Donnerstag, 25. April 2024

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Forderungen aus Athen
"Griechenland strapaziert gehörig"

Griechenland beziffert seine Reparationsforderungen an Deutschland auf knapp 280 Milliarden Euro. Die griechische Regierung mache sich damit vor der Völkergemeinschaft lächerlich, sagte der parlamentarische Geschäftsführer der CSU-Landesgruppe im Deutschen Bundestag, Max Straubinger, im DLF. Das gelte um so mehr, als die geforderte Summe in etwa der Höhe der griechischen Schulden entspreche.

Max Straubinger im Gespräch mit Gerd Breker | 07.04.2015
    Max Straubinger, CSU-Abgeordneter im Bundestag
    Max Straubinger, CSU-Abgeordneter im Bundestag (picture alliance / dpa / Andreas Gebert)
    Die neue griechische Regierung müsse sich letztendlich nicht mit Deutschland auseinandersetzen, sondern mit den 18 weiteren Ländern, ergänzte der CSU-Politiker.
    Athen mache es den europäischen Partnern sehr schwer. Sie würde zwar von einem Sparprogramm sprechen, aber es fehle der Wille. Die Regierung wolle es auf den Konflikt mit den europäischen Geldgebern ankommen lassen. Die Griechen seien gut beraten, so Straubinger, sich endlich mit der Realität auseinanderzusetzen und das Sparprogramm zu erfüllen.

