"Ich habe jetzt in der Datenbank Folklore Europaeaden Datensatz zur Rottweiler Fasnacht aufgerufen und höre jetzt da gerade den Rottweiler Narrenmarsch ab. Die Datenbank Folklore Europaea ist ein wissenschaftliches Forschungsinstrument, in dem Feste, Bräuche, Traditionen europaweit vergleichend dargestellt werden."
Professor Werner Mezger vom Institut für Volkskunde der Universität Freiburg darf sich mit Fug und Recht als führender Fasnachtsforscher Europas bezeichnen. Denn die Datenbank Folklore Europaea, die er mit Kollegen und Studierenden des Studiengangs Europäische Ethnologie aufgebaut hat, gilt als weltweit einzigartig: Jedermann kann übers Internet in der Datenbank herumsurfen. Dass es einen Karneval in Venedig gibt, ist zwar bekannt. Aber dass beispielsweise auch in Rumänien Fasnacht gefeiert wird, weiß hierzulande kaum jemand. Und abgesehen mal von Fasnachtsbräuchen: Was es sonst noch europaweit an Bräuchen gibt, liest sich manchmal so spannend wie ein Krimi.
"Zum Beispiel diese Chery, die wir in Italien haben: Da werden große Stangen mit Heiligenfiguren durch den Ort getragen. Und die sind ziemlich schwer. Also die Stangen sind fünf Meter hoch. Und die werden von Leuten mehrere Stunden lang durch die Stadt getragen oder sogar gerannt. Und die ganze Stadt ist total voll. Das ganze Spektakel dauert dann um die drei Stunden. Abends werden die nochmals den Berg hoch gerannt und werden dann wieder in der Kirche eingeschlossen bis zum nächsten Jahr, bis zur nächsten Prozession."
Wenn Mareike Kupka über ihre Forschungsarbeit spricht, schwingt ein Hauch von Begeisterung mit. Mareike Kupka studiert in Freiburg Europäische Ethnologie. Nebenbei arbeitet sie auch am Aufbau der Datenbank Folklore Europaea mit. Die Beschäftigung mit Bräuchen und Traditionen ist längst nicht nur etwas für angestaubte Nostalgiker - im Gegenteil: Gerade die Beschäftigung mit Fasnachtsbräuchen und die Dokumentationsarbeit für die neue Datenbank ist eine höchst spannende Angelegenheit.
"Ein Kommilitone von mir hat gerade eine Magisterarbeit dazu geschrieben, wie zum Beispiel die Türken in Singen in die Fasnacht integriert sind oder eben auch nicht. Das finde ich auch ein ganz spannendes Thema, wie mit Neubürgern umgegangen wird, und welcher Wandel da auch von Jahr zu Jahr stattfindet, wie ein Brauch verändert wird, weil es einen neuen Vorsitzenden im Verein gibt oder sonst irgendetwas."
Der Narrenmarsch aus der süddeutschen Fasnachtshochburg Überlingen, dort reichen die Wurzeln der Fasnacht bis ins Mittelalter zurück. Wer in der Datenbank surft, darf sich auch über eine Fülle von Bildern, Musikbeispielen und 700 Filmbeiträgen aus den Beständen des Südwestrundfunks freuen. Darin werden Bräuche aus ganz Europa dargestellt. Das Interesse an den Infos ist riesig, berichtet Projektleiter Werner Mezger von der Uni Freiburg. Der habilitierte Fasnachtsforscher weiß auch sehr genau, warum:
"Wenn wir es unter kulturellen Aspekten sehen, sagen Pessimisten: Die Welt erlebt eine Mc-Donaldisierung. Zunehmend gibt es Orte auf der Welt, die gleich aussehen. Und gegen diese Prozesse wendet sich ganz bestimmt die Re-Inszenierung lokaler Besonderheiten. Und genau die finden wir in Festen und Bräuchen, etwas zu tun, etwas zu machen, was es nur an diesem einen Ort in unverwechselbarer Form gibt. Das ist etwas, was Menschen schätzen."
Das trifft vor allem zur Fasnachtszeit zu, wissen die Freiburger Wissenschaftler. Deshalb steigt auch das Interesse an den Themen Brauchtum und Tradition rasant: Vor sieben Jahren zählte der Freiburger Studiengang Europäische Ethnologie noch 150 Studierende. Mittlerweile haben sich bereits doppelt so viele eingeschrieben. Allerdings, so Professor Werner Mezger:
"Die Frage, die uns drängt, ist: Was sollen diese Leute später einmal machen? Welche Möglichkeiten im Berufsleben werden sie finden? Wir bilden Studierende aus für die Arbeit in den Medien, für die Museumsarbeit, für die Kulturarbeit. Und dennoch weiß man, dass all diese Stellen sehr begrenzt sind."
Dennoch würde Mareike Kupka heute aufs Neue Europäische Ethnologie studieren.
"Ich mache es trotzdem, weil es mir Spaß macht und ich hoffe, dass ich dann trotzdem noch eine Nische finde und einen Job finde."
Eine dieser Nischen könnte sich an der Uni auftun: Denn die neue Datenbank über Bräuche und Traditionen in Europa wächst ständig. Professor Werner Mezger sieht vor allem durch die Ost-Erweiterung der EU noch einen großen Forschungsbedarf.
"Was wir gerade in den letzten Monaten über Bräuche in der Tschechischen Republik, in der Slowakei, in Polen, in Ungarn gelernt haben, ist ungemein spannend. Spannend übrigens auch die Beobachtung, dass Jahrzehnte Kommunismus und Sozialismus es nicht geschafft haben, religiöse Feste, die tief verwurzelt sind, zu entfernen und zu eliminieren. Ganz im Gegenteil: Sie sind alle wieder da - und das ist spannend."
