Annette Brauerhoch: Das Fräulein ist die Negativ-Folie, die als reines Lustwesen nur frivol daherkommt. Eine, die sich auf Kosten Anderer vergnügt und dabei dann auch noch dazu beiträgt, dass das nationale Image leidet, dass im Grunde das Selbstbild angekratzt wird, durch eine Figur, die die Nationalehre verletzt, die ihre Energie für andere Dinge als den Wiederaufbau oder den Familienerhalt einsetzt.
Hermann Theißen: Es geht ja noch weiter, da gehen sie in ihrem Buch auch drauf ein. Die Trümmerfrau, die steht ja als Gründungsmythos der Bundesrepublik und man musste auf Frauen zurückgreifen, weil man mit den Männern, sprich mit den Soldaten, die in der falschen Armee waren und die auch noch mit einer Niederlage nach Hause kamen, nichts anfangen konnten. Für die ganze Gesellschaft ist diese Trümmerfrau ein positives Bild.
Brauerhoch: Ich denke, Ihre Vermutung ist sehr richtig, zu sagen, mit den Männern konnte auch gar kein Staat mehr gemacht werden. Insofern hat man oft auch auf die Frauen zurückgegriffen. Ganz real-geschichtlich ist es ja auch so, dass sie zahlenmäßig auf einmal überwogen und im Erscheinungsbild wirklich deutlich zu Tage getreten sind. Die Straßen waren von Frauen bevölkert und so kam man auch nicht umhin, sie zur Kenntnis zu nehmen.
Theißen: Die Trümmerfrau wird dargestellt als Massenphänomen, während das Fräulein ja eher mit einer kleineren Stückzahl gehandelt wird und dann auch noch aus dem Bereich des abweichenden Verhaltens kommt. Entspricht das der Realität?
Brauerhoch: Eher nicht. Man sprach ja davon, dass ganze Heerscharen - das Vokabular wird dann auch ganz militaristisch - den Soldaten nachgereist sind und sich wie kleine Zeltstädte um die Kasernen herum postiert haben - sie hießen auch "camp followers" - um mit den Soldaten weiter verkehren zu können.
Theißen: Gerade diese Bilder, die sie jetzt erwähnen, die sie auch in dem Buch beschreiben, legen ja eine Nähe zur Prostitution nahe, und der erste Begriff, der einem als Motiv einfällt, warum deutsche Frauen sich mit amerikanischen Soldaten eingelassen haben, sind ja die Nylonstrümpfe. War die relative materielle Überlegenheit der amerikanischen Männer, der GIs, das zentrale Motiv für diese Liebesgeschichten?
Brauerhoch: Das wird behauptet und ich denke, dass das eine Art Verschiebung ist. Diese Bilder sind ja signifikant für ihren einprägsamen Charakter und warum haben sie sich so verfestigt und sind geblieben als kollektives Gedächtnis, sozusagen, dass Fräulein, Prostitution und Nylonstrumpf immer in eins fallen? Damit findet ja eine Form von Abwehr statt, in dem man es funktionalisiert als eine Art Essens-Beischläferei, die ganz eindeutig Prostitution ist, und leugnet damit und verdrängt vielleicht auch den Aspekt, der zur Kenntnis genommen werden müsste, dass darin eben auch eine Orientierung liegt, die nicht nur ein Überlebensverhalten war, sondern auch eine wirkliche Neugier auf eine andere Kultur, und so was, was man als proto-feministisches Verhalten beschreiben könnte, wenn man so wollte - ist vielleicht etwas übertrieben - aber es war ja eine Orientierung, die sich erstmal nicht darauf richtete, einen Mann für die Ehe zu suchen, um eine Familie aufzubauen und Kinder zu bekommen, sondern aus den wenigen Zeugnissen, die es von den Fräuleins gibt, geht hervor, dass sie genau die Promiskuität genossen haben und sich als lustvoll auch mal überschwänglich zu empfinden und gegen die Normen durchaus zu verstoßen. Natürlich ist das einfacher, wenn man es mit einem glänzenden, strahlendem, gut ausgestatteten Sieger tut, das macht halt mehr her als mit einem abgerobbten Verlierer.
