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Forschen gegen den großen Knall

Die Stromproduktion mit Gasturbinen stellt Ingenieure vor ein Problem: Wird die Verbrennung so gesteuert, dass möglichst wenig Schadstoffe entstehen, bilden sich Schallwellen, die eine Turbine in Fetzen fliegen lassen.

Von Mirko Smiljanic |
    Wenn sich Gas und Luft in einer Kraftwerksturbine mischen und verbrennen, entsteht ohrenbetäubender Lärm. Dieser Krach setzt sich dabei aus zwei Teilen zusammen: Zunächst aus dem ganz normalen Schall, der bei jedem Feuer entsteht:

    "Wenn Sie einen Zündprozess haben, dann findet die Zündung in sehr kurzer Zeit statt, in Mikrosekunden, das ist wie eine kleine Explosion, wie Blitz und Donner, der Blitz ist die Verbrennung, und dann kommt der Donner,"

    der aber - sagt Professor Jürgen Warnatz von der Universität Heidelberg - für die Turbine unschädlich ist. Ganz anders - fügt Professor Thomas Sattelmeyer von der TU München hinzu - sieht es mit dem Schall aus, den die Wärme freisetzt:

    "Die Flamme führt zu einer fluktuierenden Wärmefreisetzung, das führt zu einer Erzeugung von Schallwellen, die an den Wänden und an den Eingängen der Turbomaschinenkomponenten zum großen Teil reflektiert werden, und das wiederum führt zur Modulation der so genannten Schnelle, das ist die dynamische Geschwindigkeit in akustischen Prozessen."

    Diese thermoakustischen Schallwellen schaukeln sich unter ungünstigen Bedingungen hoch und lassen die Turbinen explodieren - der Lärm zerreißt die Stahlwände wie Papier. Allerdings passiert so etwas nur, wenn die Verbrennung umweltgerecht abläuft, also möglichst wenige Schadstoffe entstehen:

    "Ein Verbrennungsvorgang läuft im Allgemeinen in der Natur so ab, dass sehr hohe Flammentemperaturen entstehen und dementsprechend eben sehr hohe Mengen an Stickoxiden gebildet werden. Wenn man das verhindern will in der Technik, muss man ein wenig gegen die Natur arbeiten und versuchen, Brennstoff und Luft so zu mischen, dass man mit niedrigeren Temperaturen verbrennen kann. Und erst wenn man gegen den natürlichen Verbrennungsprozess anarbeitet, bekommt man eine Verbesserung hinsichtlich der Umweltverträglichkeit."

    Verglichen mit natürlichen Verbrennungen, reduzieren lärmempfindliche Hightech-Turbinen Stickoxidkonzentrationen übrigens in geradezu dramatischer Weise:

    "So eine typische Zahl, die ich Ihnen nennen kann, ist der Faktor 50 in den Stickoxidemissionen zwischen einer sich selbst überlassenen Flamme und einer so frisierten Flamme, die dann eben diese Probleme zeigt in Hinblick auf die Stabilität."

    Ein Zurück zur natürlichen Verbrennung ist angesichts solcher Werte undenkbar, andere Lösungen müssen her. Ingenieure verändern das Design der Turbinen, sie setzen Dämpfungselemente ein und variieren das Gas-Luft-Gemisch. Wirklichen Erfolg zeigen diese Maßnahmen noch nicht. Licht am Ende des Tunnels sieht Thomas Sattelmeyer eher darin, Gas und Luft zuerst zu mischen und erst dann in die Turbine zu leiten:

    "Diese Vorverlagerung der Mischung und die Trennung der Mischung vom eigentlichen Reagieren von der eigentlichen Reaktionszone, ist eigentlich die verbrennungstechnische Kunst, das ist ein großer Trend, der überlall verfolgt wird, auch zum Beispiel bei den Motoren, etwa bei dem so genannten HCCI-Verfahren",",

    dem Pkw-Motor der Zukunft, der wenig Sprit schluckt und gleichzeitig kaum Schadstoffe produziert. Wann solche Motoren serienreif sind, weiß niemand. Für die Betreiber von Kraftwerken stehen aber auch die Lärmprobleme im Vordergrund. Damit ihre Turbinen nicht bersten, reduzieren sie die Leistung - und das kostet sehr viel Geld!

    ""Wenn Sie in einem großen Kraftwerksprozess ein, zwei, drei Prozent Leistung nicht erreichen, weil eben Verbrennungsschwingungen auftreten, wenn man gegen die Grenzleistung fährt, dann kostete das schon in der Größenordnung zwischen 50 und 100 Millionen."