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Flüchtlinge
EU diskutiert über afrikanische Auffanglager

Unter dem Eindruck der Flüchtlingsdramen im Mittelmeer diskutiert die Europäische Union über die Einrichtung von Auffanglagern in Nordafrika. Bundesinnenminister Thomas de Maizière befürwortet solche Pläne, viele EU-Staaten antworten dagegen mit einem deutlichen Nein. Das Thema bleibt in Europa umstritten.

Von Annette Riedel | 12.03.2015
    Ein griechisches Auffanglager in Amygdaleza.
    Ein griechisches Auffanglager in Amygdaleza. (picture alliance / dpa / Alexandros Vlachos)
    Für die einen sind sie "Willkommenszentren", für die anderen "Auffanglager", oder gar Sammellager. Es geht um den Ansatz, potenzielle Flüchtlinge in Richtung EU schon auf nordafrikanischem Festland, bevor sie die gefährliche Flucht übers Mittelmeer wagen, je nach Betrachtungsweise, auf- oder eben abzufangen. Dieser Ansatz hat bei allen kritischen Fragen im Detail unter den EU-Innenministern grundsätzlich eine Mehrheit. Die österreichische Innenministerin Mikl-Leitner gehört zu den eindeutigen Befürwortern.
    "Zum einen können wir hier ganz klar unterscheiden, zwischen jenen, die Hilfe und Unterstützung brauchen. Zum anderen können wir dadurch den Schleppern den Nährboden entziehen für ihre Geschäftemacherei und zum dritten schaffen wir damit legale Wege nach Europa."
    Neue Spielart der Festung Europa
    Das mögen die Akteure wie "Pro Asyl" aber auch viele im Europäischen Parlament, namentlich die grüne Abgeordnete Ska Keller, so nicht sehen. Sie hält solche Auffangeinrichtungen für eine neue Spielart der Festung Europa.
    "Auffanglager, so wie sie auch Bundesinnenminister de Maizière beschrieben hat, dienen eindeutig dazu, Flüchtlinge abzuhalten, nach Europa zu kommen."
    "Es gibt viele Gegenargumente: das Argument der Sog-Wirkung. Das Gegenargument, in welchen Staaten würden wir denn solche Lager machen - das sind ja zum Teil Staaten, die nicht die freiheitlich-demokratische Grundordnung wie in Deutschland haben. Trotzdem muss man den Gedanken mal weiter überlegen. Denn der jetzige Zustand ist, dass die Starken sich durchsetzen, die, die irgendwie Zehn- oder Zwanzigtausend Dollar auftreiben können, dass Frauen und Mädchen in Bordellen in Europa landen und das noch mit wahnsinnigen Gewinnen von Menschenhändlern."
    Argumentiert Bundesinnenminister de Maizière. Und hat damit offenbar seine Kollegen überzeugt, denn, die EU-Kommission wird sondieren, ob, wie und wo es ein Pilotprojekt für ein solches Auffanglager geben kann.
    "Ich gehe davon aus, dass wir diesen Pilot-Vorschlag im Sommer auf dem Tisch liegen haben."
    "Merkwürdige Äußerungen aus der griechischen Regierung"
    In Zusammenarbeit mit der UN-Flüchtlingsorganisation, UNHC, soll ausgeleuchtet werden, ob im Niger versuchshalber ein solches Auffanglager entstehen kann. Dort, nicht erst beim Erreichen europäischen Hoheitsgebiets, würden Asylverfahren vorgeschaltet. Anerkannte Asylbewerber könnten aus dem afrikanischen Transitland ganz legal nach Europa gebracht, sollten dann, möglicherweise mithilfe eines Quotensystems, auf eine Anzahl williger EU-Länder verteilt werden. Menschen, die keine Chance haben auf Anerkennung als Asylberechtigte, würden unterstützt zur Rückkehr in ihre jeweilige Heimat bewegt werden sollen. So die Idee.
    "Das gehört in enger Zusammenarbeit mit enger Allianz vorbereitet mit UNHCR, damit das auch wirklich menschenwürdig abgewickelt werden kann."
    Um den griechischen Fahrplan 2015 für Reformen des desolaten Asylsystems des Landes ging es heute zudem bei dem Treffen der EU-Innenminister.
    "Da hatte Griechenland Hausaufgaben zu machen. Wir werden bei dem Bericht sehr aufmerksam zuhören - ins Besondere vor dem Hintergrund der merkwürdigen Äußerungen aus der griechischen Regierung."
    Die "merkwürdigen Äußerungen" von denen de Maizière spach, bezogen sich auf die Drohung des griechischen Verteidigungsministers in einem Interview, man würde in Griechenland anlandende Flüchtlinge entgegen geltendem europäischen Recht zu Zehntausenden nach Deutschland weiter schicken, wenn Athen keine finanzielle Unterstützung von der EU bekäme.
    "Wenn es so wäre, dass Migrations- und Flüchtlingsthemen vermischt werden mit der Debatte um Finanzhilfen, dann wäre das sehr ungewöhnlich."
    So ist es dann aber wohl doch nicht. Aus Teilnehmerkreisen war zu hören, dass die Vertreterin der griechischen Regierung jedenfalls ausdrücklich betont habe, dass die einzelne Minister-Äußerung nicht der offiziellen Haltung der Regierung in Athen entspreche und dass man sich an das verabredete Asylverfahren halten werde.