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Fragwürdige Methoden

Wer von der gesetzlichen in die private Krankenversicherung wechseln möchte, kann das seit Jahresbeginn einfacher tun als bisher. Doch einige Versicherer, vor allem die Ersatzkassen, versuchen deshalb, wechselwilligen Mitgliedern gezielt Steine in den Weg zu legen.

Von Claudia Rometsch |
    Seit Jahresbeginn gehen beim Bundesversicherungsamt in Bonn immer wieder Beschwerden von Kunden gesetzlicher Krankenkassen ein. Es handelt sich um freiwillig Versicherte, ...

    "... die wegen der einsetzenden Versicherungsfreiheit aus der gesetzlichen Krankenversicherung austreten wollten und ihre Krankenkasse diesen Schritt nicht akzeptiert hat",

    berichtet Hartmut Beckschäfer vom Bundesversicherungsamt. Der Hintergrund: Seit Januar können gesetzlich Krankenversicherte bereits nach einem Jahr in die private Krankenversicherung wechseln, wenn sie die geforderte Einkommensgrenze überschreiten. Zuvor musste drei Jahre lang ein entsprechend hohes Einkommen nachgewiesen werden. Viele Versicherte wollten diese Möglichkeit zu Jahresbeginn wahrnehmen. Doch oftmals stellten sich gesetzliche Krankenkassen quer und verweigerten Versicherten den Austritt.

    "In den problematischen Fällen ist es so, dass die Versicherten bei ihrer alten Krankenkasse auch einen Wahltarif abgeschlossen haben. Dieser Wahltarif hat zur Folge, dass während der sogenannten Mindestbindungsfrist von einem Jahr, bei manchen Wahltarifen auch drei Jahre, der Versicherte die Mitgliedschaft in dieser Krankenkasse nicht kündigen darf."

    Wahltarife sind meist für junge und gut verdienende Versicherte attraktiv, doch beim geplanten Wechsel in die private Krankenversicherung entpuppen sie sich als Fußangel. Ein Beispiel: Inzwischen bieten auch gesetzliche Kassen Prämien für Versicherte an, die ein Jahr lang keine Leistungen in Anspruch nehmen. Mit einem solchen Wahltarif binden sich die Versicherten dann aber bis zu drei Jahre lang an die Kasse. So lange dürften sie dann auch nicht in die private Krankenversicherung wechseln, argumentieren die gesetzlichen Kassen. Und zwar auch dann nicht, wenn sie die gesetzlichen Einkommensgrenzen überschreiten. Nach Ansicht des Bundesversicherungsamtes ist das unzulässig.

    "Der Austritt aus dem Gesamtsystem ist rechtlich etwas ganz anderes und überlagert diesen Kündigungsausschluss bei Wahltarifen. Das Austrittsrecht tritt nach dem Gesetz ein und nicht wie der Kündigungsausschluss bei den Wahltarifen aufgrund der freiwilligen Vereinbarung mit der Krankenkasse über den Wahltarif."

    Das heißt: Die Kündigungsfrist für Wahltarife gilt nur beim Wechsel zu einer anderen gesetzlichen Krankenkasse, nicht aber beim kompletten Austritt aus dem System der gesetzlichen Krankenversicherung. Dass manche Kassen das aber anders handhaben, ist aus Sicht der privaten Krankenversicherer eine gezielte Strategie. Viele wechselwillige Versicherte haben sich bereits Hilfe suchend an den Verband der privaten Krankenversicherung gewandt. Verbandssprecher Stefan Reker:

    "Man hat oft den Eindruck, dass sie den Versicherten, die freiwillig versichert sind und theoretisch wechseln können, wenn sie wollen, geradezu gezielt diese Wahltarife als Lockvogel anbieten, um eben im System der gesetzlichen Krankenkassen zu verbleiben. Und viele Versicherte sagen uns auch, wenn sie sich beschweren, dass niemand sie darauf hingewiesen hat, dass für die Wahltarife eine dreijährige Kündigungsfrist gelte."

    Der Verband der Ersatzkassen lehnte eine Stellungnahme zu diesem Thema ab. Reker empfiehlt Versicherten, Widerspruch einzulegen, wenn die gesetzliche Kasse ihnen den Austritt zu Unrecht verweigert.

    "Und wir bieten auch an, einen Musterbrief für diesen Widerspruch bei uns abrufen zu können."

    Das Bundesversicherungsamt geht davon aus, dass ein Widerspruch in aller Regel Erfolg hat. Denn als Aufsichtsbehörde hat das Amt die Kassen bereits in einem Rundschreiben angewiesen, ihre Praxis in dieser Frage zu ändern. Beckschäfer empfiehlt, dem Widerspruch an die Krankenkasse das entsprechende Rundschreiben des Bundesversicherungsamtes beizufügen. Es kann von der Internetseite der Behörde herunter geladen werden.

    Link zum Rundschreiben des Bundesversicherungsamtes: