
Die Bilder sind nach den kleinen Orten in Österreich benannt, an denen sie entstanden sind: Neuschlag, Spanfeld und Mühlholz. Oder Hinterweißenbach, Haslach, Plankenau. Den Feldern und Landschaften in diesen Fotografien haftet so wenig Spektakuläres an wie den Namen der genannten Dörfer.
"Diese Bilder sind in Oberösterreich entstanden in meiner Herkunftsgegend, die Gegend heißt Mühlviertel, der Ort heißt Helfenberg, es ist ein kleiner Ort mit ungefähr 500 Einwohnern. Also 500 Einwohner hat der Ort selbst, die Gemeinde hat ungefähr so tausend. Ja, die Gegend ist geprägt von einer kleinstrukturierten Landwirtschaft, die sich auch ein bisschen in so einer Veränderungsphase befindet, wo auch die Höfe immer größer werden und kleinere natürlich auch aussterben. Die ganze Serie ist wie gesagt in den letzten dreieinhalb Jahren entstanden und umfasst ungefähr 50 Arbeiten und eigentlich nur in der Gegend, wo ich aufgewachsen bin, also im Umkreis von ungefähr zehn Kilometern, alles zu Fuß erwandert."
So schildert Bernhard Fuchs ein ungewöhnliches autobiografisches Foto-Projekt, das eine subtile Sogwirkung ausübt. Im Mühlviertel hatte er in den Jahren zuvor schon die Einheimischen porträtiert. Mit einer handlichen Mittelformatkamera spürt der Künstler nun den Stimmungen der Landschaft nach, die er aus der Kindheit kennt. Die Wälder am Horizont des Elternhauses bildeten für den Heranwachsenden einst eine Grenze seiner Welt. Erstaunt stellte der Junge auf seinen ersten Wanderungen fest, dass sich hinter jeder Hügelkette und jedem Wald wieder Neues auftat – nämlich weitere Hügelketten und weitere Wälder. Es ist eine konzentrierte Stille, welche die Bilder von Bernhard Fuchs kennzeichnet. Kein einziger Mensch taucht in ihnen auf. Allenfalls Feldwege, Zäune, Telegrafenmasten erinnern an ihn – oder einige wenige Häuser und Ansiedlungen, die Fuchs beiläufig und eher übersehbar in einige Bilder einstreut.
Geprägt sind die sanft hügeligen Landschaften von Baumgruppen und Wäldern, die in flächigen Kompositionen und gestaffelten Bildgründen geordnet sind. Stets eröffnen die Aufnahmen einen weit überschaubaren Raum. Die Jahreszeiten färben darin die Landschaft. Der Blick wird ebenso auf das Licht von Morgengrauen und Abenddämmerung gelenkt wie auf die unbegrenzte Fülle von Grüntönen oder auf das Weiß von Raureif, Nebelschwaden und Schnee.
Autobiografischer Fotospaziergang
Fuchs gibt einer Natur ein Gesicht, die sich in einfacher Selbstgenügsamkeit zu erkennen gibt, und wer sich in der Ausstellung in die Fotoserie vertieft, sieht sich bald in eine Erzählung eingebunden. Ihre Tiefenschärfe beziehen die Bilder aus einer bestechenden formalen Klarheit. Diese Stimmigkeit verbindet sich mit einer Emotion, die durch die Kompositionen austariert und gebändigt ist. Fuchs steht damit in der Tradition einer Fotografie, die sich auf die einheimischen Lebensbedingungen richtet und zum Beispiel von einem Altmeister wie dem Amerikaner Robert Adams geprägt worden ist.
In den neunziger Jahren hatte Fuchs bei Bernd Becher in Düsseldorf und bei Timm Rautert in Leipzig studiert.
Die neue Düsseldorfer Fotoschule ist mit Riesenformaten auf den Plan getreten. Dagegen beruht die Überzeugungskraft der Bilder in Bottrop auf dem kleinen Format.
Die neue Düsseldorfer Fotoschule ist mit Riesenformaten auf den Plan getreten. Dagegen beruht die Überzeugungskraft der Bilder in Bottrop auf dem kleinen Format.
"Ich erlebe einfach den Dialog, wenn ich mir ein Bild anschaue, den inneren Dialog, eigentlich am intensivsten, wenn ich ihn einfach nur mit den Augen oder wenn ich vor dem stehe und ihn sozusagen auch lesen kann, und ich lese ein Bild anders, wenn es klein ist als wenn es groß ist. Bei einem großen Bild gehe ich vorbei, erlebe ich mich auch körperlich vielleicht stärker, und – ich war immer ein Freund vom kleinen Format, das heißt nicht, dass ich mich gegen das große entschieden habe, es ist halt heute vielleicht im Betrieb so, dass es normal ist, große Bilder zu machen, ich bin halt beim kleinen Format geblieben, so könnte man es von der Sichtweise auch sehen, fällt vielleicht inzwischen dann mehr auf als was man sonst überall sieht."
Bernhard Fuchs zählt nicht zum Jetset. Er reist nicht um die Welt, um die Globalisierung in Metropolen wie Tokio, Shanghai und New York einzufangen; auch die großartigen Nationalparks und die monumentalen Naturreservate dieser Welt interessieren ihn nicht. Vielmehr beschränkt er sich auf einen überschaubaren Lebensraum, dessen Pulsschlag er aus langer Erfahrung kennt und den er deshalb auch nicht als Unbekannter aufsucht. Es ist das Eigene, dem Fuchs in seinen Fotografien auf die Spur kommen will, nicht das Fremde.