Wenn Beate Zschäpe am kommenden Mittwoch den Verhandlungssaal 101 in München betritt, wird ihr der Journalist Ali Mercimek nur kurz in die Augen schauen können. Der Reporter und Fotograf der türkischen Zeitung "Hürriyet" hat sozusagen nur eine halbe Akkreditierung für den Prozess.
"Als "Hürriyet" haben wir uns sowohl für einen Fotografen- als auch einen Journalistenplatz akkreditiert. Und wenn ich fotografiert habe, dann muss ich wieder rausgehen."
Denn Mercimek hat nur eine Akkreditierung als Fotograf erhalten. Wenn der Richter die Verhandlung eröffnet, wenn also die Anklageschrift verlesen wird, muss er den Saal wieder verlassen. Warum, fragt er sich, hat das Oberlandesgericht München den Fotografen und Kameraleuten eine gerechtere Lösung angeboten als den Journalisten?
"Für die Fotografen hat man eine Poollösung gefunden, das heißt, wegen zu vieler Anmeldungen hat man acht ausgewählt. Und so eine ähnliche Lösung könnte man auch für Journalisten finden. Aber das hat das Gericht nicht gemacht."
Ein türkischer Journalistenpool. Drei Plätze hätten schon ausgereicht. Ein Kontingent, das jetzt deutsche Journalisten vom Verein "Landtagspresse Bayern" den türkischen Kollegen im Tausch überlassen wollen. Das Angebot funktioniert aber nur, wenn am Tag des Prozessauftakts alle Journalisten damit einverstanden sind und in der Warteschlange freiwillig zurücktreten. Mercimek hofft darauf und ist sichtlich gerührt von der Solidaritätsadresse der Kollegen. Aber er wäre lieber nicht auf das Angebot angewiesen. Denn schließlich habe er die Akkreditierung beim Gericht ja nicht verschlafen. Immer und immer wieder habe er in der Gerichtspressestelle nachgefragt:
"Jedes Mal, wenn ich angerufen habe, hat man mir gesagt: Warten Sie, warten Sie. Es kommt eine Meldung. Aber wann? Und wie? Und da habe ich geahnt, dass die Pressestelle mit dieser Aufgabe überfordert war."
Wie überfordert die Pressestelle des OLG München war, geht aus der Stellungnahme von Pressesprecherin Margarete Nötzel an das Bundesverfassungsgericht hervor. Richterin Nötzel schreibt darin, sie habe ihr Sekretariat angewiesen, bestimmten Medien vorab eine Hinweis-E-Mail zu schicken, dass bald die Akkreditierungsliste eröffnet werde. Diese Meldung bekamen aber nicht alle Journalisten, vor allem nicht die meisten türkischen Redaktionen. Und genau diese Ungleichbehandlung könnte nun das Bundesverfassungsgericht bemängeln. Es entscheidet in diesen Tagen über einen Eilantrag der türkischen Zeitung "Sabah", die keinen garantierten Presseplatz im Gerichtssaal erhalten hat. Richterin Nötzel hatte stets zu verstehen gegeben, dass die Presseakkreditierung bei der Vorbereitung des NSU-Prozesses nur eine untergeordnete Rolle spiele:
"Der Sinn der ganzen Angelegenheit ist die Durchführung eines ordnungsgemäßen Strafverfahrens. Im Interesse der Angeklagten, im Interesse der Nebenkläger und ihrer Vertreter. Und dann kommt die Frage: Wie können wir die Öffentlichkeit und das Publikum und die Medienvertreter vernünftig unterbringen."
Nun aber zeigt sich immer deutlicher: Saal 101 des Oberlandesgerichts München ist zu klein. Aber eine Video-Übertragung in einen zweiten, abgeschlossenen Saal schließt das OLG aus Angst vor einer Revision weiterhin aus. Für diese Begründung hat Korrespondent Ali Mercimek von der "Hürriyet" sogar Verständnis. Grundsätzlich bewundert er die deutsche Justiz für ihren Gerechtigkeitssinn und ihre Vorsicht.
"Auf jeden Fall. Ich habe volles Vertrauen in die deutsche Justiz. Worüber wir sprechen, ist ein Verwaltungsakt: wie viele Journalisten etc. Aber die Verhandlung selbst, die vom Gericht geführt wird, da hab ich totales Vertrauen."
