Nathan Bennett hängt in den Seilen. Genauer gesagt steckt er in einem Drachenfliegersack, der an einem Kran befestigt ist. Bequem sieht das nicht gerade aus. Aber Nathan lächelt.
"Das macht die Muskeln stark. Es ist zwar anstrengend, aber es macht Spaß. Ich mag es."
Doch plötzlich heult der Kran auf, und Bennett fliegt einige Meter nach hinten. Er schwebt ein paar Zentimeter über einer straff gespannten Kunststofffolie. Aus dieser Folie wird in den kommenden Stunden ein Hightech-Segel für den America’s Cup. Bennett jobbt in einer Fabrik des Segelherstellers North Sails. Sie steht im Provinzstädtchen Minden in Nevada. North Sails hat eine spezielle Technologie für Rennsegel entwickelt, 3DL genannt: Auf eine Kunststofffolie verlegt ein Roboter ein komplexes Muster aus hochfesten Kohlefasern. Darüber kommt eine zweite Folie, und schließlich verschweißt eine Art Heizlampe das Ganze zu einer festen Einheit. Das Resultat: Ein Segel aus einem Guss, ohne eine einzige Naht. Es ist deutlich leichter und formfester als ein herkömmliches Polyestersegel.
"”Praktisch jedes Segel, das wir bauen, ist einzigartig. Jedes Segel hat eine andere Form, mit einem unterschiedlichen Gehalt an Kohlerfasern. Der Entwurf kommt übers Internet und wird bei uns in einen Datensatz umgewandelt, der alle unsere Maschinen steuert.""
John Rodgers ist Materialexperte bei North Sails. Er geht durch die fußballfeldgroße Fabrikhalle und steuert auf ein großes dreieckiges Gebilde zu, über dem Nathan Bennett in seinem Drachenfliegersack schwebt. Es ist die Gussform für das Segel. Dann geht Rodgers in die Knie und zeigt, was unter der Form steckt:
"Unter dieser Form befinden sich 250 Metallstelzen, jede ist hydraulisch in der Höhe verstellbar. Der Grund: Die Gussform soll exakt jene Gestalt annehmen, die das Segel später haben soll, wenn es am Mast hängt und vom Wind aufgebläht wird. Das erreichen wir, indem wir jeden einzelnen Hydraulikstempel per Computer millimetergenau in die gewünschte Höhe fahren."
Nur wenn das Segel später am Mast eine ganz bestimmte Gestalt hat, bringt es den maximalen Vortrieb. In eben diese Idealgestalt versuchen Rodgers und seine Leute die Gussform mit Hilfe der Hydraulikstützen zu bringen. Dann zeigt Rodgers auf die Folie, die gerade auf der Gussform aufgespannt ist:
"”Das da wird ein Segel für den America’s Cup. Es liegt auf der größten Form, die wir haben. Was Sie sehen, ist die erste Stufe der Produktion. Auf der Form liegt schon die dünne Polyesterfolie. Und jetzt beginnt der Roboterkran damit, die Folie mit Kohlefasern zu belegen.""
Im Schneckentempo schleicht die Maschine über die Form und verlegt immer 13 Karbonfasern gleichzeitig. Daneben schwebt Nathan Bennett und kontrolliert die Qualität, die der Automat produziert. Insgesamt wird die Maschine 80 Kilometer Kohlefaser verlegen. Rodgers:
"An den Stellen, die später im Wind am stärksten belastet werden, bringen wir besonders viele Fasern auf – zum Beispiel an der Spitze, und auch am hinteren Ende. Dort sind die Kräfte am stärksten."
Oben im Büro reibt sich Manager John Welch die Hände: Bei Hochleistungsregatten halten seine Segel ein Quasi-Monopol. Welch:
"Erfunden haben die Methode die beiden Schweizer Jean-Pierre Baudet und Luc Dubois. 1990 schlugen sie das Verfahren North Sails vor. Der Termin passte, gerade suchte die Firma nach Neuem, um sich von der Konkurrenz abzusetzen. Und es schien ein ideales Projekt zu sein."
