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Forschen nach der Mars-Uhr

Planetologie. - An der Entdeckung von Spuren ehemaligen Wassers auf dem Mars waren Messinstrumente beteiligt, die am Max-Planck-Institut für Chemie in Mainz entwickelt wurden. Mainzer Wissenschaftler werten auch die Messergebnisse der aktuellen Mission aus. Rudolf Rieder ist ein Entwickler des so genannten APXS-Spektrometers, das derzeit für die NASA auf dem Roten Planeten schnüffelt. Gerd Pasch hat mit dem Wissenschaftler gesprochen, dessen Arbeit sich nach der Mars-Uhr richten muss.

03.03.2004
    Rudolf Rieder: Wir sind dazu gezwungen, uns nach der Zeit auf dem Mars zu richten. Die Mars-Uhr geht pro Tag um etwa eine Dreiviertelstunde nach, und das bedeutet: Wenn man sich nach der Sonnenzeit auf dem Mars richten will, dann muss man sich halt hier auf der Erde jeden Tag eine Dreiviertelstunde bewegen. Damit verschiebt sich die Arbeitszeit über einen längeren Zeitraum von früh am Morgen bis spät am Nachmittag.

    Pasch: Ihr Interesse gilt aber den Daten, die aus dem APXS-Spektrometer und auch aus MI, aus dem zweiten in Mainz gebauten Messgerät auf dem Marsrover stammen. Wie haben Sie denn die Daten empfunden, die jetzt kamen?

    Rieder: Zunächst gab es keine großen Überraschungen, denn die ersten Messungen wurden am Boden vorgenommen. Und da haben wir eigentlich nur das bestätigt bekommen, was wir schon 1997 bei der Pathfinder-Mission vermutet hatten: Dass nämlich der Boden, der im wesentlichen aus feinkörnigem Sand besteht, ein sehr gut durchmischtes Produkt ist, das offenbar auf dem ganzen Mars, zumindest den mittleren Breiten, sehr gut gleichmäßig verteilt wird. Aber dann wurde es etwas spannender, als wir das erste steinartige Gebilde anfuhren, auf Meridiani war das ein Stein namens "Robert E". Da haben wir das erste Mal gesehen, dass darin eine sehr hohe Schwefelkonzentration vorherrscht - viel mehr, als in den Böden vorhanden ist. Wie man einen solchen Stein erzeugt, das war uns damals noch nicht so ganz klar. Es stellte sich dann aber relativ schnell heraus: Es geht eigentlich nur, wenn Wasser, das mit Schwefel angereichert ist, in Form von Schwefeliger oder Schwefelsäure, lange Zeit auf Steine einwirkt. Dann lösen sich die nämlich in dem Zeug auf, und wenn das Wasser dann wieder verdunstet, dann fallen sie wiederum in Form von Sulfaten aus. Dann bekommt man solche Zusammensetzungen.

    Pasch: Das ist ja, so sagt die NASA, ein eindeutiger Beweis für Wasser auf dem Mars, Wasser, das es ja in vielen Formen auch im Kosmos an anderer Stelle gibt. Ist das denn auch ein klarer, eindeutiger Beweis für Leben, das man ja auch auf dem Mars vermutet?

    Rieder: Für Leben ist es überhaupt kein Beweis. Diese Funde sind ein so starkes Indiz dafür, dass dort einmal Wasser gewesen ist, dass ich sagen würde, wir sind sehr nahe an 100 Prozent. Das heißt, wir haben zeigen können, dass eine der notwendigen Voraussetzungen für die Entstehung von Leben - wenn es sich um Leben handelt, das sich ähnlich wie auf der Erde verhält - da war: Es gab flüssiges Wasser. Ob diese Voraussetzung schon ausreicht, dass sich dann auf dem Mars auch tatsächlich Leben herausgebildet hat, ist eine andere Frage. Da kommt es dann darauf an, wie lange dieses Wasser vorhanden war, welche sonstigen Bedingungen geherrscht haben. Da sind die Fragen weiterhin offen. Nur konnten wir in diesem Experiment im wesentlichen zeigen, dass es einen Sinn hat, weiter nach Leben zu suchen.

    Pasch: Wie geht es denn konkret weiter für die Erkundung am Marsboden?

    Rieder: Wie es weitergeht, hängt davon ab, ob die NASA tatsächlich ein erweiterte, verlängerte Mission finanzieren kann und will. Zunächst die Primärmission wäre bei Spirit etwa Ende April vorbei, bei Opportunity etwa einen Monat später. Mit der Marserkundung selber wird es wohl so weitergehen, dass man versucht, die nächste interessante Stelle anzusehen und dort ebenfalls Fotos, Spektren, Messungen mit unseren beiden Instrumenten zu machen, eventuell auch ein interessante Objekt anzubohren und auch die mechanische Vorbereitung zu machen und dann zu sehen, was es da Neues gibt. Denn vor Überraschungen ist man nie gefeit.