    Das Interview in voller Länge:
    Gerd Breker: Am Telefon sind wir nun verbunden mit dem parlamentarischen Geschäftsführer der CSU-Landesgruppe in Berlin, mit Max Straubinger. Guten Tag, Herr Straubinger!
    Max Straubinger: Guten Tag, Herr Breker!
    Breker: Herr Straubinger, ist die Geduld mit Griechenland unendlich? Was müssen wir uns eigentlich alles noch zumuten?
    Straubinger: Das ist richtig, dass Griechenland das politische Berlin, aber insgesamt auch die Bürgerinnen und Bürger in Deutschland gehörig strapaziert. Und trotzdem ist es richtig, hier auf sachlicher Ebene die Zusammenarbeit weiterhin, die relativ gute Zusammenarbeit weiterhin mit zu pflegen.
    Wir haben ein gemeinsames Europa und Griechenland gehört dazu. Aber die neue griechische Regierung macht es den europäischen Partnern und Geldgebern sehr, sehr schwer.
    Breker: Nun steht offenbar ein drittes Hilfspaket an, das heißt für so manch einen: gutes Geld Schlechtem hinterherwerfen.
    Straubinger: Ich sehe überhaupt keinen Grund zu diskutieren um ein drittes Hilfspaket. Es ist das zweite Hilfspaket noch gar nicht abgeschlossen. Und wenn die griechische Regierung nicht liefert, um das zweite Hilfspaket insgesamt abschließen zu können, dann wird es kein drittes Hilfspaket geben.
    "Griechenland fehlt der Wille zu sparen"
    Breker: Es steht immer noch ein Sparprogramm der griechischen Regierung aus. Niemand weiß, wie es konkret aussehen soll. Im Gegenteil: Es wirkt eigentlich so, als würde die Regierung Tsipras das kaum hinbekommen, ein befriedigendes Sparprogramm in Europa vorzulegen. Wenn das nicht kommt, dann nicht zahlen?
    Straubinger: So ist es, und ich habe auch nicht den Eindruck, dass die Regierung Tsipras es will. Die sprechen immer die ganze Zeit von einem Sparprogramm, aber es fehlt der Wille, denn konkret die Schritte sind bisher nicht vorgelegt worden. Und Griechenland möchte es offensichtlich, beziehungsweise die neue griechische Regierung, auf diesen Konflikt mit den europäischen Geldgebern ankommen lassen.
    Das ist kein guter Rat, dem hier die griechische Regierung offensichtlich, weiß ich nicht, von wem sie ihn bekommen hat oder sich selbst gegeben hat, hier nachfolgt.
    Breker: Mit Sicherheit hat sie den nicht von Peter Gauweiler bekommen, denn der hat gesagt: Hilfspakete für Griechenland, das sei wie Schokolade für Diabetiker – sie helfen nicht, sie schaden.
    Straubinger: Das stimmt nicht. Die Hilfspakete haben bisher geholfen, und Griechenland ist auch bis vergangenen Jahr wieder auf einen guten Weg gekommen, wie wir im Übrigen ja bei allen anderen Programmländern sehr positiv beobachten können.
    Wenn ich dran denke: Die Krise konnte in Irland überwunden werden durch Kredite, die wir denen gegeben haben, genauso in Spanien und Portugal. Die jüngsten Meldungen von Spanien also mit Rückgang der Arbeitslosigkeit zeigen sehr deutlich, dass die Hilfsprogramme der EU geholfen haben. Dazu gehört aber auch politischer Wille, diese Hilfsprogramme positiv umzusetzen bei allen Härten, die damit für die Bürgerinnen und Bürger verbunden sind.
    "Reparationsforderungen sind lächerlich"
    Breker: Und dieser politische Wille ist derzeit in Griechenland einfach nicht erkennbar, Herr Straubinger. Es gibt keine konkrete Sparliste. Stattdessen erleben wir Reparationsforderungen gegen Deutschland in Höhe von fast 280 Milliarden Euro. Sind die rechtlich-politisch wirklich abgetan, wie die Bundesregierung meint? Oder hat Liebich recht, wenn er sagt, diese Forderungen seien gerechtfertigt?
    Straubinger: Ich glaube, dass sich eine griechische Regierung mit einer solchen Forderung lächerlich macht in der gesamten Völkergemeinschaft und insbesondere in der Europäischen Union, zufällig auf einen Betrag zu kommen, der die Verschuldung Griechenlands bedeutet gegenüber den Geldgebern. Das ist schon eine fast Unverfrorenheit und letztendlich also nicht würdig einer demokratisch gewählten Regierung.
    "Griechenland sollte sich mit der Realität beschäftigen"
    Breker: Man hat den Eindruck, Herr Straubinger, dass irgendetwas, was gegen Deutschland geht, was gegen Angela Merkel geht, was gegen unseren Finanzminister geht – das ist in Griechenland gerade sehr populär.
    Straubinger: Die griechische Regierung macht einen gehörigen Fehler, denn es ist letztendlich eine Auseinandersetzung von Griechenland mit den 18 weiteren Euroländern, und diese 18 Länder, die stehen zusammen in ihren Forderungen gegenüber Griechenland. Und deshalb wäre die griechische Regierung sehr gut beraten, endlich sich mit der Realität zu beschäftigen und entsprechende Maßnahmen, Sparmaßnahmen, und zwar gehörige Sparmaßnahmen in Griechenland umzusetzen.
    Breker: Da sind wir dann mal gespannt. Morgen wird der griechische Ministerpräsident Tsipras nach Moskau reisen, und diese Moskaureise wird von Athen bewusst zum Spiel mit der gemeinsamen europäischen Außenpolitik. Das ist doch für den Rest Europas eine Provokation, Herr Straubing.
    Straubinger: Also gut, jeder Ministerpräsident und jeder Staat kann eigens handeln in der Außenpolitik und dementsprechend natürlich auch einen Besuch der griechischen Regierung beziehungsweise des Ministerpräsidenten hier auch in Moskau absolvieren. Dagegen ist nichts einzuwenden.
    Das Entscheidende ist: Was vertritt Griechenland dann in Moskau? Und hier gilt es schon, dass die Solidarität der europäischen Länder gegenüber der Politik von Putin und der Annexion der Krim und den Unterstützungen für die Separatisten in der Ostukraine, dass dem gemeinsam begegnet wird mit den Wirtschaftssanktionen und allen anderen Maßnahmen, die getroffen worden sind. Und hier ist schon also daran zu erinnern, dass Griechenland hier nicht auszuscheren hat.
    Ich glaube auch nicht, dass sich Griechenland also hier entschulden lassen kann von Moskau. Da habe ich den Eindruck, dass die Regierung in Moskau weit mehr beschäftigt ist, der eigenen Bevölkerung da nur einen Bruchteil des Lebensstandards der griechischen Bürgerinnen und Bürger zu sichern, insbesondere auf der Krim. Das sehe ich sehr gelassen, dass hier plötzlich Moskau mit Geld aushelfen könnte.
    "Griechenland überrreizt das Blatt"
    Breker: Herr Straubinger, man könnte ja das Agieren der neuen griechischen Regierung der Unerfahrenheit zugute schreiben. Man könnte es aber auch gewollte Strategie nennen, ein Ausreizen bis zum Letzten.
    Straubinger: Ich glaube persönlich nicht, dass es eine Unerfahrenheit ist, sondern dass es unverfrorenes Handeln ist und versucht wird, bis zum Letzten auszureizen. Nur, wie es so oft da ist, auch im Poker oder auch im Schafkopf, Schafkopf weniger: Da kann man auch das Blatt überreizen. Und die griechische Regierung ist sehr wohl dabei, ihr Blatt zu überreizen.
    Breker: Was da geschieht, Herr Straubinger, schadet ja in jedem Fall dem Ruf des Euro, und das Versprechen, das einst uns hoch und heilig gegeben wurde, der Euro werde so hart wie die D-Mark sein, das liegt auf der Schlachtbank, das ist geschlachtet.
    Straubinger: Das sehe ich nicht so. Der Ruf des Euro wird nur beschädigt, wenn plötzlich einzelne andere Euroländer den Forderungen der Griechen nachkommen würden bzw. nachgiebig sich verhalten würden. Nachdem dies nicht der Fall ist, kann ich in keinster Weise erkennen, dass der Ruf des Euro schaden würde, sondern im Gegenteil: Der Euro ist eine großartige Währung, die auch anerkannt wird insgesamt in der internationalen Finanzwelt.
    Breker: Und weitere Hilfe für Griechenland ohne einen konkreten Sparplan der griechischen Regierung – das würde der Glaubwürdigkeit auch der CSU einen Kratzer versetzen?