wissenschaftssenator:
"Erstens mal die Zulassung, die normalerweise über Hochschulkollegs läuft, da müssen Plätze geschaffen werden. Zweitens muss man die Finanzierung des Lebensunterhalts regeln, das ist nicht aus der Portokasse zu machen, da muss es eine gemeinsame Anstrengung geben und drittens muss man letzendes mit dem Kapazitätsproblem umgehen."
Bund und Länder wollen die Zahl der Plätze an Studienkollegs erhöhen. Das Land Berlin will außerdem mehr Geld für Deutschkurse an den Hochschulen ausgeben. Berlins SPD-Wissenschaftsstaatssekretär Steffen Krach:
"Auch da müssen wir aktiv werden. Als Land Berlin werden wir die Sprachkurse ausbauen. Wir werden als Land Berlin diese Mittel übernehmen, wir werden die Studienkollegs ausbauen. Wir haben, das ist ein erster Schritt, um die Flüchtlinge an die Universitäten zu führen, die Gasthörergebühren übernommen."
Asylrecht und Hochschulrecht besser abstimmen
Ein großes Problem: Hochschulrecht und Asylrecht passen nicht zueinander. Einschreiben kann sich derzeit nur, wer über einen gültigen Aufenthaltstitel und eine Krankenversicherung verfügt. Andersherum: Wer als Student eingeschrieben ist, erhält keine Leistungen aus dem Asylbewerberleistungsgesetz mehr. Das muss sich ändern, fordert Steffen Krach:
"Es darf nicht sein, dass da eine Finanzierungslücke entsteht. Entweder es müssen weiterhin Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetzt möglich sein. Oder es muss die Möglichkeit bestehen, Leistungen nach dem BAföG zu bekommen. Dass beides nicht geht, darf nicht weiter geschehen. Da müssen wir gemeinsam mit der Bundesregierung eine Lösung finden."
Ein Ort dafür könnte die Kultusministerkonferenz Ende dieser Woche sein. Unterdessen bereiten sich bundesweit viele Hochschulen auf vermehrte Anfragen durch Flüchtlinge vor. Erste spezielle Beratungsstellen wurden gegründet, so auch an der Technischen Universität in Berlin. Noch ist die Nachfrage nicht sehr groß, berichtet TU-Präsident Christian Thomsen, aber:
"Von denen, die kommen, sind sehr viele qualifiziert und im Grunde bestens geeignet, ein Studium an der TU aufzunehmen. Wir beraten sie, wir bieten ein Schnupperstudium an. Es wird Zertifikate geben, wo bescheinigt ist, wo es Erfolge gibt, die dann bei einer späteren Immatrikulation auch angerechnet, anerkannt werden."
"Wir haben eine gesellschaftliche Verantwortung"
Da sich vergleichsweise wenige deutsche Studienbewerber für technische und naturwissenschaftliche Fächer interessieren, hofft die TU Berlin hier auf Bewerber aus Syrien, Afghanistan oder anderen Ländern. TU-Präsident Thomsen weiß, dass Geflüchtete nur selten über die notwendigen Papiere verfügen:
"Wir sind bei dem Nachweis, das wissen wir, dass der in manchen Fällen schwierig ist, zu erbringen großzügig. Möglichst großzügig. Menschen können die Papiere später nachreichen oder Prüfungen machen in den Fächern, für die sie sich interessieren."
Christian Thomsen berichtet von vielen emeritierten Hochschullehrern, die derzeit an seiner Tür klopfen und Unterstützung anbieten. Wir sind zwar keine karitative Organisation, sagt Berlins TU-Präsident, aber wir haben eine gesellschaftliche Verpflichtung.