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Flugblätter

Flugblätter sind historische Dokumente, dennoch haben sich Historiker und Medienwissenschaftler bislang wenig mit dem Medium beschäftigt. Um das zu ändern haben die Berliner Staatsbibliothek und die Freie Universität Berlin jetzt eine Tagung organisiert, und die zeigt, dass Flugblätter schon Ende des 15. Jahrhunderts zum Einsatz kamen.

Von Dieter Wulf |
    "Gehen wir hier in die Magazinräume
    Hier sehen sie hier haben wir unsere Kästen in denen die Flugblätter dann untergebracht sind, nach Signaturen geordnet … "

    Wir sind im Allerheiligsten der Berliner Staatsbibliothek, hier im zweiten Kellergeschoss, hinter dickem Stahlbeton und feuerfesten Türen lagern Flugblätter nach Jahrhunderten geordnet. Christiane Caemmerer, die zuständige Archivarin, zeigt als Beispiel ein kleines gelbliches Stück Papier.

    "Das ist ein Blatt was ein sowjetischer Karikaturist Boris Jefimov gestaltet hat und was dann bei den deutschen Soldaten an der Ostfront verteilt wurde, über ihnen abgeworfen wurde."

    Man sieht eine auf dem Thron sitzende Germania die Hitler und Göring verstößt. Bismarck, Goethe, Schiller, Kant und Moltke aber bleiben unangetastet. Ein Flugblatt, das über der deutschen Front abgeworfen wurde. Die Aussage war klar. Nicht Deutschland sondern Hitler sei das Ziel der Roten Armee. Ein historisches Dokument. Trotzdem sind Flugblätter ein bis heute von Historikern und Medienwissenschaftlern weitgehend vernachlässigtes Medium. Um das zu ändern, organisierte die Berliner Staatsbibliothek zusammen mit der Freien Universität Berlin jetzt eine Tagung, erklärt Professor Eef Overgaauw der Leiter der Handschriftenabteilung der Staatsbibliothek.

    "Die Bibliotheken haben gesammelt, sind jetzt dabei über Datenbanken zu erschließen und versuchen jetzt das Interesse der Forschung auf solche Gegenstände zu lenken."

    Die ersten Flugblätter wurden Ende des 15. Jahrhunderts gedruckt.

    Anfangs einzeln, sehr aufwändig und folglich waren sie alles andere als ein Massenprodukt und Wegwerfmedium wie heute. Einen Handwerker konnte so ein Flugblatt den Lohn einer ganzen Woche kosten.

    In der Reformationszeit nutzten besonders die Protestanten Flugblätter sehr effektiv als Propagandamittel. Als Flugblätter später auf Grund der technischen Entwicklung sehr viel schneller und billiger gedruckt werden konnten, spielten sie bei den demokratischen Aufständen in Deutschland 1848 eine entscheidende Rolle, meint Jörg Jungmayr, Editionswissenschaftler an der Freien Universität Berlin.

    "Das war ja auch ein Räuber und Gendarm Spiel mit der Polizei man musste seine Versammlungen starten bevor die Polizei kam und alles wieder auseinander trieb. Man musste also ganz schnell reagieren können und das konnte man in dem man die neuesten Versammlungstreffs und so was an die Hauswände per Flugblatt anschlug."

    Während in den Zeitungen langatmige Artikel vorherrschten, musste man sich auf Flugblätter sind historische Dokumente, dennoch haben sich Historiker und Medienwissenschaftler bislang wenig mit dem Medium beschäftigt. Um das zu ändern haben die Berliner Staatsbibliothek und die Freie Universität Berlin jetzt eine Tagung organisiert, und die zeigt, dass Flugblätter schon Ende des 15. Jahrhunderts zum Einsatz kamen.

    den Flugblättern auf das wichtigste beschränken. Kurz, knapp, mit großen Überschriften - die Vorläufer der Boulevard Blätter, so Jörg Jungmayr

    "Das Massenkommunikationsmittel Flugblatt hat eben musste die Sache auf den Punkt bringen. Weg mit dem Kartätschenwilhelm in Preußen oder für die Konstitution oder für das Parlament"

    Immer wieder waren Flugblätter ein wichtiges Oppositionsmedium, ob unter Hitler, wo zum Beispiel die Studentengruppe der weißen Rose unter legensgefährlichen Bedingungen Flugblätter druckte und verteilte.

    Oder in der Zeit der deutschen Studentenrevolte, wie sich auch Christiane Caemmerer selbst noch gut erinnern kann.

    "Da stand dann immer jemand an den U-Bahn Eingang und drückte uns was in die Hand, wenn wir es nicht schon in den Hörsälen bekommen hatten."

    Und auch heute ist das Medium Flugblatt, trotz Internet, E-mail und SMS offenbar immer noch sehr lebendig, meint Professor Overgaauw

    "Nach wie vor gibt es das Bedürfnis durch ein bedrucktes Blatt an die Öffentlichkeit zu treten. Es wird nach wie vor jetzt auch in der Studentenrevolte die zur Zeit in Paris und an anderen Orten in Frankreich statt findet, werden auch wieder Flugblätter verteilt"