Theißen: Und man muss sich auch die gesellschaftliche und historische Situation klarmachen, über die wir reden; Also wir haben Trümmerlandschaften, nicht nur die Städte und Häuser sind kaputt, sondern auch die Seelen sind zerstört, die deutschen Männer sind nicht da und Verantwortung, Aufgaben und die Arbeit wurden von autonomer gewordenen Frauen erledigt. Also auch von daher war schon eine eher autonome Persönlichkeit entstanden.
Brauerhoch: Ich denke, dass es auf jeden Fall größere Freiräume gab. Dass das eine Zeit war, in der vieles brüchig geworden war und man sich nicht so schnell auf die alten Konventionen einigen, wieder einigen konnte, oder die neuen schon so deutlich im Raum standen. Und dass diese Ruinenfelder eben auch ein bestimmtes Potential ermöglicht haben, einerseits sicher Destruktion waren, Niederlage bedeutet haben, anderseits aber auch wirklich Freiräume schufen, und in die haben sich die Fräuleins eingeklinkt mit ihrem Verhalten.
Theißen: Literatur und Film sind bei Ihnen Quellenmaterial, insbesondere der Film, ist aber auch Untersuchungsgegenstand und eines der interessanten Ergebnisse ist bei Ihnen, dass es gar nicht viele Filme gibt, in denen diese Fräuleins zu sehen sind oder thematisiert werden und dann schreiben Sie weiter: Selbst da, wo sie vorkommen, werden sie eigentlich nicht kenntlich, sondern werden ihrer Sexualität, ihrer Kraft beraubt. Aber beispielsweise in dem bekanntesten Film dieses Genres, in "A foreign affair" von Billy Wilder, gibt ja Marlene Dietrich eine Frau, die als femme fatal auftritt, die um ihre erotischen Reize weiß, sie einsetzt und die ihre Körperlichkeit und ihr Glücksverlangen auslebt. Also von daher ist diese Figur auch gezeichnet im Film.
Brauerhoch: Das konnte Billy Wilder. Das konnte Billy Wilder nur machen, weil er Billy Wilder ist und weil er so getan hat, als würde er einen anderen Film machen. Unter einer bestimmten Maßgabe hat die Militärregierung das erlaubt und es ist ein ganz anderer Film dabei herausgekommen, als den, den er schriftlich beantragt hatte. Schriftlich hatte er vorgegeben, er mache eine Art Propaganda-Film , es wurde ein Propaganda-Film - fast würde man sagen - für das Fräulein und ihre Verhältnisse mit den GIs, was zur Folge hatte, dass er in Deutschland erst 29 Jahre später zur Aufführung kam. Es ging auch, weil er Marlene Dietrich als Fräulein gecastet hat und für Marlene Dietrich war es kein so großes Risiko, das Fräulein zu verkörpern, weil sie mit ihrem Starruhm eine Art Schutzmantel um sich gelegt hatte und ihr Glamour sich auch vor das existierende Stereotyp vom Fräulein schob, das ja eher darin die etwas verwahrloste Figur sah, mit den dreckigen Fingernägeln, den viel zu rot geschminkten Lippen und den verzausten Haaren, die eigentlich etwas unordentlich daher kamen. Und dagegen die Glanzfigur "Marlene Dietrich" - das war ein relativ gefahrloses Unternehmen. Aber nur so ging es.
Theißen: Etwa zur selben Zeit, also auch '47/48, ist ja in Deutschland gedreht worden: "Hallo Fräulein" mit Margot Hielscher als zentrales Fräulein. Wie ist der Typus des Fräuleins da anders gezeichnet? Wie ist er verträglicher gemacht worden für ein deutsches Publikum?
Brauerhoch: Sie verkörpert das Fräulein mit einer politischen Mission, um das Fräulein im Grunde abzuweisen und hat den Auftrag, als narrative Figur im Film sich deutlich für den deutschen Mann und Kriegsheimkehrer zu entscheiden. Da spielt sie das Fräulein, um zu zeigen, da gibt es Verführungen, aber denen geben wir nicht nach, die sind einfach nur schallau, die sind billige, flache Vergnügungen, die mögen einen temporären, kurzen Reiz haben, einen Oberflächenreiz, den wir ganz schnell durchschauen, und wir wissen worauf es ankommt in unserer Lebensgestaltung, nämlich einen soliden Mann für eine solide Zukunft. Diese Mission erfüllt "Hallo Fräulein", auch ikonographisch ist das Fräulein hochgeschlossen, sie trägt ein ausgesprochen adrettes Twinset und einen Faltenrock und ein Kopftuch, was sich um die Haare legt, so dass die nicht mal im Winde flattern dürfen, während sie im Jeep neben ihrem amerikanischem Canu sitzt.