Mitte der 90er Jahre kamen die Segel auf den Markt – und setzen sich rasch durch. Beim anstehenden America’s Cup-Finale haben sowohl Herausforderer Neuseeland als auch Titelverteidiger Alinghi aus der Schweiz 3DL-Segel am Mast. Aber: Bereits nach ein paar Regatten brechen die ersten Karbonfasern, das Segel verliert seine optimale Form. Segeln kann man damit zwar noch, aber eben nicht mehr extrem schnell. Deshalb wechselt es die Crew gegen ein neues aus – und das, obwohl ein Karbonsegel bis zu 300.000 Dollar kostet. Allmählich aber wird die Technologie auch für den Hobbysegler erschwinglich. Welch:
"”Im letzten Jahr haben wir eine Billig-Variante auf den Markt gebracht – eine neue Maschine, die kleine Segel fertigen kann, die nur wenige tausend Euro kosten: Es ist eine Art rotierende Trommel, die den Prozess vollautomatisiert abspult. Damit wollen wir in den Markt der kleineren Boote.""
Unten in der Halle bereiten die Arbeiter den letzten Prozessschritt vor. John Rodgers:
"”Die Kohlefasern sind verlegt, wir haben eine klebstoffbeschichtete Deckfolie draufgelegt. Jetzt können wir die Folien mit den Fäden verkleben. Das machen wir mit einer Art Heizkissen, es wird vom Kran langsam über das Segel geführt. Dabei werden die Folien und die Fasern miteinander verschweißt, und zwar bei Temperaturen um die 160 Grad Celsius.""
Jetzt werden die Ränder abgeschnitten, und das Segel muss noch einige Tage durchtrocknen. Dann ist es fertig. Auf dem Weg zurück zum Ausgang zeigt John Rodgers auf eine Tafel. Mit Kreide sind die Zahlen 13 und 89 draufgekritzelt.
"Wir haben heute bislang 13 Segel produziert und das Plansoll zu 89 Prozent erfüllt. Das ist ganz okay so."
Gearbeitet wird in drei Schichten, 24 Stunden am Tag. 140 Leute sind hier angestellt. Nur: Segeln können die wenigsten, auch nicht John Rodgers.
"Nun, die Fabrik ist ziemlich weit vom Wasser entfernt. Also beschränken wir uns lieber darauf, gute Segel zu machen statt selber segeln zu gehen."
"Das macht die Muskeln stark. Es ist zwar anstrengend, aber es macht Spaß. Ich mag es."
Doch plötzlich heult der Kran auf, und Bennett fliegt einige Meter nach hinten. Er schwebt ein paar Zentimeter über einer straff gespannten Kunststofffolie. Aus dieser Folie wird in den kommenden Stunden ein Hightech-Segel für den America’s Cup. Bennett jobbt in einer Fabrik des Segelherstellers North Sails. Sie steht im Provinzstädtchen Minden in Nevada. North Sails hat eine spezielle Technologie für Rennsegel entwickelt, 3DL genannt: Auf eine Kunststofffolie verlegt ein Roboter ein komplexes Muster aus hochfesten Kohlefasern. Darüber kommt eine zweite Folie, und schließlich verschweißt eine Art Heizlampe das Ganze zu einer festen Einheit. Das Resultat: Ein Segel aus einem Guss, ohne eine einzige Naht. Es ist deutlich leichter und formfester als ein herkömmliches Polyestersegel.
"”Praktisch jedes Segel, das wir bauen, ist einzigartig. Jedes Segel hat eine andere Form, mit einem unterschiedlichen Gehalt an Kohlerfasern. Der Entwurf kommt übers Internet und wird bei uns in einen Datensatz umgewandelt, der alle unsere Maschinen steuert.""
John Rodgers ist Materialexperte bei North Sails. Er geht durch die fußballfeldgroße Fabrikhalle und steuert auf ein großes dreieckiges Gebilde zu, über dem Nathan Bennett in seinem Drachenfliegersack schwebt. Es ist die Gussform für das Segel. Dann geht Rodgers in die Knie und zeigt, was unter der Form steckt:
"Unter dieser Form befinden sich 250 Metallstelzen, jede ist hydraulisch in der Höhe verstellbar. Der Grund: Die Gussform soll exakt jene Gestalt annehmen, die das Segel später haben soll, wenn es am Mast hängt und vom Wind aufgebläht wird. Das erreichen wir, indem wir jeden einzelnen Hydraulikstempel per Computer millimetergenau in die gewünschte Höhe fahren."
