Freitag, 26. April 2024

Archiv

Forest Green Rovers
Der Grüne FC

Die Forest Green Rovers sind von der UN als erster klimaneutraler Fußballklub der Welt eingestuft worden. Im Stadion wird Ökostrom genutzt und das Essen ist vegan. Bei Spielern und Fans kommt das Konzept gut an. Clubchef Dale Vince möchte so die Welt des Fußballs für Umwelt- und Klimaschutz gewinnen.

Von Jens-Peter Marquardt | 29.09.2018
    Das Stadio der Forest Green Rovers
    Forest Green Rovers – klimaneutral und vegan. (imago sportfotodienst)
    Forest Green Rovers gegen Crawley Town - vierte englische Liga. Die Rovers sind vor einem Jahr aufgestiegen und haben in dieser Saison noch kein Spiel verloren. Auch gegen Crawley heißt es am Ende 1:0 für die Rovers aus Nailsworth, dem kleinen Ort in den idyllischen Hügeln der Cotswolds, rund 150 Kilometer westlich von London.
    "Das hier ist unser Solar-betriebener Mähroboter. Wir nennen ihn Mowbot. Er braucht drei Tage, um das gesamte Spielfeld zu mähen. Er mäht zwei Stunden durch, dann lädt er zwei Stunden und fährt danach von allein wieder los, von seinem GPS-Navigationssystem gesteuert. Wir müssen uns dabei um nichts weiter kümmern", sagt der Platzwart der Forest Green Rovers, Adam Witchell, über sein Lieblingsspielzeug, den Mowbot.
    Das New Lawn Stadion der Forest Green Rovers.
    Das New Lawn Stadion der Forest Green Rovers. (imago sportfotodienst)
    Er hat noch andere Gerätschaften, auf die er stolz ist. Sein Öko-Strom betriebener Linien-Markierer surrt leise vor sich hin, wenn er den Kalk auf das Spielfeld spritzt. Der Rasen im New Lawn Stadion der Rovers strahlt in sattem Grün. Adam wässert ihn mit aufgefangenem Regenwasser. Er hatte seinen Job als Soldat in einer Kampfeinheit der britischen Armee wegen einer Verletzung aufgeben müssen und setzt jetzt als Platzwart der Rovers voll auf Ökologie.
    "Wir nehmen überhaupt keinen chemischen Dünger. Nur organische und vegane Produkte, rein pflanzlich, ohne tierische Zusätze. Wir nutzen als Dünger zum Beispiel Seetang aus Schottland. Wir lassen im Boden die Bakterien für uns arbeiten. Und das Unkraut hole ich auf Knien, mit der Hand, mit dem Messer heraus", erklärt Witchell.
    Vegane Küche im Stadion
    Bei Jade Crawford in der Stadion-Küche geht es gerade ziemlich hektisch zu. Es ist Halbzeit, die Fans stehen am Buffet an, für eine Zwischenmahlzeit. Jade kocht hundert Prozent vegan: "Ich mache jeden Monat wechselnde Pasteten, mal Indisch-Tikka, mal englische Frühstücks-Pastete zum Beispiel. Wir haben außerdem Käse-Makkaroni, natürlich ohne echten Käse, und vieles mehr. Und natürlich gibt es unseren berühmten preisgekrönten Quorn-Pie, den alle haben wollen."
    Die Schlange vor dem Buffet auf der Haupttribüne ist lang. Die Rovers-Fans mögen Jades vegane Speisen: "Das schmeckt wirklich überraschend gut. Wahrscheinlich mit das Beste, was es so in Fußballstadien gibt. Der Quorn-Pie ist extrem gut. Man merkt gar nicht, dass da kein Fleisch drin ist." - "Ich hatte eine Fajita – die war wirklich gut. Man merkt keinen Unterschied zu einer normalen Hühnchen-Fajita."
