" Diese Problemlage der Verschiebung von Aktivitäten immer mehr in Richtung von vermarktungsfähigen Events und Betriebsamkeit anstelle von substantiell erarbeiteter Forschung und darauf aufbauenden Ausstellungen, schien uns eine Problemlage zu sein, die wirklich mal auch im internationalem Rahmen diskutiert werden sollte. "
Wilhelm Krull, Generaldirektor der Volkswagenstiftung, die bereits seit den 70er Jahren auch in Forschung an Museen investiert. Aber die Forschungsleistungen werden in den Museen selbst immer weniger wertgeschätzt. Es geht für viele Verantwortliche nur noch vorwiegend um Präsentation und Wirtschaftlichkeit. Professor Bernhard Graf, Leiter des Instituts für Museumsforschung:
" Ein wesentliches Defizit dabei ist tatsächlich, dass Forschung hinter den Kulissen, dass Sammlungserhaltung, dass Erschließung, dass Inventarisierung und Dokumentation in den letzten Jahrzehnten muss man sagen, stiefmütterlich behandelt wurden und erst unter neuem Fokus, neuen Fragestellungen, wissenschaftlich stärker in den Blick kommen. "
Auch kaum ein Museumsbesucher ahnt heutzutage, dass hinter den modernen Ausstellungsräumen nicht nur staubige Regale stehen sondern mitunter modernste Labore, in denen die Sammlungen erforscht werden - wenn denn Zeit, Geld und Personal dafür bereitgestellt wird.
" Wir haben in den letzten Jahren vielleicht zu wenig davon gesprochen, wir haben uns zu sehr gesonnt in den Erfolgsmeldungen, wieder neue Rekordzahlen, Besucherzahlen zu haben. Aber ich denke, jetzt geht es um das Eingemachte, um das Wichtige, um die Säulen unserer eigenen Identität. Hier geht es um Forschung, und ich denke Museen sind unbestritten Orte, in denen eine hoch bedeutende Forschung geleistet wird. "
Wissenschaftliche Forschung beginnt schon beim ersten Ordnen und Sortieren der Sammlungsobjekte, so Volker Rodekamp, Direktor am Stadtgeschichtlichen Museum Leipzig
" Natürlich beginnt es mit der Dokumentation, mit dem wissenschaftlich exakt begründeten Ausweis jedes einzelnen Sammlungsstücks. ... Das ist die erste Voraussetzung, auf der man überhaupt eine vernünftige museologische Arbeit gründen kann: das ist das Wissen um die Herkunft der Dinge. Das heißt, es geht uns ja nicht um die Dinge allein, sondern um die kulturhistorische, naturwissenschaftliche, erkenntnistheoretische Bedeutung, die über die Dinge hinausragen. "
Aber dabei bleibt es nicht. Die Vertreter unterschiedlichster Museumseinrichtungen - von historischen, naturkundlichen oder ethnologischen Museen über Gemäldegalerien bis hin zu Freilichtmuseen - nutzen die Fachtagung in Berlin zu einer Bestandsaufnahme der Dimensionen von Forschung hinter den Ausstellungen. Da geht es um konservatorische Forschung, Materialforschung, Herkunftsanalysen, Altersbestimmung, aber auch um systematische Einordnung oder Besucherforschung und vieles mehr. Aber weil die öffentliche Wahrnehmung dieser Forschungsleistungen schwindet, schwindet auch die finanzielle Unterstützung der öffentlichen Hand und konzentriert sich nur noch auf wenige ausgewiesene Museen. Professor Hermann Parzinger, Präsident des Deutschen Archäologischen Instituts.
" Es ist so, dass als Forschungsmuseum im Grunde die anerkannt werden, die in der Leibniz-Gemeinschaft enthalten sind. Die anderen streng genommen eigentlich nicht. Was bei den staatlichen Museen zu Berlin für sich schon ein Widerspruch ist, denn die staatlichen Museen sind, (...) Vollmitglied der deutschen Forschungsgemeinschaft. Also man sieht schon, dass das etwas widersinnig ist. Und ich glaub, das ist ein Thema, (...) das muss man angehen und einfach auch versuchen zu definieren, wie groß die Bereiche in den verschiedenen Museen von dem, was man von ihnen verlangt, von dem, was sie selber wollen, was sie leisten wollen, welchen Anteil dort die Forschung einnehmen soll. "
Wo beginnt Forschung im Museum? Wo beginnt Vermittlung? Gehören Ausstellungen zur Forschungsleistung dazu oder nicht? Ja, lautete die Antwort, wenn man es richtig mache und bei der Wahl der Ausstellungsthemen auch das Vermitteln von Forschungsergebnissen berücksichtigt.
