Eine Szene fast wie in einem Ritterfilm: Maik und Lukas schwingen ihre Schwerter und liefern sich ein Duell. Ihre Waffen sind aber nur Bambusrohre, abgepolstert mit dickem Kunststoff. Nach minutenlangem Kampf brauchen die Helden eine kleine Verschnaufpause. Lukas wirft seine Waffe ins Gras:
Ich bin Berserker, von der Gilde der Krieger. Und ich beschütze das Dorf.
Die 12-bis 15-jährigen Jungen und Mädchen aus dem Raum Kiel lassen ihrer Phantasie freien Lauf. Jeder von ihnen schlüpft in eine festgelegte Rolle, die er sich zu Beginn des Spiels aussuchen durfte. Pädagogikstudenten der Uni Kiel betreuen die jungen Spieler. Sie haben sich das Rollenspiel auch ausgedacht. Als ein Teil ihres Studiums:
Es ist auch, weil es ein Praktikum ist, Berufsvorbereitung. Und wir werden hier dann mit Dingen konfrontiert, die auch Teil unseres Berufes als Pädagogen sind. Wir sind in der Uni natürlich weit vom pädagogischen Feld entfernt. Und hier haben wir wirklich Kontakt mit Jugendlichen, mit den Teilnehmern. Das macht Spaß, ist aber natürlich auch anstrengend.
18 Stunden dauert der Tag für die Studenten. Zwischendurch führen sie Interviews mit ihren Schützlingen, zeichnen die Antworten auf und filmen mit einer Videokamera. Viel Aufwand für ein Uni-Praktikum. Auch Ruth Volk hat beim Wildschweinbraten alle Hände voll zu tun. Sie erklärt, warum sie beim Projekt mitmacht:
Weil das für mich eine sehr gute Möglichkeit war, meinen eigenen Praktikumsplatz zu gestalten. Also nicht in eine schon bestehende Einrichtung zu gehen, sondern mir selbst etwas aufzubauen.
Sich einen eigenen Praktikumsplatz quasi auf den Leib zu schneidern, ohne dass ein Professor alles organisiert: Das wollten die zehn Kieler Studenten mit ihrer Fantasy-Ferienfreizeit. Um das Projekt zu finanzieren, gründeten sie vergangenes Jahr den Verein Oben e.V. Ruth Volk berichtet:
Wir haben alle zusammen auf der Kieler Woche gestanden und einen Info-Stand gehabt. Und haben ein bisschen Geld eingenommen durch Spenden. Und wir haben bei uns in der Uni Waffeln verkauft, haben ein Sommerfest gemacht, gegrillt und Bier verkauft. Das Geld, das wir da eingenommen haben, haben wir dann hier in diese Ferienfreizeit gesteckt.
Ruth Volk und ihre Kommilitonen haben das Projekt "Ferienfreizeit" während eines Uni-Seminars geplant, im vergangenen Sommer. Dozent Herwig Schulz-Gade hat sie dabei beraten. Ihn beeindruckt das Engagement seiner Studenten:
Es geht nicht nur darum jetzt einfach eine Bescheinigung zu erlangen. Ich denke das Projekt ist insofern von Vorteil, als das deutlich wird, dass diese Leute ideenreich sind und ein Engagement zeigen, das über das hinausgeht, was formal von der Studienordnung gefordert ist.
Ein selbstorganisiertes Praktikum mache sich gut im Lebenslauf, so der Pädagoge. Aber mit ihrem Rollenspiel-Projekt wollen die Kieler Studenten nicht nur ihre Karriere fördern. Ihnen geht es vor allem darum, Kinder und Jugendliche zum Lernen zu motivieren. Lernen solle die Phantasie anregen und dabei Spaß machen. Die Reaktion der jugendlichen Rollenspieler ist da sehr ermutigend:
Ich spiele ja auch auf dem PC Rollenspiel. Darum wollte ich es auch mal selber mitmachen. Macht auch sehr viel Spaß. Alles eigentlich: Die Magie...Und das mit dem Kloppen macht auch sehr viel Spaß, ja!
Neben all dem Herumtoben lernen die Jugendlichen aber auch viel über Geschichte, meint Student Nicolai Flemming. Und darüber, wie man im Team arbeitet.
Hier ist ein wunderschöner Bildungsgedanke: Das, was ich hier erlebe, was die Teilnehmer an Kreativität entwickeln, was sie sich hier selbst basteln, wie sie eine Dokumentation über ihre Freizeit selbsttätig erarbeiten: Das ist eigentlich nachhaltiges Lernen.
Mit ihrem Verein wollen die angehenden Pädagogen in Zukunft noch weitere Praktika selbst organisieren. Vielleicht kann eine Ferienfreizeit wie in Passentin in Zukunft eine gute Ergänzung zum Schulunterricht sein. Die angehenden Pädagogen sind jedenfalls gespannt auf die Ergebnisse ihrer Forschungen.