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Forderung nach Verbot der Tiefseefischerei

Umweltschützer streiten schon länger für ein Ende der Tiefseefischerei. Die habe katastrophale Folgen für das Ökosystem. Denn der Beifang von seltenen, aber unverkäuflichen Fischen ist groß, die Regeneration der Arten ist jedoch langwierig.

Von Suzanne Krause | 17.09.2013
    Vor der Küste von Nizza, tief im südfranzösischen Mittelmeer, tummelt sich ein sagenumwobener Fisch: die Seeschlange. Sie sieht aus wie ein schmales, aber sehr langes Rechteck: Der Fisch kann bis zu siebzehn Meter lang werden. Ein Dokumentarfilmer zeigte bei einer Lobby-Veranstaltung der Umweltorganisation Bloom gestern erste Bilder des Fabelwesens. Wasser auf die Mühlen derer, die die Tiefsee und deren Bewohner schützen wollen.

    Rainer Froese, Fischerei-Biologe bei Geomar, dem Helmholtz-Zentrum für Ozeanforschung in Kiel, fordert wie viele andere Wissenschaftler seit Jahren das Verbot der Tiefseefischerei. Sie habe katastrophale Folgen in einem Milieu, das für uns immer noch mehr Geheimnisse berge als die Oberfläche des Mondes. Bekannt ist immerhin: Die Bewohner der Tiefsee sind wahre Überlebenskünstler, die sich lediglich von herabsinkenden Leichen oder Ausscheidungen ernähren. Bis heute verstehen die Wissenschaftler die Beziehungen zwischen Tiefsee und oberen Wasserflächen nicht genau. Aber sie haben Hinweise darauf, wie sich gestörte Beziehungen auswirken können. Rainer Froese nennt ein Beispiel:

    "Das sind die sogenannten Todeszonen. Das sind Wasserschichten, die zwischen der Oberfläche und der Tiefsee liegen, die keinen Sauerstoff mehr enthalten. Oder sehr wenig Sauerstoff, sodass Leben darin nicht möglich ist. Und diese Flächen dehnen sich leider aus. Und das hat was zu tun mit dem Zusammenspiel zwischen Oberfläche und Tiefsee."

    Nach dem Beackern mit schweren Grundschleppnetzen sieht der Meeresboden aus wie eine Mondlandschaft. Die Beifang-Quote von unverkäuflichen Fischsorten ist immens. Die Regenerationsfähigkeit des Milieus ist gering: Manche Fischarten sind erst nach dreißig Jahren geschlechtsreif.

    Ulrike Rodust, Europa-Abgeordnete aus der SPD-Fraktion und Mitglied des EU-Fischerei-Ausschusses, plädiert für den Verordnungsvorschlag zur strikten Neuregelung der Tiefseefischerei:

    "Nach heutiger Lesart wird sie sehr ökonomisch organisiert, ich denke, in Zukunft muss sie ökologisch an erster Stelle organisiert werden, weil dieses Gebiet so sensibel ist. Also Tiefseefischerei heißt, dass man, wenn man mit Schleppnetzen rausgeht, unter Umständen den Boden zerstört, auf dem Korallen wachsen, seit 5000 Jahren. Wir fischen Fische weg, die teilweise 150 Jahre alt sind und keiner isst sie."

    Es sind vor allem französische Trawler, die die Fischtheken mit Tiefsee-Ware beliefern wie Atlantischem Tiefseedorsch, Schwarzem Heilbutt, Meeraal, Degenfisch oder auch Kleinem Rotbarsch. Insgesamt macht die Tiefseefischerei gerade mal ein Prozent der gesamten Fangquoten in der EU aus, erinnert der griechische EU-Abgeordnete Kriton Arsenis, auf den ein Bericht zur Tiefseefischerei zurückgeht. Doch für die Befürworter des bisherigen freien Fangs habe eine strikte Reglementierung Symbolcharakter, sagt Arsenis:

    "Sie behaupten: Wenn wir Schleppnetze in der Tiefsee verbieten, wäre dies der Anfang eines allgemeinen Schleppnetz-Verbots. Natürlich stimmt dies nicht. Wir sprechen lediglich davon, außergewöhnliche Maßnahmen zu ergreifen zum Schutz außergewöhnlicher Fischsorten."

    Die französische Sektion von Greenpeace hat kürzlich publikumswirksame Aktionen zum Schutz der Tiefsee veranstaltet. Um die Regierung in Paris zu einer Kehrtwende zu bewegen. Jean-Francois Julliard, Direktor von Greenpeace Frankreich, wendet sich an die Verbraucher in ganz Europa:

    "Umweltschutzorganisationen wie die unsere oder auch Bloom haben Führer aufgelegt, welche Fische man unbedenklich kaufen kann und welche besser nicht. Die Verbraucher sollten verantwortungsbewusst wählen."