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Flüchtlinge
Bund will Hilfe ohne neue Schulden finanzieren

Das Bundeskabinett hat zahlreiche Änderungen im Asylrecht gebilligt, um die Flüchtlingssituation in Deutschland zu bewältigen. Im Bundeshaushalt werden dafür zusätzliche Mittel bereitgestellt. Dennoch: Der Bund muss in diesem Jahr weniger Schulden aufnehmen.

Von Theo Geers | 29.09.2015
    Bundesfinanzminister Schäuble spricht im Bundestag
    Die Kosten für die Flüchtlingshilfe will er im kommenden Jahr finanzieren, ohne neue Schulden aufnehmen zu müssen: Finanzminister Wolfgang Schäuble. (dpa/picture-alliance/Wolfgang Kumm)
    Wolfgang Schäuble bunkert die Überschüsse ein, die ihm in diesem Jahr in die Staatskasse gespült werden. Insgesamt fünf Milliarden Euro verschiebt der Finanzminister mit dem Nachtragshaushalt in eine Rücklage. Damit will er vorsorgen: Die Kosten für die Flüchtlingshilfe will er im kommenden Jahr finanzieren, ohne neue Schulden aufnehmen zu müssen. Doch absolut sicher ist man sich darüber im Bundesfinanzministerium nicht, betont Schäubles Sprecher Martin Jäger.
    "All das beruht auf Hypothesen und Annahmen und die wichtigste ist
    die Vermutung, dass wir auch nächstes Jahr mit 800.000 zu rechnen haben, vielleicht werden es weniger sein, vielleicht mehr. Das ist der Grund, weshalb wir dieses System als atmend bezeichnen."
    Atmend ist das die Rücklage, weil zum einen 670 Euro pro Flüchtling und Monat angesetzt werden. Bei 800.000 Flüchtlingen ergibt dies einen Finanzbedarf im kommenden Jahr von rechnerisch 6,4 Milliarden Euro. Um bei der Schwarzen Null auch im kommenden Jahr möglichst auf der sicheren Seite zu sein, sieht der Nachtragshaushalt deshalb auch vor, dass auch alle weiteren Mittel, die entweder noch zusätzlich in die Staatskasse kommen oder am Jahresende nicht ausgegeben wurden, ebenfalls in diese Rücklage fließen. Denn eigentlich müssen solche nicht ausgegebenen Mittel in die Schuldentilgung fließen. Dem baut der Nachtragshaushalt nun vor.
    In diesem Jahr werden die Zahlungen an Länder und Kommunen zudem von einer auf zwei Milliarden Euro verdoppelt. All dies geschieht, ohne dass die schwarze Null gefährdet wäre, denn noch kann Schäuble die Mehrbelastungen vergleichsweise leicht aufbringen. Weiter steigende Steuereinnahmen, sinkende Ausgaben bei den Zinsen und einmalige Mehreinnahmen aus der Versteigerung von Mobilfunklizenzen machen es möglich.
    Wie gut es um die Finanzen steht, zeigt sich auch daran, dass der Bund in diesem Jahr deutlich weniger Geld aufnehmen muss als geplant. Die für das Schuldenmanagement zuständige Finanzagentur will in diesem Jahr für 174,5 Milliarden Euro neue Staatsanleihen ausgeben, das sind elf Milliarden weniger als geplant. Und dennoch warnt Schäubles Sprecher vor Euphorie:
    "Die Zeit der Puffer, die ist jetzt leider vorüber. Wir werden jetzt alle spitz rechnen müssen. Wir sind aber – ich sag's nochmal – selbstverständlich natürlich davon abhängig, wie sich die Dinge in der Realität entwickeln. Aber die Planungen sollten dazu führen, dass wir unsere Haushaltsziele 2016 auch erreichen können."