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Folgen für Kleinanleger aus griechischem Schuldenschnitt

Der Schuldenschnitt soll Griechenland wieder auf die Beine bringen: Die Gläubiger Griechenlands - Banken, Versicherungen und Investmentfonds - verzichten auf 53,5 Prozent ihrer Forderungen. Aber auch Privatanleger sind betroffen.

Von Brigitte Scholtes | 22.02.2012
    Wer als Kleinanleger griechische Staatsanleihen im Depot hat, der könnte in den nächsten Tagen Post von seiner Bank bekommen. Denn die wird dann höflich nachfragen, ob man nicht die alten Staatsanleihen aus Griechenland in neue tauschen möchte. Die wären dann aber nur noch knapp die Hälfte der alten wert – und sie wären weitaus schlechter verzinst, nämlich zu etwa zwei Prozent. Gegenüber den alten Papieren käme das einem nominalen Wertverlust von etwa 70 Prozent gleich.

    So sind die Bedingungen, die der Internationale Bankenverband ausgehandelt hat. Nun hatte der griechische Staat in den letzten Wochen immer wieder darauf verwiesen, dass sich bei diesem Schuldenschnitt 90 Prozent der privaten Gläubiger beteiligen müssten, damit das erwünschte Volumen von jetzt 107 Milliarden Euro erreicht wird. Wie aber dieses Geld verteilt ist unter den Gläubigern, das sei noch nicht klar, meint Andreas Lang, Fachanwalt für Bank- und Kapitalmarktrecht bei Nieding und Barth:

    "Wenn die institutionellen Anleger alleine 90 Prozent des Kapitals haben, dann könnte es sich schon allein aus diesem Grund für den privaten Anleger lohnen, hier erst einmal an dem Schuldenschnitt nicht freiwillig teilzunehmen und erst mal zu schauen, ob nicht vielleicht die Quote von 90 Prozent auch ohne ihn erreicht wird."

    Werden diese 90 Prozent nicht erreicht, behält sich die griechische Regierung vor, die Gläubiger zum Schuldenschnitt zu zwingen. Das ist relativ wahrscheinlich, weil einige Hedge Fonds und kleinere Fonds sich wohl nicht freiwillig beteiligen wollen. Deshalb empfiehlt die Deutsche Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz den Kleinanlegern, das Umtauschangebot anzunehmen. Denn die Chance, seine alten Anleihen ausgezahlt zu bekommen, halten die Anlegerschützer für relativ gering. Wer es dennoch wagen will, sollte zunächst einen Blick in die Anleihebedingungen werfen. Gilt für die deutsches Recht, dann ist der Gerichtsstandort Deutschland. Und das wäre von Vorteil für die Anleger, erklärt Fachanwalt Lang:

    "Die Folge wäre, dass man zu gegebener Zeit dann den Anspruch aus der alten Anleihe gerichtlich durchsetzen könnte. Bei der Republik Argentinien hatten wir das, dass viele Anleger an dem dort durchgeführten Schuldenschnitt nicht teilgenommen haben und ihre Ansprüche gerichtlich durchgesetzt haben. Die sind auch mittlerweile rechtskräftig festgestellt zum großen Teil. Und dann hat man einen vollstreckbaren Titel, der, anders in als in den Fällen wie der Republik Argentinien, in Griechenland natürlich einfacher durchsetzbar, sprich vollstreckbar ist als in einem südamerikanischen Land."

    Die Chancen, dass man eine solche Anleihe im Depot hält, sind aber nicht sehr groß: Griechenland hat Staatsanleihen im Volumen von 173 Milliarden Euro ausgegeben. Davon sind gerade einmal Anleihen im Volumen von 16 Milliarden nach internationalem Recht, also gegebenenfalls auch deutschem Recht verfasst.

    Auch Fondsanleger, die in einen Renten- oder Mischfonds investiert haben, sollten prüfen, ob in diesem Fonds noch griechische Anleihen enthalten sind. Nach Angaben des Bundesverbands Investment und Asset Management waren Ende 2011 nur 0,02 Prozent des Vermögens in Publikumsfonds in griechischen Anleihen investiert. Das entspräche gerade einmal 130 Millionen Euro. Fondsanleger werden nicht persönlich gefragt, ob sie am Schuldenschnitt teilhaben wollen. Doch wenn sie bei Kauf des Produkts nicht informiert worden sind, dass in ihrem Fonds auch griechische Staatsanleihen enthalten sind, dann könnten sie gegebenenfalls Falschberatung geltend machen.

    "Entscheidend ist auch hier immer eine Verjährungsfrist, die zu beachten ist. Aber auch das ist im Einzelfall dann zu prüfen."