Theißen: Am Ende noch eine Frage, die gar nicht so zu ihrem Untersuchungsbereich gehört, die sich mir aufdrängt. Sie beschreiben das Fräulein, also die Frau, die ihr Glücksbedürfnis im Bereich von Liebe und Sexualität auslebt, als Massenphänomen, aber wir haben das in den Fünfzigerjahren mit Frauen zu tun, die völlig angepasst sind, die wieder traditionellen Mustern entsprechen, die sich unterordnen. Haben Sie eine Erklärung für diesen Rollback?
Brauerhoch: Haben Sie eine? Sagen Sie doch mal selber, sie spekulieren doch vielleicht auch, oder vielleicht haben Sie schon Hintergedanken?
Theißen: Na, ja, ich bin mir nicht ganz sicher, ob Ihre Annahme, dass man dieses Bild des Fräuleins alleine so positiv sehen kann, ob das überhaupt zutreffend ist. Ob da nicht ein Konglomerat von Bedürfnissen, von Verhaltensmotiven zusammenkommt, was jenseits von Emanzipation stattfindet? Also ob nicht doch der Anteil von Handlungen, die aus der Not geboren sind, nicht doch stärker sind, als Sie es annehmen?
Brauerhoch: Das mag immer den Anlass gegeben haben, dem würde ich gar nicht widersprechen wollen, die Frage ist: Was ist daraus geworden? Und daraus ist schon eine Art Gegenkultur geworden oder eine Art sexuelle Kultur geworden. Die Motivation mag eine ganz andere gewesen sein. Es ging ja darum in der Studie die Figur überhaupt ins Bewusstsein zu rufen und freizustellen. Das war das Anliegen. Sie zu rehabilitieren, aber auch überhaupt mal neugierig zu machen auf das Phänomen.
Soweit das Gespräch mit Annette Brauerhoch. Ihre materialreiche Studie ist bei Stroemfeld in Frankfurt und Basel unter dem Titel "Fräuleins und GIs - Geschichte und Filmgeschichte" erschienen. Das Werk ist mit schwarz-weiß Photos illustriert, umfasst 532 Seiten und kostet Euro 28.
Hermann Theißen: Es geht ja noch weiter, da gehen sie in ihrem Buch auch drauf ein. Die Trümmerfrau, die steht ja als Gründungsmythos der Bundesrepublik und man musste auf Frauen zurückgreifen, weil man mit den Männern, sprich mit den Soldaten, die in der falschen Armee waren und die auch noch mit einer Niederlage nach Hause kamen, nichts anfangen konnten. Für die ganze Gesellschaft ist diese Trümmerfrau ein positives Bild.
Brauerhoch: Ich denke, Ihre Vermutung ist sehr richtig, zu sagen, mit den Männern konnte auch gar kein Staat mehr gemacht werden. Insofern hat man oft auch auf die Frauen zurückgegriffen. Ganz real-geschichtlich ist es ja auch so, dass sie zahlenmäßig auf einmal überwogen und im Erscheinungsbild wirklich deutlich zu Tage getreten sind. Die Straßen waren von Frauen bevölkert und so kam man auch nicht umhin, sie zur Kenntnis zu nehmen.
Theißen: Die Trümmerfrau wird dargestellt als Massenphänomen, während das Fräulein ja eher mit einer kleineren Stückzahl gehandelt wird und dann auch noch aus dem Bereich des abweichenden Verhaltens kommt. Entspricht das der Realität?
Brauerhoch: Eher nicht. Man sprach ja davon, dass ganze Heerscharen - das Vokabular wird dann auch ganz militaristisch - den Soldaten nachgereist sind und sich wie kleine Zeltstädte um die Kasernen herum postiert haben - sie hießen auch "camp followers" - um mit den Soldaten weiter verkehren zu können.
Theißen: Gerade diese Bilder, die sie jetzt erwähnen, die sie auch in dem Buch beschreiben, legen ja eine Nähe zur Prostitution nahe, und der erste Begriff, der einem als Motiv einfällt, warum deutsche Frauen sich mit amerikanischen Soldaten eingelassen haben, sind ja die Nylonstrümpfe. War die relative materielle Überlegenheit der amerikanischen Männer, der GIs, das zentrale Motiv für diese Liebesgeschichten?