" Die Erfahrungen zeigen sehr gut, dass es keinesfalls so ist, dass zu wissenschaftlich, zu wissenschaftliche Themen weniger angenommen werden. Das Ideale ist immer, dass es Ergebnisse neuerer Forschungen sind, und neuere Forschung ist ja immer etwas, was man den Menschen, den Besuchern, der Öffentlichkeit erzählen will. Und dass das aber auch ansprechend, nicht nur für einen engeren Bereich von Fachkollegen ist - das wäre völlig verfehlt als Museumspolitik - aber doch für einen großen Bereich der Öffentlichkeit einfach verständlich und interessierend dargebracht wird. "
Eine neue "In-Wert-Setzung" brauche man, so hieß es immer wieder unter den Fachkollegen, ein neues Bewusstsein für den Wert der Forschungsleistung in den Sammlungen, denn sonst grabe man sich selbst das Wasser ab. Und selbstkritisch wurde angemerkt, dass man dieses fehlende Bewusstsein in der Öffentlichkeit verschuldet habe und nun auch aktiv dafür sorgen müsse, dieses Informationsdefizit auszugleichen. Hermann Parzinger nennt drei Faktoren, von denen eine zukünftige Erfolgsgeschichte der Museen als Forschungseinrichtungen abhängt:
" Der erste Faktor ist, dass die Museen aus ihren Sammlungsbeständen heraus attraktive Forschungsthemen entwickeln, die die Forschungslandschaft, die im Wesentlichen sonst von Universitäten und universitären anderen Einrichtungen bestimmt wird, optimal ergänzt. Das zweite ist, dass es auch spezielle Förderprogramme gibt, die Forschungsmuseen oder grundsätzlich Museen, wenn sie Forschung betreiben wollen, offen stehen und diesen Bereich fördern. (...) Und der dritte wichtige Punkt ist, dass man Möglichkeiten schafft bei den Museen wirklich zu einem flexibleren Personalkonzept, dass man nach Hochschulrahmengesetz Wissenschaftler für 5,6 Jahre Projekt bezogen anstellen kann, dass man auch Doktorandenstellen schaffen kann, dass ist alles noch nicht in dem Maße möglich, wie es eigentlich möglich sein müsste. "
Hier sieht auch die Volkswagenstiftung zukünftige Förderungsmöglichkeiten. Wilhelm Krull:
" Ich denke dass ein Aspekt mit Sicherheit sein wird, den wissenschaftlichen Nachwuchs nach der Promotion zu fördern und zu versuchen, hier auch Karrierechancen zu eröffnen. Ich denke, dass es dann vor allem darauf ankommen wird unter dem Aspekt Profilbildung, Vernetzung und Kooperation den kommunalen und Landesmuseen eine neue Chance zu eröffnen, sich internatonal wieder in die Forschung einzubringen. ....Beispielsweise das Silbermuseum in Arieplog, in Nordschweden, das durch geschickte Kombination der eigenen Kompetenz mit naturwissenschaftlich technischer Kompetenz aus der Universität Ümö es sogar schafft, Publikationen in Science oder Nature zu haben. "
Rodekamp: " Die Museen sollten raus aus ihrer selbst gewählten Isolation. Auch kleine Museen können Forschungsnetze entwickeln auf regionaler Ebene. Das muss nicht immer nur unbedingt eine universitär geschützte Forschung sein, sondern hier können sehr kenntnisreiche Menschen im Verbund miteinander sehr viel Licht in das Dunkel von Museumssammlungen bringen. "
Perspektiven für die Forschung an Museen, die im internationalen Vergleich derzeit schlecht wegkommt, wollte die Fachtagung aufzeigen und das, so scheint es, ist auch gelungen. Volker Rodekamp.
