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Fotokunst von morgen

Das NRW-Forum in Düsseldorf präsentiert einen umfassenden Lagebericht in Sachen Fotografie: 41 größtenteils recht junge Fotografen zeigen in der Ausstellung "State of the Art Photography" richtungweisende Arbeiten. Ausgewählt hat sie eine hochkarätige Jury, darunter Andreas Gursky, Klaus Biesenbach und der Chef des Düsseldorfer Hauses, Werner Lippert.

Von Susanne Luerweg |
    "Ich unterstelle mal, dass das eine Lampe ist, die umkippt. Das ist auch ein bisschen durcheinander. Das ist noch nicht einmal eine kontinuierliche Reihe, die ist gebrochen und trotzdem hat jedes Bild sozusagen eine eigene Funktion , eine eigene Aussage."

    Sechs Bilder einer Lampe im freien Fall.. Arbeiten der Berliner Fotografin Annette Kelm . Daneben Fotos von Bianca Brunner: Fotos von Tüchern, die ein Zelt, ein Unterschlupf sein könnten. Alle vier Werke aufgereiht auf einem Balken. Ein Stück weiter: kleine Kästchen. Gebaut von der Künstlerin Anna Vogel. Kleinformatige Schächtelchen, die zusammen mit den collageartigen Werken ein Gesamtkunstwerk ergeben. Die Fotografie, so der Tenor der Ausstellung, ist schon lange in der bildenden Kunst angekommen. Die Grenzen sind fließend, glauben die Macher. Ganz so wie bei den Bildern von Karin Sonntag, die dadaistische, surrealistische Züge tragen.

    "Sie spielt mit Bildtiteln, sie klebt kleine Zettel auf ihre Fotos aus denen Hosenstahl statt Hosenstall und Speisereis und ähnliche Dinge stehen. Und da muss man dann den kreativen Teil seines Kopfes mächtig in Bewegung setzen, um diese Bilder zu verstehen."

    Die Arbeiten der 41 Fotografen regen allesamt zum Nachdenken an. Und sie sind sehr verschieden, lassen sich in keine Schublade packen. Da hängen Werke von Aasgar Karlssen die eher an menschliche Skulpturen erinnern, neben Arbeiten von Mischa Kuball , der eine Polaroidkamera in einen Computertomografen steckt. Auf den ersten Blick gibt es keine Gemeinsamkeiten, auf den zweiten schon.

    "Sehr viele Arbeiten sind wirklich konzeptionell. Sehr viele haben sogar einen wissenschaftlichen Anspruch, die Fotografen bewegen sich wie Forscher in der Welt. Sie sind entweder fotografische Biologen oder fotografische Anthropologen und erzählen darüber was sie tun Geschichten."

    Ganz besonders eindringliche Geschichten erzählen die Bilder der 29-jährigen Alex Grein aus Düsseldorf. Die Gursky-Schülerin erschafft Collagen am Computer. Landschaftsbilder in bunten Farben. Mit Namen wie Terra und Arizona. Bilder, die aussehen wie versprengte, farbige Mondlandschaften. Monatelang bearbeitet sie ihre Fotos aus der Natur digital nach. Fügt hell und dunkel hinzu, lässt den Computer rechnen. Solange bis ein Bild entsteht, das nicht mehr wie ein Foto aussieht, das nicht mehr viel mit dem Ursprung zu tun hat. Ganz wie die Arbeiten des bildenden Künstlers Caspar David Friedrich.

    " Also er hat ja quasi auch nicht mehr wirklich ein Abbild von dem geschaffen, was er gesehen hat, sondern er hat viel gesammelt, viel skizziert und das im Nachhinein bei sich im Atelier neu zusammengesetzt und so entstanden ja seine Idealbilder von dem was wir heute in unseren Köpfen haben, was Landschaft überhaupt ist. Und meine ersten Arbeiten sind ähnlich entstanden."

    Alex Grein ist eine von zahlreichen Frauen, die die Fotografie zu ihrem Feld gemacht haben. Und eine der Künstlerinnen, die es zu entdecken gilt. Wie auch Edgar Leciejwski. Der in Leipzig lebende Fotograf nimmt Bilder von Google Earth, verfremdet sie und fügt sie zu großformatigen Porträtbildern wieder zusammen. Die bereits bekannten Künstler zeigen sich in Düsseldorf ebenfalls von einer ganz neuen Seite. Beispielsweise Andreas Mühe

    "Den kennen wir alle, weil er so ein begnadeter Porträtfotograf ist, ein kommerzieller in Zeitschriften und jetzt wendet er sich ausschließlich der Kunstfotografie zu. Das heißt er fragt sich nicht mehr an wen kann ich das Bild verkaufen, sondern er arbeitet jetzt mit einer großen Vision an seiner Arbeit."

    Andreas Mühe arbeitet als einer der wenigen noch analog. Doch auch nur bis zu einem gewissen Punkt. Dann werden die Bilder doch eingescannt und digital nachbearbeitet. Die lohnende Düsseldorfer Ausstellung zeigt es eindringlich: Die Fotografie ist nicht nur in der Kunst angekommen, sondern auch im digitalen Zeitalter.

    "Ich glaube man muss diese Begriffe neu fassen, wenn man Fotografie beurteilen will. Es gibt Menschen die machen Fotos mit digitaler Technik und das ist eher der klassischen Fotografie vergleichbar und es gibt Künstler die arbeiten mit dem digitalen. Die untersuchen das Digitale , die machen das zum Bestandteil ihrer Konzeption und das ist was ganz anders."

    Die Ausstellung "State of the Art Photography" beginnt am 4. Februar und ist dann noch bis zum 6. Mai im Düsseldorfer NRW-Forum zu sehen.