Freitag, 29. März 2024

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Forschungsprojekt AMBOS
Gefährliche Drohnen erkennen und abwehren

Ein Bombenangriff per Drohne - das ist kein undenkbares Szenario mehr. An vielen sicherheitskritischen Orten gibt es mittlerweile Drohnen-Abwehrsysteme. Wie man möglichst verlässlich gefährliche von ungefährlichen Flugobjekten unterscheiden kann, erläuterte Hans Peter Stuch vom Fraunhofer FKIE im Dlf.

Hans Peter Stuch im Gespräch mit Manfred Kloiber | 31.08.2019
Ein Bündel von Mikrofonen bildet den akustischen Sensor des AMBOS-Systems
Der akustische Sensor des AMBOS-Systems besteht aus einem Bündel von Mikrofonen und erkennt die Rotorgeräusche von anfliegenden Drohnen (Foto: Fraunhofer FKIE)
Manfred Kloiber: Der Ärger um sie hat sich gelegt; Drohnen sind in der öffentlichen Wahrnehmung kaum noch ein Thema - auch wenn die Probleme natürlich geblieben sind. Vor allem in sicherheitskritischen Bereichen können ja die ferngesteuerten Flugobjekte großen Schaden anrichten, etwa wenn Flughäfen wegen solcher Eindringlinge lahmgelegt werden. Deshalb wird natürlich nach Strategien und Technologien gesucht, mit denen man Drohnen in gefährlicher Mission rechtzeitig erkennen und aus dem Verkehr ziehen kann. Im Rahmen einer deutsch-österreichischen Kooperation haben etliche Projektpartner und Polizeibehörden am Projekt AMBOS gearbeitet, das sich genau mit dieser Abwehr von unbemannten Flugobjekten beschäftigt hat. Nun wurde es abgeschlossen. Der Projektkoordinator Hans Peter Stuch vom Fraunhofer-Institut für Kommunikation, Informationsverarbeitung und Ergonomie, kurz FKIE in Wachtberg ist bei mir im Studio. Herr Stuch, was wurde denn genau in diesem Projekt untersucht?
Hans Peter Stuch: Wir haben in AMBOS untersucht, wie gut oder wie schlecht lassen sich anfliegende Drohnen auf einen als Sicherheitsbereich gekennzeichneten Raum erkennen, verifizieren im Sinne "ist das überhaupt eine Bedrohung oder ist es keine Bedrohung?" Und gegebenenfalls "welche Gegenmaßnahmen kann ich gegen diese anfliegende Drohne ins Feld führen?" Dazu haben wir eine multimodale Sensorik aufgebaut aus vier verschiedenen Arten von Sensoren.
Vier Sensoren mit Stärken und Schwächen
Kloiber: Das sind welche?
Stuch: Wir haben einen Radarsensor, wir haben einen Akustiksensor, wir haben Kamerasensoren sowie einen Funksensor. Der Radarsensor kann relativ weit schauen; einen Kilometer plus. Kamerasensoren, in unserem Fall elektrooptische Sensoren als auch Infrarotsensoren können das im günstigsten Fall bis mehrere hundert Meter bewerkstelligen. Beide haben die Eigenschaft, also sowohl Radar als auch Kameras, die müssen eine ungehinderte Sicht auf die anfliegende Drohne haben. Der Funksensor, den wir eingesetzt haben, der betrachtet die Funkverbindung zwischen der Fernbedienung und der Drohne.
Kloiber: Die ja oft verschlüsselt ist, muss man auch sagen?
Stuch: Die ist in aller Regel verschlüsselt, denn A soll ja nur die Drohne A steuern können und nicht die B und C gleichzeitig noch mit. Und der Akustiksensor, der die geringste Reichweite hat mit etwa 100 Metern, der erkennt Drohnen an ihren Geräuschen, die durch die Rotoren verursacht werden.
Kloiber: Bevor wir darüber sprechen, wie die Sensoren oder das Zusammenspiel der Sensoren jetzt Drohnen tatsächlich erkennen - über welche Drohnen reden wir eigentlich? Es gibt ja ganz kleine, die Spielzeug sind, es gibt welche, die zum Filmen benutzt werden, welche, die um Pakete zu transportieren verwendet werden und es gibt militärische Drohnen, die fast so groß sind wie Flugzeuge?
Stuch: Um eine rote Linie dort zu ziehen, welche Art von Drohnen wir im Blick hatten, dann würden wir diese rote Linie ziehen oberhalb der Größenordnung Hobbydrohnen und Drohnen, die für Filmaufnahmen eingesetzt werden.
Algorithmus gibt Handlungsempfehlung
Kloiber: Kommen wir zurück auf die Sensoren - die Daten dieser Sensoren, die werten Sie in einer Art Lagebild oder in einer Art Analyse des Zusammenspiels aus?
Stuch: Wir Techniker und Wissenschaftler nennen dieses Zusammenführen der Sensordaten die Fusion. Das bedeutet, jeder Sensor gibt seine Daten in einen Algorithmus, und dieser Algorithmus wertet diese Daten mit einem gemeinsamen Blick aus. Es werden auch jeweils Stärken und Schwächen der Sensoren berücksichtigt, genauso wie auch die Qualität der jeweils erzeugten Daten; im Dämmerungslicht ist eine Kamera eben weniger zuverlässig als ein Radarsystem.
Kloiber: Aber mal ganz plastisch - wie sieht denn der Output aus von AMBOS? Sieht der so aus, dass die Einsatzleiterin oder der Einsatzleiter auf dem Computerbildschirm einen Warnhinweis bekommt "Achtung Drohne im Anmarsch, mit so und so viel Prozent Sicherheit aus der und der Richtung durch die und die Straße" oder wie muss man sich das vorstellen?
Stuch: Das ist genau so, nämlich in einer für die Aufgabe Drohnenabwehr speziell aufbereiteten Lagedarstellung. Dort wird die Position der Drohne mit sehr viel Metadaten wie Geschwindigkeit, geschätzte Größe, so eine Art "Estimated Time of Arrival"; solche Informationen werden der Einsatzleiterin und dem Einsatzleiter zur Verfügung gestellt. Und gleichzeitig bekommt diese Person dann auch einen Interventionsvorschlag, falls das System AMBOS erkennt, es handelt sich sehr wahrscheinlich um eine bedrohliche Drohne.
Drohnen abschießen mit Hochenergiepuls
Kloiber: Und kann AMBOS dann auch intervenieren und wenn ja, wie?
Stuch: AMBOS kann dann intervenieren; neben der multimodalen Sensorik haben wir auch eine multimodale Effektorik: Wir können mittels Störsender die Funkverbindung zwischen der Fernbedienung und der Drohne stören. Ebenso können wir die Signale, die die Drohne von der Satellitennavigation erhält, stören. Eine weitere Interventionsmodalität ist ein sogenanntes HPEM-Modul; HPEM steht für "High Power Electromagnetics". Man muss es sich so vorstellen, dass Hochenergiepulse dann in Richtung der Drohne abgestrahlt werden; und wenn die Drohnenelektronik von einer solchen Welle durchzogen wird, stürzt dann die Drohne wie ein Stein ab.
Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Der Deutschlandfunk macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.