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Forst-Experten zu Waldschäden und Forstpolitik in Deutschland

Nein, Frau Bahner, der Waldzustandbericht wird ja erst am 8. Dezember vorgestellt. Aber schon im Vorfeld – sie sagten es - sind zentrale Befunde durchgesickert, die zeigen, dass die Fieberkurve des Patienten Wald nach oben zeigt. Dies konnte die Forstwissenschaftlerin Ute Seeling, Bundesgeschäftsführerin der Arbeitsgemeinschaft Deutscher Waldbesitzer, leider nur bestätigen:

Von Philipp Banse | 02.12.2004
    Das wir so dramatisch schlechtes Ergebnis dieses Jahr haben, überrascht die Forstleute, die Waldbesitzer eigentlich nicht: Nach dem Trockenjahr 2003, nach den verschieden Käferkalamitäten, die wir in verschieden Bundesländern zum Beispiel in Baden-Württemberg in diesem Sommer hatten, war zu erwarten, das die Bäume mit einer reduzierten Vitalität, mit einem geänderten Wuchs reagieren würden. Und das wird Jahre dauern, bis sich das abzeichnet, das wir hier eine Besserung haben.

    Die forstpolitischen Sprecher der CDU und FDP Bundestagsfraktionen fordern von der Bundesregierung, mehr zum Schutz der Wälder zu unternehmen. Die dramatischen Trockenzeiten der letzten Jahre seien dem globalen Klimawandel geschuldet. Der CO2-Ausstoß müsse weiter gesenkt werden. Eine andere Ursache für den schlechten Zustand des Waldes ist laut Waldzustandbericht auch der wegen der vielen Schadstoffe saure Waldboden. Deshalb, so Ute Seeling, müsse der Boden gekalkt werden. Doch von rund 7 Millionen Hektar Wald, die im Laufe von zehn Jahren gekalkt werden müssten, werden nur einige Hunderttausend Hektar tatsächlich gekalkt. Das liegt daran, dass die so genannte Bodenschutzkalkung sehr teuer ist. Die Kosten werden den Waldbesitzern zwar vom Steuerzahler zu 92 Prozent erstattet, doch das reicht den privaten Waldbesitzern nicht aus, sagt Ute Seeling:

    Und genau das fordern wir: Wir fordern, dass diese Bodenschutzkalkung – es ist keine Dünung, es ist eine Bodenschutzkalkung - zu 100 Prozent gefördert wird, damit nämlich die Schäden, die durch die Allgemeinheit verursacht werden auch durch Allgemeinheit finanziert werden.

    Die Allgemeinheit soll zahlen, was die Allgemeinheit beschädigt – diese Argumentation kann Matthias Berninger, Parlamentarischer Staatssekretär im Bundeslandwirtschaftsministerium, nachvollziehen. Aber 92 Prozent der Kosten seien schon ein hoher Zuschuss. Außerdem seien die Kassen des Bundes leer schlicht leer.

    Darüber hinaus gibt es auch die Möglichkeit, dass die Landkreise und auch die Länder hier noch zusätzliche Mittel bereitstellen, um den Waldbesitzern, die in wirtschaftlicher Not sind, diese Waldkalkung zu ermöglichen. Dass heißt: Es ist eine 100prozentige Förderung möglich, aber eben nur in Ausnahmefällen.

    Um den Zustand des Waldes zu verbessern, appelliert Staatssekretär Berninger an Politik und Waldbesitzer, den Rohstoff Holz zum Beispiel beim Hausbau attraktiver zu machen:

    Ich glaube, dass das das zentrale Thema ist, dass man den Menschen klar macht, dass man dem Wald auch dadurch hilft, dass man das Holz nutzt. Man stärkt die Wirtschaftskraft der Waldbesitzer und außerdem trägt man dazu bei, das weniger CO2 emittiert wird – beides hilft dem Wald.

    Dazu hat die Bundesregierung vor längerer Zeit die "Charta für Holz" ins Leben gerufen, die von deutschen Waldbesitzerverbänden heute morgen ausdrücklich begrüßt wurde. Staatsekretär Berninger forderte von den Waldbesitzen jedoch auch, die naturnahe Waldbewirtschaftung zum Mainstream zu machen, wie er sagte. Da gehen bei Ute Seeling von der Arbeitsgemeinschaft Deutscher Waldbesitzerverbände alle Warnlampen an:

    Wir müssen davor hüten, dass wir auf dieser einmaligen katastrophalen Ergebnisse, dazu übergehen, dass wir sagen: Wir hängen jetzt eine Käseglocke über den Wald. Die Waldbesitzer entnehmen genau die geschädigten Bäume. Wenn wir die stehen lassen würden und in den vergangenen Jahrzehnten stehen gelassen hätten, dann hätten wir heute ein katastrophales Schadbild.