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fossilfinder.org
Die virtuelle Fossiliensuche

Wer Überreste früher Menschenarten entdecken möchte, musste dafür bisher unter Umständen in entlegene Gebiete Ostafrikas reisen. Das könnte sich nun ändern: Ein neues Citizen-Science-Projekt, also ein Forschungsvorhaben, bei dem jeder Bürger mitmachen kann, ermöglicht nun die Fossiliensuche am heimischen PC.

Von Michael Stang | 11.09.2015
    Hände tippen auf einer Computertastatur.
    Über fossilfinder.org können Hobby-Forscher professionelle Anthropologen bei der Fossiliensuche unterstützen - am Computer und anhand digitaler Fotos. (imago/STPP)
    Der Turkanasee in Kenia ist weltberühmt für seine Frühmenschenfunde. An den Ufern des Binnengewässers und Umgebung entdeckten Paläoanthropologen zahlreichen Fossilien wie den Turkana Boy, das 1,5 Millionen Jahre alte Skelett eines Homo erectus, zudem Dutzende Steinwerkzeuge. Doch das Fossiliensuchen ist mühselig, da Quadratmeter für Quadratmeter abgelaufen werden muss. Archäologe Randolph Donahue von der University of Bradford wollte die Suche daher optimieren.
    "Wir arbeiten an der Ostseite des Turkanasees. Dort haben wir mithilfe von Drohnen und Hubschraubern hochauflösende Bilder der Landschaft aufgenommen. Die Fotos haben wir auf eine Plattform geladen, wo nun Bürger-Wissenschaftler die Bilder begutachten können."
    Denn die Bilder seien so zahlreich, dass die Forscher sie nicht alleine auswerten können. Daher hoffen die Wissenschaftler aus Kenia und England auf rege Teilnahme vieler Citizen-Scientists. Es gibt auch bereits Kooperationen mit einigen Schulen, wo Schüler in die online-Fossiliensuche einbezogen werden sollen.
    "Aktuell befinden sich auf unserer Plattform eine Million Fotos. Später soll diese Sammlung auf vier bis acht Millionen Bilder anwachsen."
    Entdeckung menschlicher Fossilien eher selten
    Wer online auf Fossiliensuche gehen möchte, muss sich auf der Seite fossilfinder.org nicht registrieren. Zunächst muss man die Qualität des Bildes bewerten, ob sie ausreichend für eine Analyse ist oder nicht. Ist das Foto scharf genug, geht es mit der Bestimmung des Untergrunds weiter. Hier muss angegeben werden, ob dieser mit Basalt oder etwa Quarz bedeckt ist. Zum Schluss kommt die Frage nach den Fossilien: Knochen, Steinwerkzeuge oder Muscheln sollen mithilfe eines Kreises markiert werden. Unsicherheiten oder Fehler bei der Bestimmung seien kein Problem.
    "Da die Fotos immer von mehreren Leuten angesehen werden, können wir Fehlinterpretationen rasch aussortieren. Wir speichern alle Angaben und sammeln die Bilder mit den meisten und besten Treffern. Diese Fundplätze stehen dann bei der nächsten Ausgrabung oben auf der Liste."
    Ende des Jahres sollen die Fossilientreffer ausgewertet werden. In der nächsten Feldsaison im Februar schauen die Archäologen sich dann vor Ort die besten Fundorte an. Auch er hoffe auf viele online entdeckte Fossilien, so der britische Archäologe.
    "Der Goldstandard ist die Entdeckung menschlicher Fossilien, aber die sind sehr selten. Es gibt aber viele Fossilien von Säugetieren, etwa Antilopen; kürzlich wurde ein Elefantenschädel entdeckt, dann gibt es viele Fischfossilen, die von Krokodilen, ebenso viele Weichtiere, also Schnecken, Austern und andere Schalentiere."
    Und sollte jemand tatsächlich am PC die Überreste eines Frühmenschen entdecken, werden alle Beteiligten bei der Namensgebung mit einbezogen, versichert Randolph Donahue. Denn jeder Bürger-Wissenschaftler sei Teil des Teams.