Nur wenn das Segel später am Mast eine ganz bestimmte Gestalt hat, bringt es den maximalen Vortrieb. In eben diese Idealgestalt versuchen Rodgers und seine Leute die Gussform mit Hilfe der Hydraulikstützen zu bringen. Dann zeigt Rodgers auf die Folie, die gerade auf der Gussform aufgespannt ist:
"”Das da wird ein Segel für den America’s Cup. Es liegt auf der größten Form, die wir haben. Was Sie sehen, ist die erste Stufe der Produktion. Auf der Form liegt schon die dünne Polyesterfolie. Und jetzt beginnt der Roboterkran damit, die Folie mit Kohlefasern zu belegen.""
Im Schneckentempo schleicht die Maschine über die Form und verlegt immer 13 Karbonfasern gleichzeitig. Daneben schwebt Nathan Bennett und kontrolliert die Qualität, die der Automat produziert. Insgesamt wird die Maschine 80 Kilometer Kohlefaser verlegen. Rodgers:
"An den Stellen, die später im Wind am stärksten belastet werden, bringen wir besonders viele Fasern auf – zum Beispiel an der Spitze, und auch am hinteren Ende. Dort sind die Kräfte am stärksten."
Oben im Büro reibt sich Manager John Welch die Hände: Bei Hochleistungsregatten halten seine Segel ein Quasi-Monopol. Welch:
"Erfunden haben die Methode die beiden Schweizer Jean-Pierre Baudet und Luc Dubois. 1990 schlugen sie das Verfahren North Sails vor. Der Termin passte, gerade suchte die Firma nach Neuem, um sich von der Konkurrenz abzusetzen. Und es schien ein ideales Projekt zu sein."
Mitte der 90er Jahre kamen die Segel auf den Markt – und setzen sich rasch durch. Beim anstehenden America’s Cup-Finale haben sowohl Herausforderer Neuseeland als auch Titelverteidiger Alinghi aus der Schweiz 3DL-Segel am Mast. Aber: Bereits nach ein paar Regatten brechen die ersten Karbonfasern, das Segel verliert seine optimale Form. Segeln kann man damit zwar noch, aber eben nicht mehr extrem schnell. Deshalb wechselt es die Crew gegen ein neues aus – und das, obwohl ein Karbonsegel bis zu 300.000 Dollar kostet. Allmählich aber wird die Technologie auch für den Hobbysegler erschwinglich. Welch:
"”Im letzten Jahr haben wir eine Billig-Variante auf den Markt gebracht – eine neue Maschine, die kleine Segel fertigen kann, die nur wenige tausend Euro kosten: Es ist eine Art rotierende Trommel, die den Prozess vollautomatisiert abspult. Damit wollen wir in den Markt der kleineren Boote.""
Unten in der Halle bereiten die Arbeiter den letzten Prozessschritt vor. John Rodgers:
"”Die Kohlefasern sind verlegt, wir haben eine klebstoffbeschichtete Deckfolie draufgelegt. Jetzt können wir die Folien mit den Fäden verkleben. Das machen wir mit einer Art Heizkissen, es wird vom Kran langsam über das Segel geführt. Dabei werden die Folien und die Fasern miteinander verschweißt, und zwar bei Temperaturen um die 160 Grad Celsius.""
Jetzt werden die Ränder abgeschnitten, und das Segel muss noch einige Tage durchtrocknen. Dann ist es fertig. Auf dem Weg zurück zum Ausgang zeigt John Rodgers auf eine Tafel. Mit Kreide sind die Zahlen 13 und 89 draufgekritzelt.
"Wir haben heute bislang 13 Segel produziert und das Plansoll zu 89 Prozent erfüllt. Das ist ganz okay so."
Gearbeitet wird in drei Schichten, 24 Stunden am Tag. 140 Leute sind hier angestellt. Nur: Segeln können die wenigsten, auch nicht John Rodgers.
"Nun, die Fabrik ist ziemlich weit vom Wasser entfernt. Also beschränken wir uns lieber darauf, gute Segel zu machen statt selber segeln zu gehen."