    Vegan-Chefköchin Jade ist natürlich auch für die Ernährung der Spieler zuständig: "Nach den Spielen mache ich für die Spieler extra spezielle Korn-, Schokolade- und Energie-Riegel, aus Erdnussbutter, Haferflocken und Nüssen. Für die Auswärtsspiele koche ich ihnen Currys oder irgendetwas anderes mit viel Protein, Lasagne, oder ähnliches."
    Das Essen im Stadion der Forest Green Rovers ist vegan.
    Das Essen im Stadion der Forest Green Rovers ist vegan. (imago sportfotodienst)
    Farrend Rawson ist erst in diesem Jahr zu den Rovers gestoßen. Am Anfang habe ihn die vegane Ernährung hier etwas überrascht, sagt der Innenverteidiger. Aber er sei dafür offen gewesen, habe es ausprobiert, und ja, vegan schmecke ihm jetzt richtig gut. Farrends Lieblingsgericht: natürlich der Quorn-Pie – dabei hat er Pies vorher überhaupt nicht gemocht. Der Rovers-Verteidiger sieht inzwischen in der veganen Ernährung ein Rezept für den Erfolg des Teams: Das tolle Essen gebe den Spielern auf dem Rasen die entscheidenden fünf Prozent mehr Energie.
    Die Forest Green Rovers sind, von den UN zertifiziert, der erste klimaneutrale und vegane Fußballclub der Welt. Der Strom hier kommt komplett aus Sonnenenergie und Windkraft. Den verbleibenden CO2-Ausstoß von 200 Tonnen pro Jahr, zum Beispiel durch die Auswärtsreisen der Fans, gleicht der Club durch Zahlungen in den Klimafond der Vereinten Nationen aus. Der Mann, der hinter all dem steht, heißt Dale Vince, Präsident und Besitzer der Forest Green Rovers.
    Eine neue Klientel für Umweltschutz gewinnen
    Er setze sich leidenschaftlich für die Umwelt ein, das sei sein Leben, seine Sache, sagt Clubchef Dale, ein überzeugter Veganer. Er führt im Hauptberuf "ecotricity", ein Unternehmen, das grünen Strom, vor allem aus Windkraft, anbietet. Der Fußball gibt ihm und seinen Ambitionen eine neue Plattform: Er wolle mit seinem Engagement bei den Rovers eine ganz neue Klientel erschließen, die Welt des Fußballs und des Sports für den Umwelt- und Klimaschutz gewinnen, sagt Dale Vince.
    Das Interesse an den Forest Green Rovers reicht jedenfalls inzwischen weit über die Cotswolds und über die vierte Liga hinaus. Bei Platzwart Adam Witchell melden sich immer mehr Kollegen von anderen Vereinen, fragen ihn um Rat, wollen wissen, wie er den grünen Rasen hinkriegt, ohne das Klima und die Umwelt zu schädigen. Und zum Spiel gegen Crawley Town sind drei Österreicher angereist.
    Ein Stadio komplett aus Holz
    Der Veganer August Berger, mit Frau und Sohn, aus Tenneberg bei Wien – sie interessieren sich hier vor allem für das kulinarische Angebot: "Wir haben den Wiener Sportclub angefragt. Und wir wollen da eventuell eine gleiche Kantine eröffnen, ab Jänner, mit dem Knowhow, was die uns hier vorgeben. Wir kommen noch einmal, oder vielleicht zweimal hierher, dass wir unser Grundwissen a bisserl erweitern, und dann werden wir uns sicher wohl fühlen dabei."
    Dale Vince und die Forest Green Rovers arbeiten derweil schon an einem weiteren Projekt: Ein neues Stadion, komplett aus Holz, vom Büro der inzwischen verstorbenen Londoner Stararchitektin Zaha Hadid entworfen. Der Präsident schwärmt, eine solche Arena werde den kleinsten CO2-Fußabdruck aller Stadien der Welt hinterlassen. Und sei außerdem wunderbar anzuschauen. Denn Holz sei doch viel schöner als Beton und Stahl.