Brauerhoch: Das wird behauptet und ich denke, dass das eine Art Verschiebung ist. Diese Bilder sind ja signifikant für ihren einprägsamen Charakter und warum haben sie sich so verfestigt und sind geblieben als kollektives Gedächtnis, sozusagen, dass Fräulein, Prostitution und Nylonstrumpf immer in eins fallen? Damit findet ja eine Form von Abwehr statt, in dem man es funktionalisiert als eine Art Essens-Beischläferei, die ganz eindeutig Prostitution ist, und leugnet damit und verdrängt vielleicht auch den Aspekt, der zur Kenntnis genommen werden müsste, dass darin eben auch eine Orientierung liegt, die nicht nur ein Überlebensverhalten war, sondern auch eine wirkliche Neugier auf eine andere Kultur, und so was, was man als proto-feministisches Verhalten beschreiben könnte, wenn man so wollte - ist vielleicht etwas übertrieben - aber es war ja eine Orientierung, die sich erstmal nicht darauf richtete, einen Mann für die Ehe zu suchen, um eine Familie aufzubauen und Kinder zu bekommen, sondern aus den wenigen Zeugnissen, die es von den Fräuleins gibt, geht hervor, dass sie genau die Promiskuität genossen haben und sich als lustvoll auch mal überschwänglich zu empfinden und gegen die Normen durchaus zu verstoßen. Natürlich ist das einfacher, wenn man es mit einem glänzenden, strahlendem, gut ausgestatteten Sieger tut, das macht halt mehr her als mit einem abgerobbten Verlierer.
Theißen: Und man muss sich auch die gesellschaftliche und historische Situation klarmachen, über die wir reden; Also wir haben Trümmerlandschaften, nicht nur die Städte und Häuser sind kaputt, sondern auch die Seelen sind zerstört, die deutschen Männer sind nicht da und Verantwortung, Aufgaben und die Arbeit wurden von autonomer gewordenen Frauen erledigt. Also auch von daher war schon eine eher autonome Persönlichkeit entstanden.
Brauerhoch: Ich denke, dass es auf jeden Fall größere Freiräume gab. Dass das eine Zeit war, in der vieles brüchig geworden war und man sich nicht so schnell auf die alten Konventionen einigen, wieder einigen konnte, oder die neuen schon so deutlich im Raum standen. Und dass diese Ruinenfelder eben auch ein bestimmtes Potential ermöglicht haben, einerseits sicher Destruktion waren, Niederlage bedeutet haben, anderseits aber auch wirklich Freiräume schufen, und in die haben sich die Fräuleins eingeklinkt mit ihrem Verhalten.
Theißen: Literatur und Film sind bei Ihnen Quellenmaterial, insbesondere der Film, ist aber auch Untersuchungsgegenstand und eines der interessanten Ergebnisse ist bei Ihnen, dass es gar nicht viele Filme gibt, in denen diese Fräuleins zu sehen sind oder thematisiert werden und dann schreiben Sie weiter: Selbst da, wo sie vorkommen, werden sie eigentlich nicht kenntlich, sondern werden ihrer Sexualität, ihrer Kraft beraubt. Aber beispielsweise in dem bekanntesten Film dieses Genres, in "A foreign affair" von Billy Wilder, gibt ja Marlene Dietrich eine Frau, die als femme fatal auftritt, die um ihre erotischen Reize weiß, sie einsetzt und die ihre Körperlichkeit und ihr Glücksverlangen auslebt. Also von daher ist diese Figur auch gezeichnet im Film.
