Manche winken halt gerne mit dem Zaunpfahl: Auf einem der übergroßen, fahnenartigen Hochformate, die als Raumteiler die Ausstellung dominieren, schaut das wirklich wunderschöne Nacktmodell einem direkt in die Augen, hebt die Arme und dreht die Brüste ins Profil, also scheinbar scheu vom Betrachter weg - derweil ein sehr, sehr langer Kaktus am rechten Bildrand prall in die Höhe steht.
So ist das also mit der weiblichen Ästhetik: Während ein machistischer Haudrauf wie Helmut Newton ständig das verführerische, dominante, auf alle Fälle sexualisierte Weib in kruder Sinnlichkeit inszenierte, muss es bei Karin Székessy etwas sublimer sein – die Frau ist bei ihr immer auch ein depressives, schwaches, zu eroberndes oder beschützenswertes Wesen, der Körper wird geheimnisvoll mit Schattenspielen strukturiert; aber die danebengestellten Requisiten sprechen dann eine eindeutige Sprache.
Doch es wäre ungerecht, Karin Székessy auf diese Bilitis-Träume im Schatten junger Mädchenblüte zu reduzieren. Denn ihre schwarz-weißen Landschaftsfotografien aus Südfrankreich und Andalusien sind wirklich großartig, lakonische Momentaufnahmen einer oft auch geometrisierten Einsamkeit. Und die Laufbahn der demnächst 74jährigen Székessy erzählt auch deutsche Geschichte: Sie war – in den 1960iger Jahren - eine große Nummer unter den deutschen Pressefotografinnen. Székessy hatte mit 20 zwei Kinder, eine missglückte Ehe und eine Fotografenausbildung - und musste sich etwas ausdenken:
"Da hab ich den Hamburger Chefredakteuren die Bude eingerannt. Und damals war es ziemlich schwierig in dem Beruf, weil man eine Frau war. Das spielte noch eine Riesenrolle. Einer hat mich dann genommen. Und dann konnte ich meine Miete bezahlen und mir auch mal ein Kindermädchen leisten. Und Kunstfotografie, das kannte man überhaupt nicht damals. Dass man die Fotos an die Wände machte, war sehr ungewöhnlich."
Sie hatte eine Anstellung bei "Kristall", einer "Zeitschrift für den gebildeten Mittelstand" aus dem Hause Springer, die 1966 Pleite ging. Da die Welt damals noch nicht gänzlich abfotografiert war, begaben sich die Foto-Heroen des Hauses immer auf Auslandstour und die Nachwuchsjournalistin Székessy durfte mit Bundestagsabgeordnete an die Mauer fahren und Schwarze in Abschiebehaft fotografieren.
Das wurde ihr irgendwann zu fad – und durch ihre Liaison mit dem Maler und Bildhauer Paul Wunderlich fand sie endgültig zur Kunst.
Schon vorher hatte sie, unter dem Einfluss des Surrealisten Hans Bellmer, mit Puppenfotos experimentiert; nun kamen Landschaft, Stilleben, Porträt und Akt hinzu.
Die Ulmer Ausstellung gibt einen guten Querschnitt durchs Werk; die meisten sind als Pigmentdrucke neu abgezogen. Man sieht aber auch einige Vintageprints. Aufschlussreich die Künstlerfotos: der frühe Joseph Beuys mit diabolisch nach vorn gekämmten Haaren, der belgische Surrealist Paul Delvaux in grauer Straße und, aufgrund der jüngsten "Was-gesagt-werden-muss"-Mahnpredigt besonders hübsch, eine herzige Fotoserie des frischverliebten, aber immer pfeifesaugenden Günter Grass mit seiner zweiten Frau Ute.
Während Grassens lyrischer Erstschlag gestern bundesweit Wellen warf, waren Székessys wollüstige Kürbis- und Quitten-Stilleben wenigstens in Ulm im Fokus des Kulturlebens. Dass das Stadthaus Ulm es ernst meint mit der Fotografie, zeigen drei weitere Ausstellungen, die fast zeitgleich mit Székessy eröffnet wurden: Peter Granser analysiert die Feinstruktur des von den Nazis umgesiedelten, heute zugewucherten Orts Gruorn auf der Schwäbischen Alb. René Zieger macht aus dem Braunkohletagebau in Ostdeutschland eine Art touristische Mondlandschaft. Und Johannes Twielemeier zeigt das künftige Kohleabbaugebiet Garzweiler II zwischen Aachen und Düsseldorf als eine Art Totendorf: aufgegebene Einfamilienhäuser, weil die Bewohner auch da umgesiedelt wurden. Zu Székessys Akten ist das der denkbar größte Kontrast.
