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Förderung auch ohne Wohnsitz

Auch wer vor Beginn seiner Ausbildung nie in Deutschland gewohnt hat, könnte in Zukunft Anspruch auf Auslands-BAföG haben. Die EuGH-Richter in Luxemburg urteilten am Morgen: Der Wohnsitz könne nicht der einzige Maßstab dafür sein, dass Studierende eine Verbundenheit mit der deutschen Gesellschaft aufweisen. Diese Verbundenheit ist nötig, um überhaupt BAföG-berechtigt zu werden.

Von Marina Schweizer | 24.10.2013
    Die bisherige Regelung besagt, dass deutsche Studierende mindestens drei Jahre in Deutschland gelebt haben müssen, bevor sie einen Anspruch die Förderung im Ausland bekommen. Diese Vorschrift verstößt nach Ansicht der Richter gegen das Recht der EU-Bürger auf Freizügigkeit. Unter den Studierendenorganisationen stößt die Entscheidung auf Zustimmung. Studierendenvertreterin Katharina Mahrt:

    "Wir als freier Zusammenschluss von StudentInnenschaften setzen uns für ein herkunftsunabhängiges BAföG ein. Das heißt, wir möchten, dass eine Studienfinanzierungsmöglichkeit für alle im Bolognaraum gewährt wird. Wir begrüßen daher das Urteil des Europäischen Gerichtshofs, dass ja ein richtiger Schritt in diese Richtung ist."

    Das Verwaltungsgericht Hannover hatte den Sachverhalt dem EuGH zu Klärung vorgelegt. Im konkreten Fall ging es um einen in Brasilien geborenen Mann mit deutscher Staatsbürgerschaft, dessen ständiger Wohnsitz in der Türkei war. Für ein Studium in den Niederlanden hatte er deutsches BAföG beantragt. Der Antrag war von den Behörden abgelehnt worden. Der Grund: Eine Förderung bei Deutschen ohne Wohnsitz in Deutschland sei nur bei besonderen Umständen möglich. Dass die europäischen Richter dies als Verstoß gegen das Recht auf Freizügigkeit werten, begrüßt Stefan Grob vom Deutschen Studentenwerk:

    "Der EuGH macht ernst mit der Freizügigkeit, er stellt aber den deutschen Gesetzgeber gleichzeitig vor eine sehr schwere Aufgabe: Denn er muss nun andere Kriterien finden, als allein den Wohnsitz, um in einem Gesetz regeln zu können: Wer kann Auslands-BAföG kriegen und wer nicht."

    Im Fall des Mannes aus der Türkei muss das Verwaltungsgericht in Hannover nun die besagte Verbundenheit zu Deutschland prüfen. Im Allgemeinen dürfte die Frage, wann jemand mit der deutschen Gesellschaft eng verbunden ist, nicht einfach zu beantworten sein, so Stefan Grob vom Studentenwerk:

    "Wann ist jemand wirklich verbunden mit Deutschland? Wenn er Musikantenstadl guckt oder deutsche Bücher liest, deutsche Schulen besucht hat? Also, das ist für einen Gesetzgeber eine äußerst schwierige Aufgabe und wir sind sehr gespannt, wie das Bundesministerium für Bildung und Forschung das lösen wird."

    Das wird eine Aufgabe für die neue Legislaturperiode. Stefan Grob hofft, dass dann nicht nur die strittigen Regelungen des Auslands-BAföG angegangen werden. Der Bund der Studentenwerke wünsche sich, dass das BAföG bei dieser Gelegenheit insgesamt reformiert wird.