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Football-Spieler Colin Kaepernick
Der Ausgestoßene

Im der letzten Football-Saison in den USA sorgte Colin Kaepernick, der damalige Quarterback der San Francisco 49ers, für Aufsehen, als er sich mehrfach weigerte, während der Nationalhymne vor dem Spiel aufzustehen. Damit wollte er gegen Rassismus Schwarze protestieren. Nun ist Kaepernick arbeitslos. Kein Verein will ihn unter Vertrag nehmen.

Von Martina Buttler | 26.08.2017
    American Football-Spieler Colin Kaepernick schaut auf den Boden.
    American Football-Spieler Colin Kaepernick ist derzeit ohne Vertrag (imago sportfotodienst)
    Die Nationalhymne wird vor jedem Spiel im Profi-Football in den USA gespielt. Normalerweise stehen die Spieler dabei auf. Colin Kaepernick hat sich letzte Saison geweigert das zu tun. Er hat sich hingekniet und manche Kollegen haben es ihm nachgemacht. Das alles aus Protest gegen Rassismus und Polizeigewalt. Letzte Saison war Kaepernick noch Quarterback bei den San Francisco 49ers. Diese Saison will ihn keins der 32 NFL-Teams unter Vertrag nehmen. Shannon Sharpe, ein schwarzer ehemaliger Football-Profi, sagt klar, was unausgesprochen im Raum steht:
    "Was die Kaepernick sagen ist: Wir brauchen einen Quarterback. Nur nicht dich."
    "Das sind sportliche Entscheidungen"
    Letzte Saison war Kaepernick in der Startformation seines Teams. Seine Teamkollegen haben ihn zum inspirierendsten und mutigsten Spieler gewählt. Die Seattle Seahawks haben Kaepernick diese Saison zum Probetraining eingeladen. Ein Vertrag kam nicht dabei raus. Aber so ist das eben in der NFL, versucht deren Commissioner Roger Goodell zu beschwichtigen:
    "Das sind sportliche Entscheidungen eines jeden Teams. Wen sie engagieren, um ihr Team zu verstärken."
    Am Mittwoch nach den Vorfällen in Charlottesville haben Hunderte Fans vor der NFL-Zentrale demonstriert. Unter ihnen Schauspielerin Susan Sarandon. "I am with Kap", ich bin auf Kaepernicks Seite, stand auf einigen Schildern:
    "Die NFL besteht zu 70 Prozent aus farbigen Menschen. Sie brauchen schwarze und braune Menschen. Sich gegen Kaepernick zu stellen, ist absolut falsch. Er hat nicht rumgeschrien oder sich respektlos verhalten. Er lenkt die Aufmerksamkeit auf ein wichtiges Thema, mit dem sie ein Problem haben."
    Kaepernick ist ein Ausgestoßener
    Kaepernicks Gegner werfen ihm mangelnden Patriotismus und zu wenig Dankbarkeit vor. Manche meinen auch, daß diese Meinungsäußerung nichts im Sport zu suchen hat.
    Von Baltimore über Miami bis Seattle haben Teams händeringend Quarterbacks gesucht, sie aus dem Ruhestand zurückgeholt oder Spieler ohne NFL-Erfahrung unter Vertrag genommen. Kaepernick ist ein Ausgestoßener, weil er seine Meinung vertritt. Für den afroamerikanischen Sportsoziologen Harry Edwards ein Unding:
    "Wir haben Spieler, die wegen Drogen, Vergewaltigungsvorwürfen weg waren und zurückgekommen sind. Aber ein Mann, der kein Gesetz gebrochen hat, kein Verbrechen begangen hat, kann nicht in der Liga spielen….das ist nicht Kaepernicks Problem. Das ist ein Problem der NFL."
    Die Chancen für einen Vertrag stehen schlecht
    Auch aus anderen Sportarten kommt Kritik. So hat Mark Cuban, Eigentümer von Nowitzkis Team Dallas Mavericks, gesagt, daß im Basketball so etwas anders gehandhabt werde. Cuban ist überzeugt, Spieler werden hier ermutigt, ihre verfassungsmäßigen Rechte auszuüben. George Martin, der ehemalige Präsident der NFL-Spielervereinigung, fordert, daß die Kollegen für Kaepernick aufstehen sollten. Und er ist sich sicher:
    "Im Rückblick werden die Menschen sehen, wie mutig er war und welche Opfer er gebracht hat und ich hoffe, er wird rehabilitiert."
    Am 7. September beginnt die Saison – für Kaepernick ist es höchste Zeit, ein Team zu finden. Die Chancen stehen dafür aber ziemlich schlecht. Kritische Auseinandersetzung mit einem der drängendsten Probleme in den USA scheint im Volkssport Football nicht gefragt. Ein Spieler mit Rückgrat hat es hier schwer.