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Forever Young

Zündfunkgeschichte - das sind drei Jahrzehnte Pop-, Politik- und Gesellschaftsgeschichte, vom Deutschen Herbst 1977 über die Anti-AKW-Proteste bis hin zu Mauerfall und Wiederaufleben des Rechtsextremismus in den frühen Neunzigern. Als junges Szenemagazin, als Programm von jungen Leuten für junge Leute, ist der Zündfunk über all die Jahre unabhängig, kritisch und unbequem geblieben. Oft hat er provoziert, mitunter auch Politiker und Staatsgewalt, etwa in Sendungen über die Proteste in Wackersdorf:

Von Anne Baier | 21.08.2004
    Für viele Jugendliche im erzkatholischen Bayern war der Zündfunk konkrete Lebenshilfe - so auch für Heribert Prantl, den jetzigen Ressortchef für Innenpolitik bei der Süddeutschen Zeitung:

    Zündfunk, das Jugendradio des Bayerischen Rundfunks, das sind Dinge, die einem sozusagen, das Lebensgefühl mit eingerichtet haben: Schule nicht so wichtig nehmen, des sich Politisierens, zum Beispiel: Wie gehe ich mit den neuen Themen um, was ist von Kernkraft zu halten, das gab Nachdenkhilfe und diese Nachdenkhilfe war begleitet von Musik, die einem wichtig war.

    Gegenöffentlichkeit zu schaffen war der eine - die neuesten musikalischen Trends aufzuspüren und zu verbreiten der andere Anspruch des Zündfunks:

    Sister Nancy, die erste Frau, die sich in den 80ern in der männerdominierten Reggae-Szene durchsetzen konnte,…


    Die Zeiten haben sich geändert - so auch der Zündfunk: man ist politisch subtiler geworden, so die Zündfunkchefin Ulrike Ebenbeck. Aber keinesfalls niveauloser:

    Wir machen kein Schülerradio! Also 18-jähirge, die auf dem Schulhof Umfragen machen über Pickel und Pubertät, des war der Zündfunk noch nie und auf diese scheinbar jungen Themen haben wir uns auch noch nie reduzieren lassen, aber wir haben auch schon immer versucht Themen aufzugreifen, die nicht so breit in den Medien waren, und Menschen eine Stimme zu verleihen, die sonst unter den Tisch gefallen wären, das war schon immer eine Stärke des Zündfunks.

    Eine gute Mischung aus Pop, Politik und Kultur, so lautet das Erfolgsrezept der Sendung. Und es scheint immer noch das richtige zu sein: 20 bis 60.000 Hörer schalten regelmäßig ein - und zwar nicht nur junge:

    Uns hören Leute, die einfach noch neugierig sind aufs Leben, die nicht stehen geblieben sind, die eine Alternative in der Radiolandschaft suchen, sowohl im musikalischen Bereich, als auch im Themenspektrum, was wir abbilden. Das ist ganz ganz weit gefächert, natürlich ist es eine Minderheit, wir sind kein Mainstreamangebot. Es sind immer die zwei, drei in der Klasse, die nicht die Streber sind, die die Dinge anders hinterfragen, immer so eine interessierte aktive Minderheit, die was losmacht, das sind unsere Hörer erfahrungsgemäß.

    Zur Zeit spult der Zündfunk noch einmal zurück: Die Hörer bekommen ein Geburtstags-Sommerprogramm zwischen Gegenwart und Vergangenheit präsentiert, moderiert im gemischten Doppel aktueller und früherer Moderatoren. Ein Studiogast war die Tage Johannes Grotzki, Hörfunkdirektor des Bayerischen Rundfunks - eine Gelegenheit für Zündfunkmoderator Achim Bogdan, ihn zur Zukunft der Sendung zu befragen:

    Bogdan: In fast allen Bundesländern gibt es eine Jugendwelle, oder ein Jugendradio, bei uns noch nicht - warum Herr Grotzki!?

    Grotzki: Weil wir eine Selbstbeschränkung zwischen den Intendanten der ARD und den Ministerpräsidenten haben wegen der Gebührenfrage, das heißt wir dürfen nicht unendlich viele neue Programme auflegen. Es gibt eine neue Technik: digitales Radio, da haben wir ja schon einen Ansatz eines Jugendradios. Wir wissen, dass wir das brauchen, müssen aber schauen, wie wir das umsetzen können, denn die Geldhähne sind sehr zugedreht. Zur Zeit.

    Mal sehen welche zündenden Ideen dabei herauskommen - vorerst funkt es aus München weiterhin werktags zwischen 19 bis 21 Uhr.