Dienstag, 30. April 2024

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Flüchtlings-Suizid in Schmölln
Polizei sieht keine Anzeichen für Anfeuerungen

Die Berichte über den Suizid eines Flüchtlings im thüringischen Schmölln hatten für Entsetzen gesorgt: Dabei sollten Augenzeugen den Somali zum Sprung aus einem Hochhaus aufgefordert haben. Die Polizei sieht dafür allerdings keine Anzeichen. Es gebe keine Erkenntnisse, dass sich das Geschehen so zugetragen habe, sagte ein Polizeisprecher.

24.10.2016
    Blick auf den Eingangsbereich eines Plattenbaus.
    Der Somali sprang von dem Fensterbrett seiner Wohnung. (dpa-Zentralbild)
    Mehrere Medien hatten berichtet, Schaulustige hätten den Mann mit Rufen angestachelt, sich aus dem Fenster seiner Unterkunft zu stürzen. Vermeintliche Äußerungen wie "Spring doch" seien sehr schnell "kolportiert" worden, sagte jetzt der Polizeisprecher. Doch: "Diejenigen, die das am Anfang gesagt haben, konnten das in der Zeugenbefragung nicht mehr deutlich verifizieren." Eine Mitarbeiterin der Einrichtung, die minderjährige Flüchtlinge betreut, will entsprechende Rufe gehört haben. Bei einer Befragung durch die Polizei bestätigten sich jedoch zumindest Worte wie "Spring doch" nicht.
    Zuvor hatte bereits der thüringische Ministerpräsident Bodo Ramelow im Deutschlandfunk Zweifel an der Darstellung der Berichte über eine Ermunterung zum Suizid geäußert. Demnach hätten Nachbarn den jugendlichen Afrikaner möglicherweise lediglich auffordern wollen, in das ausgebreitete Sprungtuch der Feuerwehr zu springen. Ramelow sagte, beschämend sei das zustimmende und fremdenfeindliche Echo in den sozialen Medien auf diese angeblichen Zurufe.
    Die Polizei prüft in dem Zusammenhang, ob sie wegen Hasskommentaren im Internet Strafverfahren einleiten wird.
    Flüchtling war wegen psychischer Probleme in Behandlung
    Der Thüringer Flüchtlingsrat verlangte die lückenlose Aufklärung des Geschehens. Das tragische Ereignis werfe viele Fragen zum Krisenmanagement auf. Der Flüchtling war wegen psychischer Probleme in Behandlung und wurde erst kurz vor dem Vorfall aus einer Fachklinik entlassen.
    Der wahrscheinlich noch minderjährige Somali war am Freitag vom Fensterbrett seiner Wohnung im fünften Stock eines Plattenbaus gesprungen und an seinen Verletzungen gestorben.
    (cvo/tj)