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Fotovoltaik 2.0
Arbeit an Solarzellen mit über 30 Prozent Wirkungsgrad

Damit Solarstrom günstiger wird, werden Solarmodule mit höherem Wirkungsgrad benötigt. Eine Steigerung um einen Prozentpunkt macht die erzeugte Energie um fast ein Fünftel billiger. Wissenschaftler arbeiten daher weltweit an effizienteren Solarzellen. Das konkrete Ziel lautet, die 30-Prozent-Marke zu knacken.

Von Ines Rutschmann | 01.10.2014
    Dutzende Sonnenkollektoren stehen am in einem Solarpark des Photovoltaik-Spezialisten IBC Solar an der Autobahn 70 bei Buckendorf (Bayern).
    Besitzer von Fotovoltaik-Anlagen können ihren erzeugten Strom auch speichern. (dpa / David Ebener)
    Die Physik setzt Wünschen manchmal Grenzen. In der Fotovoltaik träumen Forscher davon, so effiziente Solarzellen zu bauen, dass sich Strom für weniger als fünf Cent pro Kilowattstunde erzeugen lässt. Das Problem dabei ist physikalischer Natur: Einfache Solarzellen können die Energie des Sonnenlichts nur begrenzt umwandeln. Um die Gesetze der Natur auszureizen, arbeiten Wissenschaftler an neuartigen Solarzellen. Gelingt ihre Fertigung, beginnt für Stefan Glunz eine neue Phase: Fotovoltaik 2.0 nennt er sie.
    "2.0 heißt einfach nur: Wir haben jetzt die erste Generation von Siliziumsolarzellen, die sozusagen begrenzt sind durch diesen theoretischen Wirkungsgrad von 29,4 Prozent. Wenn man darüber hinauskommt, dann ist das für mich sozusagen die zweite Generation von dieser Technologie und das geht dabei nur durch das Aufbringen einer anderen Solarzelle auf die Siliziumsolarzelle. Das ist dann schon ein ganz anderes System."
    Vielversprechende erste Laborergebnisse
    Am Fraunhofer-Institut für Solare Energiesysteme stapelt das Team um Stefan Glunz auf eine Solarzelle aus Silizium zwei andere auf Basis von Galliumarsenid. Während Silizium gut auf rotes Licht anspricht, kann Galliumarsenid viel Energie des blauen Spektralbereichs nutzen. Insgesamt wird so mehr Sonnenenergie absorbiert. Das Prinzip ist bekannt und wird schon lange genutzt. Neu ist, dass hocheffiziente Halbleitermaterialien mit der Standardsolarzelle aus Silizium kombiniert werden. Die ersten Laborergebnisse sind vielversprechend:
    "Also jetzt haben wir schon einen Wirkungsgrad von 25,6 Prozent erreicht. Aber das war sozusagen der erste Schuss jetzt erst einmal nur. Wir sind relativ sicher, dass wir in nicht allzu ferner Zukunft den theoretischen Wirkungsgrad für einfache Siliziumsolarzellen - das wir den knacken können."
    Bis auf 33 oder 34 Prozent werde man sicher kommen, schätzt Stefan Glunz. Über 35 Prozent hinaus werde es schwierig. Für den Verbund mit einer Siliziumzelle kommen dabei auch andere Materialien in Frage, beispielsweise Perowskite. Der Wirkungsgrad einer einzelnen Perowskit-Solarzelle hat sich im Labor innerhalb weniger Jahre auf 18 Prozent vervielfacht. Das ist noch zu wenig für ein Tandem mit Silizium. Dennoch ruhen große Hoffnungen auf den Materialien.
    "Also Perowskite haben auch eine größere Bandlücke so wie die galliumarsenid-basierten Materialien, sind also rein theoretisch sehr gut einsetzbar, haben aber den großen Vorteil, dass man sie sehr kostengünstig einfach aufbringen kann auf die Siliziumsolarzelle. Das wäre der Traum."
    Hochkonverter kombiniert mehrere schwache Lichtteilchen
    Während durch das Koppeln mehrerer Solarzellen die Energieausbeute des sichtbaren Lichts erhöht wird, beschäftigt sich Jan Christoph Goldschmidt mit dem infraroten Bereich. Die Lichtteilchen gehen gewöhnlich einfach durch eine Solarzelle hindurch. Sie besitzen nicht genügend Energie, um ein Elektron so stark anzuregen, dass es auf ein höheres Energieniveau gelangt und freibeweglich wird. Ein Hochkonverter kombiniert nun mehrere schwache Lichtteilchen und erzeugt so eines, das stark genug ist, den Fotoeffekt auszulösen.
    "Wir nehmen das Hochkonvertermaterial, das sind in unserem Fall meistens Erbium-dotierte Materialien, und koppeln die optisch an unsere Solarzelle an. Die optische Ankopplung ist wichtig, damit das Licht von der Solarzelle ins Hochkonvertermaterial gelangen kann. Und das können Sie sich einfach als ein leicht farbiges, transparentes Plättchen vorstellen, das dann an die Solarzelle drankommt. Später, wenn man das dann großindustriell einsetzen möchte, wäre das im Idealfall eine Folie, die man in das Modul mit einbauen kann oder einfach eine Beschichtung auf die Solarzelle direkt."
    Das Besondere am Hochkonverter ist: Er macht jede Solarzelle leistungsfähiger - egal, wie sie aufgebaut ist. Noch ist seine Wirkung gering. Aber die Forscher am Fraunhofer-Institut für Solare Energiesysteme arbeiten daran, mittelfristig fünf bis zehn Prozent mehr aus einer Solarzelle herauszuholen. Heute liegt der Wirkungsgrad der besten am Markt verfügbaren Siliziumzelle bei 24 Prozent. Mit dem Hochkonverter schnellte er auf 26 Prozent hoch. Bei einer neuartigen Stapelsolarzelle wäre der Effekt natürlich stärker - der Wirkungsgrad kletterte dann weit über 30 Prozent.