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Flugsicherheit in der Warteschleife

Technik. - Seit dem 11. September 2001 stehen Technologien, um die zivile Luftfahrt vor terroristischen Bombenattacken zu schützen, hoch im Kurs. Die meisten versuchen, die Sensoren feindlicher Geschosse in die Irre zu führen, und so dem zivilen Flugzeug eine Art schützende Tarnkappe zu geben. Diese Technologien sind zwar vorhanden, werden aber nur selten in zivile Flugzeuge eingebaut.

Von Klaus Herbst |
    In einer ganz bestimmten Phase des Fluges ist eine Maschine besonders gefährdet, sagt James O'Halloran. Er ist Berater für Verteidigungsfragen und arbeitet für die aus dem militärischen Umfeld stammende Jane's Information Group in London.

    Ein ziviles Flugzeug anzugreifen, ist bei der Landung am einfachsten. Beim Start kann eine Maschine nur etwa die ersten 500 Meter leicht bombardiert werden. Ziemlich schnell ist man also aus der Gefahrenzone. Aber bei der Landung muss sich der Pilot immer nach einem vorgegebenen, ausgerechneten Kurs und der Landegeschwindigkeit richten. In dieser Zeit, also einige Minuten lang, sind die Maschinen extrem verwundbar. Die Landezone beginnt schon viele Kilometer vor dem Flughafen. Außerdem sind dann die Treibstoffbehälter fast leer und wegen des Sauerstoffs darin viel explosiver als volle.

    Doch müssten zivile Flugzeuge solchen Angriffen keineswegs hilflos ausgeliefert sein. Die Militärs kennen seit langem geeignete Abwehrsysteme und verwenden sie im Kampfgeschehen. "Jammming" heißt die Technik, einen Teppich von Strahlen wie eine Tarnkappe um das Flugzeug herum auszubreiten. Infrarot- und Laserstrahlen lenken gegnerische Flugkörper ab. Das ist zu über 80 Prozent erfolgreich.

    Diese Techniken könnten sofort zum Einsatz kommen. Die zivile Luftfahrt hat aber immer noch gewisse Bedenken, weil es sich ja um militärische Technologien handelt, die für den zivilen Gebrauch umgebaut werden müssten. Meiner Meinung nach sollte man aber der Sicherheit halber solche Berührungsängste aufgeben. Auf dem freien Markt sind bereits rund 50 verschiedene Infrarot- und Lasergeräte erhältlich.

    US-Militärs entzündeten im Irak-Krieg grelle High-tech-Feuerwerke, nicht nur um die Bevölkerung von Bagdad zu schockieren, sondern auch um die Hitzesensoren feindlicher Flugkörper abzulenken. Es ist selbstverständlich nicht praktikabel, beispielsweise im Umfeld eines Zivilflughafens wie Frankfurt, während der sensiblen Landephase ständig Feuerwerkskörper abzufeuern. Außerdem würden das die Luft erheblich belasten.

    Die amerikanische Fluggesellschaft United Airlines arbeitet mit einer britischen Pyrotechnik-Firma zusammen, einem Unternehmen also, das große Feuerwerke herstellt. Erstmals versuchen die Techniker, umweltverträgliche Feuerwerke herzustellen, an pyrotechnischen Schutzschildern also, die in der Luft vollständig und ohne jede chemischen Rückstände verbrennen. Das wäre ebenfalls eine potenziell nützliche Gegenmaßnahme.

    Solche umweltverträglichen Flammenwolken können in dem Fall entzündet werden, dass ein bordeigener Sensor eine Bombe entdeckt und Alarm auslöst. Der Phantasie sind jedenfalls keine Grenzen gesetzt. Wenn es um innovative Sicherheit geht, haben auch osteuropäische Experten Erfindungsreichtum bewiesen.

    Die Rumänen haben die Idee, leichte Netze aus extrem reißfesten Kunststoff abzufeuern und in der Nähe der Flugzeuge in der Luft zu entfalten. Diese Art Fischernetze, hofft man, werden sich um Geschosse legen und diese zum Abdriften ins Leere bringen.

    Solche Techniken sind allerdings nicht überall gerne gesehen. Seitdem eine große israelische Fluggesellschaft ein Abwehrsystem eingeführt hat, dürfe sie mit diesen Geräten in den USA nicht mehr landen, sagt James O'Halloran:

    El Al hat gerade ein kombiniertes Infrarot- und Lasersystem ausgetestet. Dieses erkennt Bomben und es erzeugt Teppiche ablenkender Signale. Es ist einfach verrückt: Die Amerikaner fordern lautstark Lösungen. Wenn aber bestimmte Fluggesellschaften den US-amerikanischen technologisch voraus sind, dann bekommen deren Maschinen Flugverbote. Das kann man einfach nur als absolut verrückt bezeichnen.