Professor Werner Mezger vom Institut für Volkskunde der Universität Freiburg darf sich mit Fug und Recht als führender Fasnachtsforscher Europas bezeichnen. Denn die Datenbank Folklore Europaea, die er mit Kollegen und Studierenden des Studiengangs Europäische Ethnologie aufgebaut hat, gilt als weltweit einzigartig: Jedermann kann übers Internet in der Datenbank herumsurfen. Dass es einen Karneval in Venedig gibt, ist zwar bekannt. Aber dass beispielsweise auch in Rumänien Fasnacht gefeiert wird, weiß hierzulande kaum jemand. Und abgesehen mal von Fasnachtsbräuchen: Was es sonst noch europaweit an Bräuchen gibt, liest sich manchmal so spannend wie ein Krimi.
"Zum Beispiel diese Chery, die wir in Italien haben: Da werden große Stangen mit Heiligenfiguren durch den Ort getragen. Und die sind ziemlich schwer. Also die Stangen sind fünf Meter hoch. Und die werden von Leuten mehrere Stunden lang durch die Stadt getragen oder sogar gerannt. Und die ganze Stadt ist total voll. Das ganze Spektakel dauert dann um die drei Stunden. Abends werden die nochmals den Berg hoch gerannt und werden dann wieder in der Kirche eingeschlossen bis zum nächsten Jahr, bis zur nächsten Prozession."
Wenn Mareike Kupka über ihre Forschungsarbeit spricht, schwingt ein Hauch von Begeisterung mit. Mareike Kupka studiert in Freiburg Europäische Ethnologie. Nebenbei arbeitet sie auch am Aufbau der Datenbank Folklore Europaea mit. Die Beschäftigung mit Bräuchen und Traditionen ist längst nicht nur etwas für angestaubte Nostalgiker - im Gegenteil: Gerade die Beschäftigung mit Fasnachtsbräuchen und die Dokumentationsarbeit für die neue Datenbank ist eine höchst spannende Angelegenheit.
"Ein Kommilitone von mir hat gerade eine Magisterarbeit dazu geschrieben, wie zum Beispiel die Türken in Singen in die Fasnacht integriert sind oder eben auch nicht. Das finde ich auch ein ganz spannendes Thema, wie mit Neubürgern umgegangen wird, und welcher Wandel da auch von Jahr zu Jahr stattfindet, wie ein Brauch verändert wird, weil es einen neuen Vorsitzenden im Verein gibt oder sonst irgendetwas."
Der Narrenmarsch aus der süddeutschen Fasnachtshochburg Überlingen, dort reichen die Wurzeln der Fasnacht bis ins Mittelalter zurück. Wer in der Datenbank surft, darf sich auch über eine Fülle von Bildern, Musikbeispielen und 700 Filmbeiträgen aus den Beständen des Südwestrundfunks freuen. Darin werden Bräuche aus ganz Europa dargestellt. Das Interesse an den Infos ist riesig, berichtet Projektleiter Werner Mezger von der Uni Freiburg. Der habilitierte Fasnachtsforscher weiß auch sehr genau, warum:
"Wenn wir es unter kulturellen Aspekten sehen, sagen Pessimisten: Die Welt erlebt eine Mc-Donaldisierung. Zunehmend gibt es Orte auf der Welt, die gleich aussehen. Und gegen diese Prozesse wendet sich ganz bestimmt die Re-Inszenierung lokaler Besonderheiten. Und genau die finden wir in Festen und Bräuchen, etwas zu tun, etwas zu machen, was es nur an diesem einen Ort in unverwechselbarer Form gibt. Das ist etwas, was Menschen schätzen."
Das trifft vor allem zur Fasnachtszeit zu, wissen die Freiburger Wissenschaftler. Deshalb steigt auch das Interesse an den Themen Brauchtum und Tradition rasant: Vor sieben Jahren zählte der Freiburger Studiengang Europäische Ethnologie noch 150 Studierende. Mittlerweile haben sich bereits doppelt so viele eingeschrieben. Allerdings, so Professor Werner Mezger:
"Die Frage, die uns drängt, ist: Was sollen diese Leute später einmal machen? Welche Möglichkeiten im Berufsleben werden sie finden? Wir bilden Studierende aus für die Arbeit in den Medien, für die Museumsarbeit, für die Kulturarbeit. Und dennoch weiß man, dass all diese Stellen sehr begrenzt sind."
Dennoch würde Mareike Kupka heute aufs Neue Europäische Ethnologie studieren.
"Ich mache es trotzdem, weil es mir Spaß macht und ich hoffe, dass ich dann trotzdem noch eine Nische finde und einen Job finde."
Eine dieser Nischen könnte sich an der Uni auftun: Denn die neue Datenbank über Bräuche und Traditionen in Europa wächst ständig. Professor Werner Mezger sieht vor allem durch die Ost-Erweiterung der EU noch einen großen Forschungsbedarf.
"Was wir gerade in den letzten Monaten über Bräuche in der Tschechischen Republik, in der Slowakei, in Polen, in Ungarn gelernt haben, ist ungemein spannend. Spannend übrigens auch die Beobachtung, dass Jahrzehnte Kommunismus und Sozialismus es nicht geschafft haben, religiöse Feste, die tief verwurzelt sind, zu entfernen und zu eliminieren. Ganz im Gegenteil: Sie sind alle wieder da - und das ist spannend."