Brauerhoch: Das konnte Billy Wilder. Das konnte Billy Wilder nur machen, weil er Billy Wilder ist und weil er so getan hat, als würde er einen anderen Film machen. Unter einer bestimmten Maßgabe hat die Militärregierung das erlaubt und es ist ein ganz anderer Film dabei herausgekommen, als den, den er schriftlich beantragt hatte. Schriftlich hatte er vorgegeben, er mache eine Art Propaganda-Film , es wurde ein Propaganda-Film - fast würde man sagen - für das Fräulein und ihre Verhältnisse mit den GIs, was zur Folge hatte, dass er in Deutschland erst 29 Jahre später zur Aufführung kam. Es ging auch, weil er Marlene Dietrich als Fräulein gecastet hat und für Marlene Dietrich war es kein so großes Risiko, das Fräulein zu verkörpern, weil sie mit ihrem Starruhm eine Art Schutzmantel um sich gelegt hatte und ihr Glamour sich auch vor das existierende Stereotyp vom Fräulein schob, das ja eher darin die etwas verwahrloste Figur sah, mit den dreckigen Fingernägeln, den viel zu rot geschminkten Lippen und den verzausten Haaren, die eigentlich etwas unordentlich daher kamen. Und dagegen die Glanzfigur "Marlene Dietrich" - das war ein relativ gefahrloses Unternehmen. Aber nur so ging es.
Theißen: Etwa zur selben Zeit, also auch '47/48, ist ja in Deutschland gedreht worden: "Hallo Fräulein" mit Margot Hielscher als zentrales Fräulein. Wie ist der Typus des Fräuleins da anders gezeichnet? Wie ist er verträglicher gemacht worden für ein deutsches Publikum?
Brauerhoch: Sie verkörpert das Fräulein mit einer politischen Mission, um das Fräulein im Grunde abzuweisen und hat den Auftrag, als narrative Figur im Film sich deutlich für den deutschen Mann und Kriegsheimkehrer zu entscheiden. Da spielt sie das Fräulein, um zu zeigen, da gibt es Verführungen, aber denen geben wir nicht nach, die sind einfach nur schallau, die sind billige, flache Vergnügungen, die mögen einen temporären, kurzen Reiz haben, einen Oberflächenreiz, den wir ganz schnell durchschauen, und wir wissen worauf es ankommt in unserer Lebensgestaltung, nämlich einen soliden Mann für eine solide Zukunft. Diese Mission erfüllt "Hallo Fräulein", auch ikonographisch ist das Fräulein hochgeschlossen, sie trägt ein ausgesprochen adrettes Twinset und einen Faltenrock und ein Kopftuch, was sich um die Haare legt, so dass die nicht mal im Winde flattern dürfen, während sie im Jeep neben ihrem amerikanischem Canu sitzt.
Theißen: Am Ende noch eine Frage, die gar nicht so zu ihrem Untersuchungsbereich gehört, die sich mir aufdrängt. Sie beschreiben das Fräulein, also die Frau, die ihr Glücksbedürfnis im Bereich von Liebe und Sexualität auslebt, als Massenphänomen, aber wir haben das in den Fünfzigerjahren mit Frauen zu tun, die völlig angepasst sind, die wieder traditionellen Mustern entsprechen, die sich unterordnen. Haben Sie eine Erklärung für diesen Rollback?
Brauerhoch: Haben Sie eine? Sagen Sie doch mal selber, sie spekulieren doch vielleicht auch, oder vielleicht haben Sie schon Hintergedanken?
Theißen: Na, ja, ich bin mir nicht ganz sicher, ob Ihre Annahme, dass man dieses Bild des Fräuleins alleine so positiv sehen kann, ob das überhaupt zutreffend ist. Ob da nicht ein Konglomerat von Bedürfnissen, von Verhaltensmotiven zusammenkommt, was jenseits von Emanzipation stattfindet? Also ob nicht doch der Anteil von Handlungen, die aus der Not geboren sind, nicht doch stärker sind, als Sie es annehmen?
Brauerhoch: Das mag immer den Anlass gegeben haben, dem würde ich gar nicht widersprechen wollen, die Frage ist: Was ist daraus geworden? Und daraus ist schon eine Art Gegenkultur geworden oder eine Art sexuelle Kultur geworden. Die Motivation mag eine ganz andere gewesen sein. Es ging ja darum in der Studie die Figur überhaupt ins Bewusstsein zu rufen und freizustellen. Das war das Anliegen. Sie zu rehabilitieren, aber auch überhaupt mal neugierig zu machen auf das Phänomen.
Soweit das Gespräch mit Annette Brauerhoch. Ihre materialreiche Studie ist bei Stroemfeld in Frankfurt und Basel unter dem Titel "Fräuleins und GIs - Geschichte und Filmgeschichte" erschienen. Das Werk ist mit schwarz-weiß Photos illustriert, umfasst 532 Seiten und kostet Euro 28.