" Ich denke, wir sind einen ersten Schritt vorangekommen, wir werden auf die Dimension von Forschung im Museum als Grundlage jedweder Museumsarbeit aufmerksam machen und dies auch öffentlich vermitteln. "
Wilhelm Krull, Generaldirektor der Volkswagenstiftung, die bereits seit den 70er Jahren auch in Forschung an Museen investiert. Aber die Forschungsleistungen werden in den Museen selbst immer weniger wertgeschätzt. Es geht für viele Verantwortliche nur noch vorwiegend um Präsentation und Wirtschaftlichkeit. Professor Bernhard Graf, Leiter des Instituts für Museumsforschung:
" Ein wesentliches Defizit dabei ist tatsächlich, dass Forschung hinter den Kulissen, dass Sammlungserhaltung, dass Erschließung, dass Inventarisierung und Dokumentation in den letzten Jahrzehnten muss man sagen, stiefmütterlich behandelt wurden und erst unter neuem Fokus, neuen Fragestellungen, wissenschaftlich stärker in den Blick kommen. "
Auch kaum ein Museumsbesucher ahnt heutzutage, dass hinter den modernen Ausstellungsräumen nicht nur staubige Regale stehen sondern mitunter modernste Labore, in denen die Sammlungen erforscht werden - wenn denn Zeit, Geld und Personal dafür bereitgestellt wird.
" Wir haben in den letzten Jahren vielleicht zu wenig davon gesprochen, wir haben uns zu sehr gesonnt in den Erfolgsmeldungen, wieder neue Rekordzahlen, Besucherzahlen zu haben. Aber ich denke, jetzt geht es um das Eingemachte, um das Wichtige, um die Säulen unserer eigenen Identität. Hier geht es um Forschung, und ich denke Museen sind unbestritten Orte, in denen eine hoch bedeutende Forschung geleistet wird. "
Wissenschaftliche Forschung beginnt schon beim ersten Ordnen und Sortieren der Sammlungsobjekte, so Volker Rodekamp, Direktor am Stadtgeschichtlichen Museum Leipzig
" Natürlich beginnt es mit der Dokumentation, mit dem wissenschaftlich exakt begründeten Ausweis jedes einzelnen Sammlungsstücks. ... Das ist die erste Voraussetzung, auf der man überhaupt eine vernünftige museologische Arbeit gründen kann: das ist das Wissen um die Herkunft der Dinge. Das heißt, es geht uns ja nicht um die Dinge allein, sondern um die kulturhistorische, naturwissenschaftliche, erkenntnistheoretische Bedeutung, die über die Dinge hinausragen. "
Aber dabei bleibt es nicht. Die Vertreter unterschiedlichster Museumseinrichtungen - von historischen, naturkundlichen oder ethnologischen Museen über Gemäldegalerien bis hin zu Freilichtmuseen - nutzen die Fachtagung in Berlin zu einer Bestandsaufnahme der Dimensionen von Forschung hinter den Ausstellungen. Da geht es um konservatorische Forschung, Materialforschung, Herkunftsanalysen, Altersbestimmung, aber auch um systematische Einordnung oder Besucherforschung und vieles mehr. Aber weil die öffentliche Wahrnehmung dieser Forschungsleistungen schwindet, schwindet auch die finanzielle Unterstützung der öffentlichen Hand und konzentriert sich nur noch auf wenige ausgewiesene Museen. Professor Hermann Parzinger, Präsident des Deutschen Archäologischen Instituts.
" Es ist so, dass als Forschungsmuseum im Grunde die anerkannt werden, die in der Leibniz-Gemeinschaft enthalten sind. Die anderen streng genommen eigentlich nicht. Was bei den staatlichen Museen zu Berlin für sich schon ein Widerspruch ist, denn die staatlichen Museen sind, (...) Vollmitglied der deutschen Forschungsgemeinschaft. Also man sieht schon, dass das etwas widersinnig ist. Und ich glaub, das ist ein Thema, (...) das muss man angehen und einfach auch versuchen zu definieren, wie groß die Bereiche in den verschiedenen Museen von dem, was man von ihnen verlangt, von dem, was sie selber wollen, was sie leisten wollen, welchen Anteil dort die Forschung einnehmen soll. "
Wo beginnt Forschung im Museum? Wo beginnt Vermittlung? Gehören Ausstellungen zur Forschungsleistung dazu oder nicht? Ja, lautete die Antwort, wenn man es richtig mache und bei der Wahl der Ausstellungsthemen auch das Vermitteln von Forschungsergebnissen berücksichtigt.