Für die türkischen Fernseh-Sender tut sich derweil ein neues Ärgernis auf. Sie möchten TV-Bilder vom NSU-Prozess senden und sind dafür auf RTL angewiesen. Der Strafsenat hat den Kölner Privatsender als Poolführer für die privaten Bild-Medien bestimmt. Trotzdem verlangt RTL für seine Bilder von jedem Sender 250 Euro pro Tag. Bei rund 100 Prozesstagen müssten die meist kleinen türkischen Privatstationen bis zu 25.000 Euro zahlen, rechnet der Vorstands-Vorsitzende der türkischen Gemeinde in Bayern, Vural Ünlü, vor.
"Das ist unschön, weil man noch mal versucht, mit Gerichtsszenen Profit zu schlagen. Ich finde, RTL sollte es einfach gratis auf dem Satelliten bereitstellen, das wäre die solidarischste aller Lösungen."
Vorbild könnten hier die öffentlich-rechtlichen Fernseh-Sender sein. Sie bieten das Video-Material über die European Broadcast Union allen öffentlich-rechtlichen Fernsehsendern in Europa weitgehend kostenfrei an. Auch der türkischen Station TRT. Die ARD kommt den türkischen Medien auch auf anderem Wege entgegen: Sie hat die Journalistin Ayca Tolun für den NSU-Prozess akkreditiert. Tolun ist in Deutschland und der Türkei aufgewachsen und kann auf Deutsch und Türkisch berichten. Vural Ünlü von der türkischen Gemeinde im Freistaat begrüßt diese Kooperation. Er wünscht sich noch mehr Gemeinsamkeit – etwa bei der geplanten Mahnwache, die er kommenden Mittwoch zu Prozessbeginn in München abhalten will. Im Gedenken an die Opfer des NSU-Terrortrios.
"Wir sind sehr froh, dass auch ein Vertreter der bayerischen Staatsregierung an dieser Mahnwache teilnehmen wird. Auch an einer Kranzniederlegung vor dem OLG."
Für diese Mahnwache hat die türkische Gemeinde die Erlaubnis der Münchner Polizei- und Justizbehörden. Ansonsten aber wird der Platz vor dem Gerichtsgebäude zur Hochsicherheitszone. Der Präsident des Oberlandesgerichts hat gerade erst eine Hausordnung verschickt. Verboten sind demnach Flaschen, Klappstühle, Fahnen und Trillerpfeifen.
"Als "Hürriyet" haben wir uns sowohl für einen Fotografen- als auch einen Journalistenplatz akkreditiert. Und wenn ich fotografiert habe, dann muss ich wieder rausgehen."
Denn Mercimek hat nur eine Akkreditierung als Fotograf erhalten. Wenn der Richter die Verhandlung eröffnet, wenn also die Anklageschrift verlesen wird, muss er den Saal wieder verlassen. Warum, fragt er sich, hat das Oberlandesgericht München den Fotografen und Kameraleuten eine gerechtere Lösung angeboten als den Journalisten?
"Für die Fotografen hat man eine Poollösung gefunden, das heißt, wegen zu vieler Anmeldungen hat man acht ausgewählt. Und so eine ähnliche Lösung könnte man auch für Journalisten finden. Aber das hat das Gericht nicht gemacht."
Ein türkischer Journalistenpool. Drei Plätze hätten schon ausgereicht. Ein Kontingent, das jetzt deutsche Journalisten vom Verein "Landtagspresse Bayern" den türkischen Kollegen im Tausch überlassen wollen. Das Angebot funktioniert aber nur, wenn am Tag des Prozessauftakts alle Journalisten damit einverstanden sind und in der Warteschlange freiwillig zurücktreten. Mercimek hofft darauf und ist sichtlich gerührt von der Solidaritätsadresse der Kollegen. Aber er wäre lieber nicht auf das Angebot angewiesen. Denn schließlich habe er die Akkreditierung beim Gericht ja nicht verschlafen. Immer und immer wieder habe er in der Gerichtspressestelle nachgefragt:
"Jedes Mal, wenn ich angerufen habe, hat man mir gesagt: Warten Sie, warten Sie. Es kommt eine Meldung. Aber wann? Und wie? Und da habe ich geahnt, dass die Pressestelle mit dieser Aufgabe überfordert war."
