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Forscher: Sichere CO2-Speicherung möglich

Reinhard Hüttl, Präsident der Deutschen Akademie der Technikwissenschaften, beschreibt, dass der CO2-Ausstoß in der Atmosphäre weiter dramatisch zunimmt. "Man muss eben einfach entscheiden, ob in Zukunft diese Anteile von CO2 weiter in der Atmosphäre gelagert werden. Oder ob wir sie geologisch speichern können."

Reinhard Hüttl im Gespräch mit Georg Ehring | 29.06.2012
    Georg Ehring: Für viele Umweltorganisationen ist es ein fauler Kompromiss: Das Gesetz zur Speicherung von Kohlendioxid im Boden blende die Risiken dieser Technologie aus, kritisierte der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND). Die betroffenen Bundesländer müssten die CO2-Speicherung auf ihrem Gelände jetzt zügig verbieten. Schleswig-Holstein hat dies auch schon angekündigt. CCS, also Carbone Capture and Storage, Abfangen und Lagern von Kohlenstoff, heißt die Technologie.

    - Professor Reinhard Hüttl, Präsident der Deutschen Akademie für Technikwissenschaften, ist jetzt am Telefon. Guten Tag, Herr Professor Hüttl.

    Reinhard Hüttl: Guten Tag.

    Ehring: Wie weit ist diese Option denn? Ist sie schon serienreif aus Ihrer Sicht?

    Hüttl: Also, wir sind im Bereich der Forschung in Deutschland gut unterwegs. Wir gehören zu den Technologieführern – das ist beispielsweise die Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe und das von mir geleitete Deutsche Geoforschungszentrum in Potsdam. Dort geht es um die Beobachtung von injiziertem, also eingebrachtem CO2 in geologische Schichten. Vor allem eben um Fragen, was sind die Wirkungen dieser Injektionen in diesen Speicherschichten tief in der Erde und wie verhält sich dies im Laufe der Zeit.

    Ehring: Kann man das CO2 denn zuverlässig im Boden halten? Was sind da Ihre Ergebnisse?

    Hüttl: Wenn man von der Natur ausgeht und beispielsweise Gaslagerstätten oder auch natürliche CO2-Lagerstätten anschaut, dann lässt sich dies daraus eindeutig ableiten, dass das funktionieren kann. Wir wissen aber auch aus der Natur, dass es Möglichkeiten gibt, dass natürliches CO2 austritt und auch Gas austritt. Also, wir können aus dieser sozusagen naturgegebenen Situation lernen und eben solche geologischen Verhältnisse auswählen, die eine sichere Lagerung ermöglichen. Und wir haben eben heute technische Möglichkeiten, geophysikalische, geochemische, zum Teil auch geomikrobiologische Methoden, um zu beobachten, was tatsächlich passiert, wenn wir CO2 in diese Schichten injizieren oder entsprechend einpressen.

    Ehring: Wo liegen denn geeignete Lagerstätten in Deutschland und was ist das für ein Untergrund?

    Hüttl: Das sind verschiedene Möglichkeiten. Einmal kann man sogenannte Saline Aquifere nehmen – das sind poröse Gesteine, Sandsteine zum Beispiel, die mit Salzwasser in der Regel gefüllt sind -, dort kann man injizieren, wenn sich darüber Deckschichten befinden, die nicht von dem CO2 penetriert oder durchdrungen werden können. Wir können aber auch alte, ausgeförderte oder teilweise ausgeförderte Erdöl- und insbesondere Erdgaslagerstätten nutzen und dieses Volumen, das früher mit Gas gefüllt war, jetzt mit CO2 füllen. Das sind Möglichkeiten. Es gibt aber auch im marinen Bereich, also im Meer, die Möglichkeit, am Untergrund - theoretisch jedenfalls - CO2 zu speichern.

    Ehring: Das hat ja Bedeutung für den Klimaschutz. Wie ist denn die Bedeutung weltweit und bei uns zu bewerten aus Ihrer Sicht?

    Hüttl: Wir haben leider, trotz langjähriger Verhandlungen, im Klimaschutz die Situation, dass die CO2-Konzentrationen in der Atmosphäre dramatisch ansteigen. Und zwar schneller, als das eigentlich die schlimmsten Szenarien und Erwartungen uns gezeigt hatten. Wir sind im Moment bei über 31 Milliarden Tonnen CO2-Emissionen pro Jahr. Und die Frage ist, wie gehen wir damit um. Eine Möglichkeit wäre eben, CO2 im Untergrund zu speichern. Und wir wollen, nachdem wir nun Erfahrungen gesammelt haben im Bereich der Pilotstudien, jetzt, wenn es denn zur Umsetzung kommen soll, dann in einem Maßstab forschen, der erlaubt, dies im industriellen Kontext umzusetzen.

    Ehring: Glauben Sie denn, dass das jetzt auch in Deutschland ausprobiert wird? Die Widerstände sind ja beträchtlich und Vattenfall hat zum Beispiel seinen Plan für ein Kraftwerk in Jänschwalde gestoppt.

    Hüttl: Ob das in Deutschland zur Umsetzung kommt, kann ich nicht einschätzen. Es muss ja auch erst noch mal der Bundesrat zustimmen zu diesem Gesetz. Ich denke, dass wir im Bereich Forschung vorankommen werden. Ob das nun in Deutschland ist oder in Europa oder anderswo in der Welt, ist für die Forschung an der Stelle nicht so entscheidend. Aber am Ende ist natürlich die Akzeptanz notwendig in der Bevölkerung für solche Maßnahmen. Man muss eben einfach entscheiden, ob in Zukunft diese Anteile von CO2 weiter in der Atmosphäre gelagert werden. Oder ob wir sie geologisch speichern können, denn die Nutzung der fossilen Energieträger, Kohle, Gas, Öl, nimmt trotz aller unserer auch Warnungen international weiter zu. Und zwar sogar dramatisch.

    Ehring: Reinhard Hüttl, Präsident der Deutschen Akademie für Technikwissenschaften. Herzlichen Dank!

    Hüttl: Bitte schön!

    Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Deutschlandradio macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.

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