" Die Erfahrungen zeigen sehr gut, dass es keinesfalls so ist, dass zu wissenschaftlich, zu wissenschaftliche Themen weniger angenommen werden. Das Ideale ist immer, dass es Ergebnisse neuerer Forschungen sind, und neuere Forschung ist ja immer etwas, was man den Menschen, den Besuchern, der Öffentlichkeit erzählen will. Und dass das aber auch ansprechend, nicht nur für einen engeren Bereich von Fachkollegen ist - das wäre völlig verfehlt als Museumspolitik - aber doch für einen großen Bereich der Öffentlichkeit einfach verständlich und interessierend dargebracht wird. "
Eine neue "In-Wert-Setzung" brauche man, so hieß es immer wieder unter den Fachkollegen, ein neues Bewusstsein für den Wert der Forschungsleistung in den Sammlungen, denn sonst grabe man sich selbst das Wasser ab. Und selbstkritisch wurde angemerkt, dass man dieses fehlende Bewusstsein in der Öffentlichkeit verschuldet habe und nun auch aktiv dafür sorgen müsse, dieses Informationsdefizit auszugleichen. Hermann Parzinger nennt drei Faktoren, von denen eine zukünftige Erfolgsgeschichte der Museen als Forschungseinrichtungen abhängt:
" Der erste Faktor ist, dass die Museen aus ihren Sammlungsbeständen heraus attraktive Forschungsthemen entwickeln, die die Forschungslandschaft, die im Wesentlichen sonst von Universitäten und universitären anderen Einrichtungen bestimmt wird, optimal ergänzt. Das zweite ist, dass es auch spezielle Förderprogramme gibt, die Forschungsmuseen oder grundsätzlich Museen, wenn sie Forschung betreiben wollen, offen stehen und diesen Bereich fördern. (...) Und der dritte wichtige Punkt ist, dass man Möglichkeiten schafft bei den Museen wirklich zu einem flexibleren Personalkonzept, dass man nach Hochschulrahmengesetz Wissenschaftler für 5,6 Jahre Projekt bezogen anstellen kann, dass man auch Doktorandenstellen schaffen kann, dass ist alles noch nicht in dem Maße möglich, wie es eigentlich möglich sein müsste. "
Hier sieht auch die Volkswagenstiftung zukünftige Förderungsmöglichkeiten. Wilhelm Krull:
" Ich denke dass ein Aspekt mit Sicherheit sein wird, den wissenschaftlichen Nachwuchs nach der Promotion zu fördern und zu versuchen, hier auch Karrierechancen zu eröffnen. Ich denke, dass es dann vor allem darauf ankommen wird unter dem Aspekt Profilbildung, Vernetzung und Kooperation den kommunalen und Landesmuseen eine neue Chance zu eröffnen, sich internatonal wieder in die Forschung einzubringen. ....Beispielsweise das Silbermuseum in Arieplog, in Nordschweden, das durch geschickte Kombination der eigenen Kompetenz mit naturwissenschaftlich technischer Kompetenz aus der Universität Ümö es sogar schafft, Publikationen in Science oder Nature zu haben. "
Rodekamp: " Die Museen sollten raus aus ihrer selbst gewählten Isolation. Auch kleine Museen können Forschungsnetze entwickeln auf regionaler Ebene. Das muss nicht immer nur unbedingt eine universitär geschützte Forschung sein, sondern hier können sehr kenntnisreiche Menschen im Verbund miteinander sehr viel Licht in das Dunkel von Museumssammlungen bringen. "
Perspektiven für die Forschung an Museen, die im internationalen Vergleich derzeit schlecht wegkommt, wollte die Fachtagung aufzeigen und das, so scheint es, ist auch gelungen. Volker Rodekamp.
" Ich denke, wir sind einen ersten Schritt vorangekommen, wir werden auf die Dimension von Forschung im Museum als Grundlage jedweder Museumsarbeit aufmerksam machen und dies auch öffentlich vermitteln. "