So ist das also mit der weiblichen Ästhetik: Während ein machistischer Haudrauf wie Helmut Newton ständig das verführerische, dominante, auf alle Fälle sexualisierte Weib in kruder Sinnlichkeit inszenierte, muss es bei Karin Székessy etwas sublimer sein – die Frau ist bei ihr immer auch ein depressives, schwaches, zu eroberndes oder beschützenswertes Wesen, der Körper wird geheimnisvoll mit Schattenspielen strukturiert; aber die danebengestellten Requisiten sprechen dann eine eindeutige Sprache.
Doch es wäre ungerecht, Karin Székessy auf diese Bilitis-Träume im Schatten junger Mädchenblüte zu reduzieren. Denn ihre schwarz-weißen Landschaftsfotografien aus Südfrankreich und Andalusien sind wirklich großartig, lakonische Momentaufnahmen einer oft auch geometrisierten Einsamkeit. Und die Laufbahn der demnächst 74jährigen Székessy erzählt auch deutsche Geschichte: Sie war – in den 1960iger Jahren - eine große Nummer unter den deutschen Pressefotografinnen. Székessy hatte mit 20 zwei Kinder, eine missglückte Ehe und eine Fotografenausbildung - und musste sich etwas ausdenken:
"Da hab ich den Hamburger Chefredakteuren die Bude eingerannt. Und damals war es ziemlich schwierig in dem Beruf, weil man eine Frau war. Das spielte noch eine Riesenrolle. Einer hat mich dann genommen. Und dann konnte ich meine Miete bezahlen und mir auch mal ein Kindermädchen leisten. Und Kunstfotografie, das kannte man überhaupt nicht damals. Dass man die Fotos an die Wände machte, war sehr ungewöhnlich."
Sie hatte eine Anstellung bei "Kristall", einer "Zeitschrift für den gebildeten Mittelstand" aus dem Hause Springer, die 1966 Pleite ging. Da die Welt damals noch nicht gänzlich abfotografiert war, begaben sich die Foto-Heroen des Hauses immer auf Auslandstour und die Nachwuchsjournalistin Székessy durfte mit Bundestagsabgeordnete an die Mauer fahren und Schwarze in Abschiebehaft fotografieren.
Das wurde ihr irgendwann zu fad – und durch ihre Liaison mit dem Maler und Bildhauer Paul Wunderlich fand sie endgültig zur Kunst.
Schon vorher hatte sie, unter dem Einfluss des Surrealisten Hans Bellmer, mit Puppenfotos experimentiert; nun kamen Landschaft, Stilleben, Porträt und Akt hinzu.
Die Ulmer Ausstellung gibt einen guten Querschnitt durchs Werk; die meisten sind als Pigmentdrucke neu abgezogen. Man sieht aber auch einige Vintageprints. Aufschlussreich die Künstlerfotos: der frühe Joseph Beuys mit diabolisch nach vorn gekämmten Haaren, der belgische Surrealist Paul Delvaux in grauer Straße und, aufgrund der jüngsten "Was-gesagt-werden-muss"-Mahnpredigt besonders hübsch, eine herzige Fotoserie des frischverliebten, aber immer pfeifesaugenden Günter Grass mit seiner zweiten Frau Ute.
Während Grassens lyrischer Erstschlag gestern bundesweit Wellen warf, waren Székessys wollüstige Kürbis- und Quitten-Stilleben wenigstens in Ulm im Fokus des Kulturlebens. Dass das Stadthaus Ulm es ernst meint mit der Fotografie, zeigen drei weitere Ausstellungen, die fast zeitgleich mit Székessy eröffnet wurden: Peter Granser analysiert die Feinstruktur des von den Nazis umgesiedelten, heute zugewucherten Orts Gruorn auf der Schwäbischen Alb. René Zieger macht aus dem Braunkohletagebau in Ostdeutschland eine Art touristische Mondlandschaft. Und Johannes Twielemeier zeigt das künftige Kohleabbaugebiet Garzweiler II zwischen Aachen und Düsseldorf als eine Art Totendorf: aufgegebene Einfamilienhäuser, weil die Bewohner auch da umgesiedelt wurden. Zu Székessys Akten ist das der denkbar größte Kontrast.