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Fortbildung in Berlin
Lehrer sollen Humor lernen

Wenn Schüler im Klassenzimmer stören, sollte die Situation mit Humor entschärft werden - davon sind viele Lehrer überzeugt. Doch nicht allen fällt das leicht. Bei einer Fortbildung in Berlin können Lehrer lernen, wie man Unterrichtsstörungen humorvoll an den Kragen geht.

Von Anja Nehls | 04.08.2016
    Die Lehrerin Lena Hornbostel sitzt mit Schülern im Kreis.
    Im Klassenzimmer ist oft die richtige Dosis an Humor entscheidend. (dpa / Friso Gentsch)
    "Mich stört das: 'Nein, kann ich nicht'. – Die Schüler brauchen wieder ewig, um ihren Stuhl zu nehmen und einen Sitzkreis zu bilden. – Meine Lieblingsstörung, Abwehrreaktion: 'Ich hab nichts gemacht.' – Ich habe einen Schüler aus der 5. Klasse, der kommt regelmäßig zu spät aus der Cafeteria und isst dann erstmal in Ruhe sein Brötchen weiter."
    Wirklich lustig ist das alles nicht. Noch nicht. Aber: Kann man als Lehrer solche Situationen auch mit Humor meistern? Katrin Hansmeier, Trainerin am Deutschen Institut für Humor meint ja – und will mehr als zwei Dutzend Lehrerinnen und Lehrern aus ganz Deutschland beibringen, wie das geht:
    "Und dieses Prinzip lohnt es, zu trainieren, weil es eben nicht unsere Gewohnheit ist. In angespannten Situationen gehen wir eher in den Gegenangriff und werden auch körpersprachlich so, hey, was willst denn du jetzt. Und das kann man trainieren zu sagen, super eine Störung, ich bleibe eigentlich in einer spielerischen Haltung."
    Humor statt Agression
    Und verkehre die unschöne Situation zum Beispiel einfach ins Gegenteil, also deute sie um – rät Katrin Hansmeier. Ein schönes Beispiel dafür hat sie in einem überfüllten Zug voller missgelaunter Menschen erlebt:
    "Und in diese Laune herein kam eine Frau auf einen jungen Mann zu und sagte: Sie sitzen auf meinem Platz. Und der junge Mann machte etwas ganz fantastisches, der hat nämlich angefangen zu schmunzeln und dann hat er gesagt, Mensch klasse, dass sie endlich da sind, ich sitze hier schon seit zwei Stunden und halte ihnen den Platz frei, setzen sie sich doch bitte."
    Alle können darüber lachen. Humor, der nicht weh tut. So oder ähnlich könnte das auch in der Schule funktionieren:
    "Guckt einfach, jetzt haben wir hier: der kommt zu spät und isst sein Brötchen, und ihr sammelt jetzt alles, was ist alles toll daran, dass der so die Ruhe weg hat oder in eurem Unterricht nun das Brötchen isst. – Na toll, dass du jetzt noch isst, Offenbar brauchst du so viel Energie heute, mehr als die anderen. – Ich finde gut, dass du dich nochmal stärkst für meinen Unterricht, ich habe heute nämlich richtig was mit euch vor, finde ich gut, dass du deinen Blutzuckerspiegel nochmal in die Höhe treibst."
    Kritik auf ironischem Weg
    Und schon wird der Schüler lächeln müssen. Die Situation ist entschärft und die Kritik auf ironischem Wege doch angekommen. Ohne eine Portion Humor geht heutzutage im Unterricht gar nichts, meinen die Lehrer.
    "Um Lernbegeisterung und Motivation zu wecken, ist Humor unerlässlich. Lehrer ist auch ein Beziehungsberuf und eine Beziehung ohne Humor ist nicht nur langweilig, sie ist schrecklich. Ich bin Entertainer als Lehrer. Ich muss ja verschiedene Gruppen auffangen, verschiedene Kinder mit verschiedenen Individualitäten, und wenn mir das gelingt als Entertainer da vorne, dann strahlt das auch auf die Kinder aus."
    Also heißt es üben. Gute Ideen für witzige Antworten sollte man auch mal aufschreiben, die Gelegenheit dafür kommt früher oder später, sagt die Trainerin. Auch Spontanität sei Trainingssache, z.B. wenn zu einer Unterhaltung jeder nur ein Wort beisteuern darf:
    "Und wenn ein Partner oft ein Wort sagt, mit dem ich nicht gerechnet habe, das heißt ich muss schnell umschalten, damit der Satz funktioniert. – Was essen Sie denn am liebsten? – Manchmal darf ich nicht vergessen, dass mein Mann-bei seiner Geliebten lach,lach ist. Was hat das mit dem Essen zu tun?"
    Gar nichts hat das mit Essen zu tun. Humor kann albern und manchmal ganz einfach sein, sagt Katrin Hansmeier. Und dass dabei der Respekt vor dem Lehrer verlorengehe, müsse auch niemand befürchten. Die richtige Dosis sei entscheidend:
    "Wenn ich ständig Humor mache, haben die Schülerinnen und Schüler bald auch keinen Respekt mehr vor mir. Wenn jemand nur Respekt auch von den Schülern erwartet, passiert oft genau das Gegenteil, die Schüler fangen an zu stören, weil sie wollen den König vom Thron stürzen. Wenn ich Menschen frage, was war denn euer Lieblingslehrer früher in der Schulzeit rückblickend, dann sind es oft Lehrer gewesen, die beides konnten, die Spielregeln hatten, die Disziplin eingefordert haben, die sehr klar sein konnten und im nächsten Moment auch über sich selber lachen konnten und auch erlaubt haben, dass die Schülerinnen und Schüler lachen oder dass auch mal Faxen gemacht werden."
    Die Lehrerinnen und Lehrer sind überzeugt. Für sie ist das Humortraining mit der beste Teil ihrer Fortbildung in Berlin, so am Ende die Bilanz:
    - "Also Humor ist nicht wenn man trotzdem lacht, sondern wenn man lacht."
    - "Dieser Hinweis auf das positive Umdeuten das fand ich ganz spannend."
    - "Fassen wir es einfach zusammen: Herzlichkeit, Empathie und Menschlichkeit als Bausteine und die zu aktivieren in der Unterrichtsarbeit, das ist das, was wir uns ja alle wünschen und ich glaube, dass wir da ein Stück weiter gekommen sind."