SPD-Chef Sigmar Gabriel geht mit einem Gegenkonzept in das morgige Spitzengespräch mit Angela Merkel und Horst Seehofer. Den riesigen Transitzonen, die die Union in der Nähe der Landesgrenzen schaffen möchte, setzt die SPD kleinere dezentrale Einreisezentren in den Bundesländern entgegen. Hier sollen sich Flüchtlinge registrieren lassen und wer das nicht tut und wie derzeit so oft auf eigene Faust weiterreist, soll das – so Sigmar Gabriel – unmittelbar zu spüren bekommen: "Die Gewährung von Leistung ist an diese Registrierung in einem Einreisezentrum gebunden und derjenige, der sich dieser Registrierung verweigert, der wird nicht nur von der Leistungsseite her weniger bekommen, sondern er wird auch erhebliche Nachteile im Asylverfahren erfahren.
Die SPD will so Ordnung in das derzeitige Chaos bei der Flüchtlingsregistrierung bringen. Mehr noch: Sie hält ihre Vorschläge für intelligenter als das Konzept der Transitzonen, in denen, ginge es nach der Union, die Menschen solange festgehalten würden, bis über ihre Zukunft entschieden wäre. Die SPD hält solche Haftzonen jedoch weder für organisatorisch durchführbar noch rechtlich machbar, so Sigmar Gabriel: "Dann hätten wir bei täglich 10.000 Flüchtlingen nach drei Tagen 30.000 Haftplätze. Mir hat ehrlich gesagt noch keine erklären können, welches Fußballstadion man dafür umrüsten will. Das sind unausgegorene Vorschläge.
Gabriel: "Nicht öffentlich Ultimaten stellen"
Was aus Sicht Gabriels auch für Forderungen aus der Union gilt, den Familiennachzug zu begrenzen oder befristet auszusetzen: "Alles was da angesprochen wird, ist in Deutschland per Gericht bis ins Bundesverfassungsgericht durchgeklagt und geregelt und ich rate dazu, dass wir Vorschläge vorlegen, die wir ohne Konflikt mit dem deutschen Verfassungsgericht auch umsetzen können." Womit Gabriel, der seine Vorschläge zusammen mit seinen Stellvertretern Olaf Scholz und Hannelore Kraft vorstellte, beim Hauptvorwurf an den Koalitionspartner angekommen war. Jede Woche, so Hannelore Kraft, präsentiere die Union Vorschläge, die erkennbar nicht zu Ende gedacht seien: "Wenn man aber Scheindebatten führt, wenn man Scheinlösungen präsentiert, wenn man Dinge nicht zu Ende denkt, dann führt das zu einer Verunsicherung. Und das ist, glaube ich, exakt das Gegenteil von dem, was wir im Augenblick gebrauchen können."
Wie genervt die Genossen inzwischen von der Union in der Flüchtlingsfrage sind, offenbarte dann wieder Sigmar Gabriel. Statt immer neue und unausgegorene Vorschläge zu präsentieren, müssten aus SPD-Sicht erst einmal die schon verabschiedeten Beschlüsse umgesetzt werden. "Wir müssen arbeiten und das tun, zu was wir verabredet haben und uns nicht öffentlich Ultimaten stellen oder neue Ideen in die Welt setzen."
Gabriel setzt Union unter Druck
Dabei machte Gabriel auch klar, dass die SPD-Vorschläge eines nicht sind – es seien keine Vorschläge zur Begrenzung des Flüchtlingszustroms: "Um Europa, um Deutschland herum gibt es keine Zugbrücke. Und deswegen, der unrealistischste Vorschlag, mit dem man am meisten Enttäuschung erzeugen kann, ist zu sagen, wir hätten es mit nationaler Politik in der Hand, die Zahl der Flüchtlinge zu reduzieren." Die SPD will erkennbar Horst Seehofer Grenzen aufzeigen.