Die Werbung hat es schon lange gemerkt: die sensorischen Eigenschaften der Speisen entscheiden darüber, ob wir ein knuspriges Hähnchen oder eine zartschmelzende Schokolade kaufen oder nicht. Grund genug für Lebensmittel-Industrie und Forscher, diese sogenannten sensorischen Qualitäten genauer zu untersuchen. - Jene Merkmale, die in unseren Sinnen einen bleibenden Eindruck hinterlassen.
Man kann direkt den sensorischen Eindruck messen. Man kann den Menschen hierfür als Messinstrument einsetzen, man kann eine Gruppe von Prüfern trainieren, dies zu tun. Diesen Prüfern werden dann Apfelproben vorgesetzt und die bewerten dann die Intensität eines Texturattributes, beispielsweise der Saftigkeit eines Apfels.
Beatrice Conde, Lebensmittelforscherin an der ETH Zürich, verlässt sich aber nicht nur auf die Sinneseindrücke ihrer Testpersonen, sondern auch auf physikalische Daten. So stehen in ihrem Labor verschiedene Testmaschinen, die ein Apfelstück nach dem anderen zerquetschen.
Wir verformen die Probe bis zu einem gewissen Grad und messen dann die Kraft, die da resultiert, das können bei einem kleinen Zylinder um die 50 Newton sein. Die Probe wird zerdrückt, sodass sie zerbricht, das heißt, die Probe wird zerstört bei der Messung. Und das ist sehr wichtig, da wir ja auch beim Zerkauen der Probe diese Probe zerstören. Deshalb machen wir das gleiche auch bei der instrumentellen Messung,
erklärt Conde. Ähnliche Experimente macht sie mit Brot, Nudeln und anderen Lebensmitteln. Um endlich objektive Daten für die menschlichen Gaumenfreuden zu erhalten. Denn nur das, was die Forscher sicher charakterisieren können, lässt sich später auch beeinflussen. Die Knackigkeit eines Apfels beispielsweise durch die Lagerhaltung. Oder die Kremigkeit von Speiseeis durch die gezielte mechanische Veränderung der vorhandenen Inhaltsstoffe. Erich Windhab von der ETH Zürich:
Diese Mikrostrukturen, die im Vordergrund stehen bei der Eiscreme, sind erst mal sogenannte disperse Strukturen, also man kann sich das als teilchenförmige Strukturen vorstellen, und das sind Eiskristalle, das sind Gasbläschen, Luftbläschen. Eiscreme ist ein Schaum, die Hälfte des Volumens der Eiscreme besteht aus eingeschlagener, in feinen Bläschen festgelegter Luft - und die dritten dispersen Bestandteile sind, zumindest bei Eiscreme, wo Milchbestanteile mit drin sind, so genannte Fettglobule, Fettkügelchen, das Milchfett ist in feiner Kügelchenform da drin.
Hinzu kommt noch eine wässrige Lösung aus Milchproteinen, Verdickungsmitteln und Emulgatoren. Eine komplizierte Mischung, die noch lange keine Eiscreme ist. Sie muss abkühlen, wobei sich die wässrigen Bestandteile an den Proteinen und anderen Teilchen ablagern. Dort bilden sie Kristalle. Kleine Tröpfchen verschwinden und sammeln sich an den großen Tropfen. Dabei entstehen immer größere Eiskristalle, ähnlich wie bei altem Schnee. Erich Windhab:
Und die meisten Leute, die schon mal so leicht aufgetautes und wieder eingefrorenes Eis gegessen haben, wissen, da hat man dann solche Eiskristalle zwischen Zunge und Gaumen und spürt die Eisigkeit, die Rauhigkeit, die natürlich auch damit verbunden ist und dann ist eigentlich die Akzeptanz für diese Eiscreme nicht mehr gegeben.
Windhab suchte nach einer Lösung des Problems und wurde fündig. Wenn die großen Tropfen bei der Eiscreme-Produktion auf bestimmte Weise gedehnt werden, zerplatzen sie in viele kleine Tröpfchen. Die Eiskristalle bleiben am Ende kleiner und die kühle Speise wird kremiger. Ganz ohne irgendwelche Chemikalien, die den Verbraucher nur wieder verunsichern würden. Anne-Marie Hermanansson vom Swedish Insitute for Food and Biotechnology in Göteborg.
Die Forschung interessiert sich immer weniger dafür, welche Zusatzstoffe wir in die Lebensmittel geben können. Wenn man die Strukturen der Lebensmittel kennt, kann man dieselben Eigenschaften auch ohne Zusatzstoffe erreichen. Und wenn wir maßgeschneiderte Prozesse für die Strukturbildung haben, brauchen wir beispielsweise keine Stabilisatoren. Wenn wir besser produzieren, brauchen wir weniger Zusatzstoffe und bekommen viel gesündere Lebensmittel.