
Die Formel 1 ist zu Gast am Golf. Das Königreich Bahrain, das mit seinen 33 Inseln kleiner ist als das Stadtgebiet vom Hamburg, kommt sportlich wieder ganz groß raus dieses Wochenende. Zwischen Wüstensand und Palmen wird den etwa 100.000 erwarteten Besuchern Rennsport und reichlich Glamour geboten. Im Rahmenprogramm treten Weltstars wie der schwedische DJ Avici auf. Beim Grand Prix hoffen die Organisatoren von Bahrain auf bis zu 400 Millionen Fernsehzuschauer weltweit. Doch in dem Wüstenstaat brüllen nicht nur die Motoren.
Mit "Gott ist groß"-Rufen drehten Demonstranten nahe der Hauptstadt Manama schon vor den Rennfahrern ihre Runden. Sie protestierten lautstark gegen die Verfolgung Oppositioneller. Die mehrheitlich schiitische Bevölkerung von Bahrain wird von der sunnitischen Herrscherfamilie Al-Khalifa regiert. Im Jahr 2011 schlug sie mit Unterstützung Saudi Arabiens Massenproteste blutig nieder. Damals wurde das Formel 1-Rennen abgesagt. Heute sprechen viele von der "vergessenen Revolution" des Arabischen Frühlings. Doch es brodelt unverändert.
"Ich würde nicht von einem misslungenen Aufstand sprechen",
so die Aktivistin Maryam Al Khawaja am fünften Jahrestag des Aufstandes im arabischen Nachrichtensender Al Dschasira.
"Die Menschen wollen den politischen und sozialen Wandel. Die aktuelle Situation im Land ist untragbar. Wir haben fast täglich Proteste in Bahrain".
Denn während die Scheichs auf der Formel 1- Piste eine perfekt organisierte Hochglanz-Show präsentieren, gehen sie im Alltag mit aller Härte gegen ihre Untertanen vor.
"Sie sprechen über ein Land, in denen es keine Grundrechte gibt, keine Meinungsfreiheit, keine Versammlungsfreiheit. Sie sehen auf ein Land, in dem immer noch systematisch gefoltert wird",
sagt die Aktivistin Maryam Al Khawaja, die selbst vor einer drohenden Inhaftierung ins Ausland fliehen musste.
"Mein Vater und die Männer meiner Schwestern wurden festgenommen. Sie wurden gefoltert, körperlich, psychisch und sexuell. Mein Vater wurde zu einer lebenslänglichen Haftstrafe verurteilt. Mein Onkel zu fünf Jahren. Meine Schwäger, die gar nicht aktiv sind, wurden nur verhaftet, weil sie mit meinen Schwestern verheiratet sind. Und wissen Sie, meine Familie ist aber nur eine von hunderten Familien, die diesen Dingen ausgesetzt sind."
Die Menschenrechtsorganisation Amnesty International forderte die Regierung von Bahrain aus Anlass des Formel 1-Rennens zur Freilassung der politischen Gefangenen und zu mehr Liberalität auf. Der Grand Prix werde von der Herrscherfamilie am Golf nur "zur Verschleierung von Gewalt und Unrecht im Land" missbraucht. James Lynch, der stellvertretende Direktor von Amnesty International für den Mittleren Osten beklagte eine "alarmierende Erosion der Menschenrechte" in den vergangenen Jahren. Jeder, der es wagte, die Autoritäten zu kritisieren, riskiere ernsthafte Strafen.
Dass sich Bahrain an diesem Wochenende als ein weltoffenes Land präsentiere, auch offen für Reformen, sei weg von der Realität. James Lynch wörtlich:
"Im Schatten der schnellen Autos und der Siegerrunden lügt eine Regierung, die den Würgegriff bei jedem Hauch von Widerspruch immer mehr verstärkt."