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Forschologicum
Rheinischer Frohsinn in Wissenschaft

Die rheinischen Metropolen Düsseldorf, Köln und Bonn sind nicht nur Karnevalshochburgen, sondern auch Standorte bedeutender Hochschulen. In Bonn führt das "Forschologicum" beide Traditionen zusammen: eine Karnevalssitzung aus der Welt der Wissenschaft, die schon zum 16. Mal stattgefunden hat.

Von Stephan Beuting | 02.02.2016
    Eine Wissenschaftlerin stellt eine Petrischale ab
    Wissenschaften sind ergebnisorientiert. Anders das "Forschologicum" , das den rheinischen Frohsinn für Wissenschafts-Insider fördert. (imago / Westend61)
    Georg Scholl: "Wir klären mal, für alle leichtverständlich, was Flüchtlinge, Andrea Nahles und die deutschen Forschungsorganisationen miteinander zu tun haben, plus Gang-Bang in Köln."
    Im normalen Leben ist Georg Scholl Pressesprecher der Alexander von Humboldt-Stiftung. Er ist wie viele andere zu ausgewogenem Sprech- und political correctness erzogen. Und zusammen mit seinem Partner, Andreas Archut von der Uni Bonn genießt er es sichtlich, heute mal ungezogen zu sein.
    "Es wird explosiv, es wird explosiv."
    Zielsetzung - Förderung des rheinischen Frohsinns
    "Es gibt Größen im Bereich Witz und es gibt Größen im Bereich Wissenschaft. Wo, gibt's da überhaupt 'ne Schnittmenge und wenn ja, wie groß ist die?"
    "Tja das müssen Sie halt mal heute Abend sehen. Die Frage müssen Sie sich selbst beantworten."
    Gut, versuchen wir es mal. Die erste halbe Stunde zieht sich da leider in dieser Hinsicht. Die Wissenschaftsmanager Christian Bode in der Rolle eines alten Universitätspräsidenten und Rolf Hoffmann starten mit einer Vereinsgründung. Christian Bode:
    "Ja, ich werde jetzt hier gemeinsam mit dem Auditorium die Gründungsveranstaltung des Vereins zur Förderung abhalten. Das ist ein Verein, der alles was überhaupt gefördert wird zusammenfasst. Und zwar fördern wir hauptsächlich den rheinischen Frohsinn."
    Casting-Show für Forschungsbetreibende und Insider
    Die Vereinssitzung ist die Rahmenhandlung, die einzelnen Beiträge des Abends also Teile dieser Casting-Show. Wer gefördert werden will, der muss hier überzeugen und zwischendurch passiert das auch. Als Georg Scholl und Andreas Archut, der Pressesprecher der Uni Bonn die Flüchtlingsdebatte auf das Schicksal der Nachwuchsforscher übertragen:
    "Aber selbst wenn die alle zum DAAD gehen könnten, wie sollen die sich denn bei uns hier in Bonn integrieren. Viele von denen wissen ja nicht einmal sich zu verständigen. Ist viel verlangt, nach all den Jahren Massenhaltung in Laboratorien und Bibliotheken, da kommen die in Freiheit natürlich nicht richtig klar. Sie lachen, es ist dramatisch. Auf der Kennedyallee ist jetzt das erste Notaufnahmelager für Nachwuchsforscher eingerichtet worden."
    Das Publikum ist fair und stützt auch mal durch schwächere Phasen. Auf einmal passt das Timing. Lacher und Szenenapplaus funktionieren auch ganz ohne Tusch. Gerade hier merke ich aber: Ich bin eben nicht der Maßstab.
    Wintermantel: "Nein es ist schon sehr speziell auf die Wissenschaftsorganisationen zugeschnitten. Und natürlich werden Anspielungen gemacht, die nur intern verstanden werden."
    So jemand wie Margret Wintermantel, Präsidentin des Deutschen akademischen Austauschdienstes und früher Präsidentin der Hochschulrektorenkonferenz, versteht natürlich jeden Seitenhieb. Gut für die Mischung und für mich, dass der Magier Tom Bennett an zwei Stellen im Programm völlig bildungsfern was zaubert. Und einfach nur exzellent, wie Tenor Christoph Scheeben den Raum füllt.
    Was mich an dem Abend wirklich wundert: Die Exzellenzinitiative selbst, das bildungspolitische Thema dieser Tage, es spielt so gut wie keine Rolle. Scholl:
    "Sie haben ja die Veranstaltung verfolgt, es gibt hier keinen Exzellenzdruck."
    Grundsätzlich ist das ja schlau, sich wenigsten beim Karneval nicht dem Wettbewerb zu opfern. Nicht jetzt hier auch noch Witz- und Spaß-Elite sein müssen. Doch Georg Scholl glaubt nicht, dass das eine wirklich bewusste Entscheidung war:
    "Exzellenzinitiative ist ein Dauerthema, aber dass es jetzt entscheidend wird, das war erst letzte Woche. Amateure schreiben nicht von letzter Woche auf heute ihre Rede um. Also Exzellenz-Ini, da müssen Sie nächstes Jahr wiederkommen, dann ist das bestimmt Thema."