Freitag, 19. April 2024

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Fototriennale in Hamburg
Fotografie beobachtet sich kritisch selbst

Auf der Fototriennale in Hamburg wird Fotografie sowohl als Mittel der Aufklärung wie als Mittel der Überwachung gezeigt - als Instrument der Macht und der Enttarnung von Machtstrukturen. Ein engagierter Ansatz, urteilt Kunstkritiker Carsten Probst im Dlf.

Carsten Probst im Gespräch mit Karin Fischer | 06.06.2018
    Ein Mann steht in der Ausstellung "[SPACE] Street. Life. Photography. Street Photography aus sieben Jahrzehnten" im Haus der Photography der Deichtorhallen Hamburg vor Werken des Fotografen Martin Parr.
    Werke des Fotografen Martin Parr im "Haus der Photography" der Deichtorhallen Hamburg (dpa / Daniel Reinhardt)
    Bei der 7. Triennale der Photographie in Hamburg präsentieren sich unter dem Motto "Breaking Point" bis in den September mehr als 320 Künstler in allen großen Museen der Stadt, in Galerien und an weiteren Veranstaltungsorten. Das Veranstaltungsprogramm hat 250 Positionen, und inhaltlich geht es um das Gefühl dieser Tage: Es soll die Welt im Umbruch, die derzeitigen ökologischen, sozialen, politischen oder wirtschaftlichen Veränderungen durch den Blickwinkel der Fotografie gezeigt werden - ein hochaktueller Anspruch dieser 7. Triennale der Photographie.
    Medium der Krisen der Gegenwart
    "Man möchte erkennbar weg vom Ruf eines Spezialisten-Festivals, bei dem es nur um formale, technische Fragen der Fotografie geht", meint Dlf-Kunstkritiker Carsten Probst. Stattdessen wolle man Fotografie in verschiedensten Darreichungsformen als ein Medium der Krisen der Gegenwart zeigen. Ein engagierter Ansatz der Kuratoren, urteilt Probst.
    Der zeige sich zum Beispiel in der Eingangsausstellung der Triennale mit einer Reihe von Containern, in denen engagierte Fotoprojekte realisiert wurden: Dabei gehe es um Themen wie Terrorismus, Flüchtlingsströme, Überwachung oder auch Umweltprobleme wie der Plastikmüll. Fotografie sei hier das Mittel der Aufklärung, der Enttarnung von Machtstrukturen, so Probst - aber es gebe eben auch die Fotografie als Mittel der Macht, als Mittel der Überwachung.
    Überwachungskamera und Sicherheitssoftware
    So hat zum Beispiel Richard Mosse eine militärische Überwachungskamera eingesetzt, um Menschen auf ihrer Flucht nach Europa zu filmen - ein Gerät, wie es zum Beispiel bei Frontex genutzt wird. Ebenfalls dazu passend: Das Duo Broomberg und Chanarin ließ den 3D-Gesichtsscan eines Menschen von einer Sicherheitssoftware analysieren.
    Im Museum für Kunst und Gewerbe geht es unter dem Stoichwort "Delete" ebenfalls um Kritik am Medium der Fotografie - hier als Nachrichenmedium. An Kontaktbögen von Fotografen wird gezeigt, was für die Veröffentlichungen bei Katastrophen an Fotos ausgewählt wird und was nicht gezeigt werden soll.
    Zwischen Autonomie und Kommerzialität
    In den Deichtorhallen wird Streetphotography ausgestellt, und gerade diese Fotografie steht laut Dlf-Kunstkritiker Probst aus heutiger Sicht genau auf der Grenze zwischen Autonomie und Kommerzialität. Bei den frühen Beispielen von Fotos von Reisenden in der New Yorker U-Bahn in den 50er Jahren seien Strukturen der Macht analysiert worden, die Übermüdung der Menschen sei abgebildet worden, ihre Art, sich zu kleiden. Dieser aufklärerische Aspekt werde heute von der Werbung ausgeschlachtet, so Probst.