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Forschungsarbeiten nicht nur für die Schublade

Jeder, der studiert hat, kennt das: Monatelang wird gelesen, gerechnet und geschrieben – und dann landet die Diplom- oder Magisterarbeit im Institutsschrank. Landet dort und verstaubt. Besonders ärgerlich ist dies, wenn Studierende wirklich neue Forschungsergebnisse präsentiert haben. Weg mit dem Staub! – fordern nun junge Verkehrswissenschaftler der TU Berlin und stellen alle Diplomarbeiten ihres Fachbereichs ins Internet. Und zwar kostenlos.

Von Jens Rossbach |
    Was den Bereich Verkehrswissenschaften besonders hervorhebt gegenüber andern Forschungsbereichen ist, dass es sich dabei um interdisziplinäre Forschungen handelt. Das heißt, hier sind viele, hier sind Ingenieurwissenschaftler, Juristen zum Teil, Psychologen. Das heißt, diese Vielfalt macht es manchmal schwierig, über verschiedene disziplinarische Arbeiten zu recherchieren und das zusammen zu führen in einem Verkehrsbereich, wo das alles zusammenkommt, das ist eigentlich Ziel und Sinn von jungeswissen.de.

    Thomas Fabian veröffentlicht studentische Arbeiten im Internet, Arbeiten über den Straßen-, Schienen-, See- und Luftverkehr. Zwar gibt es bereits Datenbanken für Diplomarbeiten im Netz, wie etwa diplom.de. Aber eine spezielle Kategorie "Verkehr" sucht man dort vergebens. Außerdem kostet die Lektüre einer solchen Untersuchung auf kommerziellen Seiten bis zu 300 Euro. Fabian und andere wissenschaftliche Mitarbeiter der TU Berlin wollen dagegen freie Fahrt für alle Verkehrs-Experten.

    Wir haben kein kommerzielles Interesse, das mit der Entwicklung von jungeswissen.de verbunden ist.

    Also im Moment bin ich gerade dabei, meine Studienarbeit abzuschließen zu einem hochrelevanten Thema im Moment, welches da lautet: City-Maut in Deutschland und ich werde auch auf jeden Fall die Arbeit nicht nur in Papierform abgeben, sondern auch in einer Woche ist der Abgabetermin, werde ich sie dann auch ins Netz stellen.

    Florian Dorozalla ist 23 Jahre alt, studiert Wirtschaftsingenieurwesen und hofft mithilfe der neuen Homepage beruflich "durchzustarten".

    Ich verspreche mir natürlich davon, dass potentielle Arbeitgeber auf mich, auf meine Forschungsergebnisse aufmerksam werden. Potentielle Kandidaten aus der Wirtschaft, sprich: keine Forschungsunternehmen, sondern durchaus bekannte Namen aus der Automobil- und Automobil-Zulieferer-Industrie.

    Ja, einfach ins Internet unter jungeswissen.de. Gibt’s ein Menü, gibt’s mehrere Möglichkeiten, wo Sie nach verschiedenen Suchbegriffen recherchieren können. Was Sie dann als Ergebnis rausbekommen, ist eine Liste und eine kurze Auflistung von Arbeiten, in denen diese Stichworte auftauchen und Sie haben dann die Möglichkeit, sich nähere Informationen zu diesen einzelnen Arbeiten anzuschauen: das Inhaltsverzeichnis, das Abstract, den Autor und je nachdem wie das von den Autoren selber eingestellt worden ist, haben Sie die Möglichkeit, Kontakt unmittelbar zu dem Autor der Arbeit herzustellen.

    Inhaltsverzeichnis, Zusammenfassung, Adresse: Die Studien- und Diplomarbeiten werden nicht komplett ins Netz gestellt. Thomas Sauter-Servaes, Nachwuchsforscher und Mitbegründer der Datenbank, will verhindern, dass Textpassagen einfach raubkopiert werden.

    Wir beschränken uns auf die Meta-Daten und stellen keine Volltexte ein, weil wir den Studenten selber die Möglichkeit geben wollen zu entscheiden, wem und zu welchen Konditionen sie ihre Arbeiten geben.

    Jungeswissen.de erobert in zweifacher Hinsicht Neuland: Die Studierenden können nicht nur den Wert ihrer Untersuchungen mit potentiellen Interessenten selbst aushandeln, sie können die Arbeiten auch eigenhändig – von zu Hause aus - auf die Homepage hieven. Allerdings müssen die Datenbank-Betreuer sie dann noch frei schalten.
    Wir wollen keinerlei Qualitätsschranke einführen, sozusagen Arbeiten, die uns nicht wertvoll erscheinen, fliegen wieder raus. Es geht uns nur darum, zu schauen, ob da Nonsens drin steht oder nicht.

    Noch ist die Datenbank ein Pilotprojekt. Bis dato sind erst einige Dutzend Diplomarbeiten abrufbar. Doch die Jungwissenschaftler wollen noch viel mehr "in den Verkehr bringen".

    Wir haben uns vorgenommen, hier an der TU Berlin einen Piloten zu starten und wenn das hier erfolgreich läuft, dann können wir das auf andere Universitäten ausweiten.