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Forschungseinrichtung von Berlin und Bund

Eigentlich darf sich der Bund nur zeitlich begrenzt in der Bildungspolitik engagieren. Mit dem Berliner Instituts für Gesundheitsforschung Charité und Max-Delbrück-Centrum sollen dennoch eine Landes- und eine Bundeseinrichtung ein gemeinsames Dach erhalten.

Von Jürgen König |
    "Berliner Institut für Gesundheitsforschung Charité und Max-Delbrück-Centrum" - so soll es heißen, soll eine Körperschaft des Öffentlichen Rechts werden, zu gründen nach Berliner Landesrecht. In ihm kommen zusammen: das Max-Delbrück-Centrum für molekulare Medizin in Berlin-Buch, das als eines der weltweit herausragenden biomedizinischen Forschungszentren gilt. Und: die Berliner Charité, das über 300 Jahre alte Universitätsklinikum mit großem Investitionsbedarf. Zur Charité gehören heute, auf vier Standorte in Berlin verteilt, mehr als 100 Kliniken und Institute, 13.000 Mitarbeiter, Jahresumsatz rund 1,3 Milliarden Euro. Vom Bund zu 90 Prozent finanziert, vom Land Berlin zu zehn Prozent, soll das "Berliner Institut für Gesundheitsforschung" zwischen 2013 und 2018 300 Millionen Euro bekommen: Damit sollen die besten Köpfe gefördert oder erst noch gewonnen werden. Und, ganz wichtig: Eine gemeinsame Infrastruktur soll entstehen. Walter Rosenthal vom Vorstand des Max-Delbrück-Centrums:

    "Sie dürfen das nicht unterschätzen: Diese translationale Forschung, die Verbindung zwischen Grundlagenforschung und klinischer Forschung braucht Infrastruktur. Die gibt es in Deutschland ganz, ganz wenig; international auch sehr wenig. Und gerade hier haben wir die Möglichkeit, diese bedeutende und umfassende Infrastruktur aufzubauen und natürlich dann auch mit wissenschaftlichem Leben zu erfüllen."

    Wissenschaftler sollen zukünftig grundlegende krankheitsrelevante Prozesse mit neuesten molekularbiologischen Methoden erforschen. Dabei sollen Querschnittsthemen wie die biologischen Ursachen von Therapieresistenzen stärker in den Blick genommen werden. Bei alledem soll insbesondere der wissenschaftliche Nachwuchs größere Chancen zu eigenständiger Forschungsarbeit bekommen.

    Der Begriff Bundesuniversität fiel nicht bei der Vorstellung des Berliner Institut für Gesundheitsforschung – und auch vom Kooperationsverbot war nur in Anspielungen die Rede. Bildung ist bekanntlich Ländersache. Das im Grundgesetz zwischen Bund und Ländern festgeschriebene Kooperationsverbot lässt eine dauerhafte gemeinsame Trägerschaft von Einrichtungen der Wissenschaft und Forschung an Hochschulen eigentlich nicht zu. Gleichwohl sprach Bundesbildungs- und Forschungsministerin Annette Schavan genau davon.

    "Damit wird erstmalig in Deutschland die molekularbiologische und systembiologische Expertise einer außeruniversitären Einrichtung der Grundlagenforschung dauerhaft mit der klinisch-patientenorientierten Forschung einer Universitätsmedizin institutionell zusammengeführt."

    Und gab auf Nachfrage zu erkennen, dass die erklärte Dauerhaftigkeit im Moment nur ein Wunsch sei.

    "Klar ist: So eine Initiative, das gilt genauso für viele andere, ist bislang zeitlich befristet. Da kann man noch mal über 2018 hinausgehen, natürlich – aber unser Ziel muss natürlich sein, dass ein solches Berliner Institut und vieles andere, was wir getan haben, dauerhaft möglich ist."

    Sehr unwahrscheinlich sei es, dass es bei der derzeitigen Regelung der zeitlich befristeten Förderung wissenschaftlicher Einrichtungen durch den Bund bleiben werde. In der derzeitigen Phase der umfassenden Internationalisierung des Wissenschaftssystems sei sie bei Weitem nicht ausreichend.

    Für den Moment jedoch bleiben die Charité wie das Max Delbrück-Zentrum jenseits des neuen Institutsrahmens als eigenständige vollrechtsfähige Gliedkörperschaften erhalten. Die Charité wird wie bisher für Forschung, Lehre und die Krankenversorgung zuständig sein, das Delbrück-Zentrum für die programmorientierte Großforschung.

    Der Regierende Bürgermeister Berlins, Klaus Wowereit, sicherte zu, dass die bestehende Grundfinanzierung von Charité weiterhin gewährleistet bleibe, auch werde Berlin den Universitäten nach Auslaufen der Exzellenzinitiative 2018 weiterhin Mittel in der bisherigen Höhe zur Verfügung stellen.

    Soweit die Absichten. Nun müssen Verwaltungsvereinbarungen zwischen Bund und Berlin ausgearbeitet, muss ein Forschungskonzept durch ein internationales Gutachtergremium evaluiert werden. Im nächsten Jahr soll das Institut gegründet werden.