Wie überfordert die Pressestelle des OLG München war, geht aus der Stellungnahme von Pressesprecherin Margarete Nötzel an das Bundesverfassungsgericht hervor. Richterin Nötzel schreibt darin, sie habe ihr Sekretariat angewiesen, bestimmten Medien vorab eine Hinweis-E-Mail zu schicken, dass bald die Akkreditierungsliste eröffnet werde. Diese Meldung bekamen aber nicht alle Journalisten, vor allem nicht die meisten türkischen Redaktionen. Und genau diese Ungleichbehandlung könnte nun das Bundesverfassungsgericht bemängeln. Es entscheidet in diesen Tagen über einen Eilantrag der türkischen Zeitung "Sabah", die keinen garantierten Presseplatz im Gerichtssaal erhalten hat. Richterin Nötzel hatte stets zu verstehen gegeben, dass die Presseakkreditierung bei der Vorbereitung des NSU-Prozesses nur eine untergeordnete Rolle spiele:
"Der Sinn der ganzen Angelegenheit ist die Durchführung eines ordnungsgemäßen Strafverfahrens. Im Interesse der Angeklagten, im Interesse der Nebenkläger und ihrer Vertreter. Und dann kommt die Frage: Wie können wir die Öffentlichkeit und das Publikum und die Medienvertreter vernünftig unterbringen."
Nun aber zeigt sich immer deutlicher: Saal 101 des Oberlandesgerichts München ist zu klein. Aber eine Video-Übertragung in einen zweiten, abgeschlossenen Saal schließt das OLG aus Angst vor einer Revision weiterhin aus. Für diese Begründung hat Korrespondent Ali Mercimek von der "Hürriyet" sogar Verständnis. Grundsätzlich bewundert er die deutsche Justiz für ihren Gerechtigkeitssinn und ihre Vorsicht.
"Auf jeden Fall. Ich habe volles Vertrauen in die deutsche Justiz. Worüber wir sprechen, ist ein Verwaltungsakt: wie viele Journalisten etc. Aber die Verhandlung selbst, die vom Gericht geführt wird, da hab ich totales Vertrauen."
Für die türkischen Fernseh-Sender tut sich derweil ein neues Ärgernis auf. Sie möchten TV-Bilder vom NSU-Prozess senden und sind dafür auf RTL angewiesen. Der Strafsenat hat den Kölner Privatsender als Poolführer für die privaten Bild-Medien bestimmt. Trotzdem verlangt RTL für seine Bilder von jedem Sender 250 Euro pro Tag. Bei rund 100 Prozesstagen müssten die meist kleinen türkischen Privatstationen bis zu 25.000 Euro zahlen, rechnet der Vorstands-Vorsitzende der türkischen Gemeinde in Bayern, Vural Ünlü, vor.
"Das ist unschön, weil man noch mal versucht, mit Gerichtsszenen Profit zu schlagen. Ich finde, RTL sollte es einfach gratis auf dem Satelliten bereitstellen, das wäre die solidarischste aller Lösungen."
Vorbild könnten hier die öffentlich-rechtlichen Fernseh-Sender sein. Sie bieten das Video-Material über die European Broadcast Union allen öffentlich-rechtlichen Fernsehsendern in Europa weitgehend kostenfrei an. Auch der türkischen Station TRT. Die ARD kommt den türkischen Medien auch auf anderem Wege entgegen: Sie hat die Journalistin Ayca Tolun für den NSU-Prozess akkreditiert. Tolun ist in Deutschland und der Türkei aufgewachsen und kann auf Deutsch und Türkisch berichten. Vural Ünlü von der türkischen Gemeinde im Freistaat begrüßt diese Kooperation. Er wünscht sich noch mehr Gemeinsamkeit – etwa bei der geplanten Mahnwache, die er kommenden Mittwoch zu Prozessbeginn in München abhalten will. Im Gedenken an die Opfer des NSU-Terrortrios.
"Wir sind sehr froh, dass auch ein Vertreter der bayerischen Staatsregierung an dieser Mahnwache teilnehmen wird. Auch an einer Kranzniederlegung vor dem OLG."
Für diese Mahnwache hat die türkische Gemeinde die Erlaubnis der Münchner Polizei- und Justizbehörden. Ansonsten aber wird der Platz vor dem Gerichtsgebäude zur Hochsicherheitszone. Der Präsident des Oberlandesgerichts hat gerade erst eine Hausordnung verschickt. Verboten sind demnach Flaschen, Klappstühle, Fahnen und Trillerpfeifen.